Liebe Leserinnen und Leser
Nach dem sehr hoffnungsvollen Beginn im Jahr 2000 sehen wir mit großer Freude in die Zukunft dieser Jahrbuchreihe der Rechtsinformatik Die Zielsetzung ist gleich geblieben: die im Informationszeitalter unentbehrlichen wissenschaftlichen und praktischen Leistungen der Rechtsinformatik sollen einem breiten Publikum in umfassender und gut lesbarer Form vorgestellt werden.
Seit den Jahren, als in den Computern die Relais klapperten oder die Röhren dröhnten, hat sich die Welt gewandelt. Die damals als letzte Entwicklungsstufe angesehene Verkabelung der Computer ist im großen Maßstab des Internet Wirklichkeit geworden. Schon jetzt stellen sich Fragen von Robotern, virtuellen Personen und Avataren oder des pervasive Computing («Computer überall»). Selbst der Generation der heutigen Wissenschaftler, die wissen, wie ein WARP-Antrieb funktioniert, und die seit jungen Jahren mit der Macht des Yoda vertraut sind, muss dies wohl mehr als utopisch anmuten. Wer hätte sich das träumen lassen, dass man sich damit einmal wirklich beschäftigen würde, insbesondere, dass man sich damit juristisch beschäftigen würde? Und doch hat sich gerade die rechtswissenschaftliche Beschäftigung mit den neuen Informationstechnologien explosionsartig gesteigert.
Wiederum war das bereits 4. Internationale Rechtsinformatik Symposium – Salzburger Gespräche 2001 der wesentliche «Lieferant» von guten Beiträgen zu dieser Diskussion. Was durch die Initiative von Friedrich Lachmayer, Dietmar Jahnel und Erich Schweighofer - im Kontext OCG Österreichische Computer-Gesellschaft, Arbeitskreis Rechtsinformatik und GI Gesellschaft für Informatik, Fachgruppe 6.1.2- ins Leben gerufen wurde, hatte im ersten Jahr noch in einem einzigen Seminarraum Platz und fesselte alleine durch die Kompetenz der Vortragenden. Heute hat sich diese Veranstaltung zur wichtigsten wissenschaftlichen Rechtsinformatik-Tagung des süddeutschen Sprachraums entwickelt. In diesem Jahrbuch sollen die Ergebnisse der diesjährigen Tagung, aber auch jene der universitären Seminare fur Rechtsinformatik und Verwaltungsinformatik einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Das Ziel dieses Jahrbuchs ist der umfassende Überblick über den gegenwärtigen Stand der gesamten deutschsprachigen Rechtsinformatik Das bedeutet Bedachtnahme auf ein hohes wissenschaftliches Niveau, aber auch die Einbindung der Praxis. Das Bestreben geht damit in die Richtung, nicht nur die theoretischen, technischen und rechtlichen Grundlagen zu berücksichtigen, sondern auch darauf zu achten, wie diese Fragen aus dem Blickwinkel derjenigen aussehen, die sich tagtäglich praktisch mit Rechtsinformatik befassen. Nur so konnte schon bisher ein fruchtbarer Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis initiiert werden, und nur so können alle Seiten optimal von einander profitieren.
Das Jahrbuch ist in 6 Themengruppen gegliedert:
- Auf dem Weg zur elektronischen Person: Bürgerkarte, intelligente Agenten und autonome Roboter
- XML
- Elektronisches Publizieren und Rechtsdatenbanken
- Theoretische Aspekte der Rechtsinformatik
- E-Government
- Elektronische Demokratie
- IT-Recht
Durch diese Themenwahl wird deutlich, dass die Rechtswissenschaft heute vor der großen Herausforderung steht, die kommunikativen, selbstbeweglichen und sensorischen Roboter oder Agenten in die rechtswissenschaftliche Fiktion von Personen und Sachen zweckmäßig einzuordnen. Die ePerson ist dabei nicht nur ein theoretisches Gedankengebäude, sondern hat in vielerlei Hinsicht sehr praktischen Charakter (zB Bürgerkarte). XML scheint der Standard zu werden, um Datenverkehr und –recycling auf hohem Niveau problemlos durchfuhren zu können, was einem oft genannten, aber bisher unerfüllten Wunsch entspricht. Im juristischen Publizieren sind nicht nur die Verbesserung schon recht komfortabler Benutzerschnittstellen, sondern auch die zunehmende Unterstützung wichtiger Arbeitsbereiche zu beobachten: zeitliche Geltung und Indexierung mit Verlinkung zu Originaltexten. Der Trend zur Regierung am Netz mittels E-Govemment erfährt durch die Aktionspläne eAustria in eEurope starke Impulse. Hinter dem heute oft gebrauchten Schlagwort vom New Public Management verbirgt sich neben neuen Managementformen in erster Linie angewandte Informationstechnik. Dieser Umbruch in der Verwaltung betrifft die Rechtsinformatik im besonderen Ausmaß und hat auch Querbezüge zur ePerson und zu den theoretischen Aspekten der Rechtsinformatik In der Elektronischen Demokratie sind Parlamente schon dabei, auch den Cyberspace für ihre Zwecke zu nutzen und das Internet zu einem wesentlichen Forum der Bürgerbeteiligung zu machen. Umfangreiche Beiträge zum IT-Recht spiegeln die aktuelle Bedeutung dieses Bereiches für die Rechtsdogmatik wider und zeigen die intensive Beschäftigung der Rechtswissenschaften mit diesem Bereich.
Mit diesem Band soll folglich ein bescheidener Beitrag zur rechtswissenschaftliehen Aufarbeitung und Absicherung der virtuellen Computerwelten geleistet werden, denn nur durch die rechtzeitige rechtliche Durchdringung und Evaluierung können Risiken abgeschätzt und Gefahren ausgeräumt werden. Nur dadurch kann erreicht werden, dass die revolutionäre Entwicklung der Informationstechnologie nicht zum Problem wird, sondern zur Chance.
Abschließend soll den Autorinnen und Autoren dieses Jahrbuchs gedankt werden, ohne deren Beiträge dieser Bazar der Rechtsinformatik nicht so vielfältig und interessant geworden wäre.
Unser besonderer Dank gilt Frau Scarlett Ortner, die mit viel Liebe, Energie und Fachwissen die technische Editierung und das Layout dieses Jahrbuchs übernommen hat.
Wien, im Mai 2001
Erich Schweighofer, Thomas Menzel und Günther Kreuzbauer