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Linguistische Bemerkungen zu den Zwölftafelgesetzen

  • Author: Peter Anreiter
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Semiotics
  • Citation: Peter Anreiter, Linguistische Bemerkungen zu den Zwölftafelgesetzen, in: Jusletter IT 11 September 2014
Die Zwölftafelgesetze, die leges duodecim tabularum, stehen am Beginn der römischen Rechtskodifikation und haben Jahrhunderte lang das römische Rechtswesen und Rechtsempfinden geprägt. Ihre Historizität ist allerdings umstritten. Ihre Entstehung soll mit den Ständekämpfen zwischen Patriziern und Plebejern zusammenhängen. Nach Beendigung der Königsherrschaft soll der Volkstribun C. Terentilius Arsa die Aufzeichnung von Gesetzen verlangt haben, um einerseits gewisse Rechtsunsicherheiten zu beheben und andererseits neue Rechtssatzungen einzuführen. Zum Studium der solonischen (und anderer griechischer) Gesetze wurden zunächst drei Männer nach Athen geschickt. Hernach wurden zehn Männer (die decemviri legibus scribundis) mit höchster Staatsgewalt (auctoritas publica) versehen und mit der schriftlichen Abfassung der Gesetze beauftragt. Das ist im Jahre 451 v. Chr. geschehen. Da aber zehn Tafeln offenbar nicht ausreichten, wurden 450 v. Chr. nochmals decemviri beauftragt, zwei weitere Tafeln hinzuzufügen. Die Gesetzestafeln wurden am Forum öffentlich ausgestellt. Durch den Gallierangriff auf Rom im Jahre 387 v. Chr. wurden die Tafeln angeblich zerstört. Auf jeden Fall ist uns kein Original erhalten geblieben. Was wir haben, sind Zitate späterer Schriftsteller, die es uns ermöglichen, gewisse Partien der ursprünglichen Gesetze gleichsam zu rekonstruieren. Die Zwölftafelgesetze sind nun nicht nur aus juristischer und historischer Sicht hochinteressant, sie sind auch für die Linguistik wichtig, genauer für das Studium und Verständnis des vorklassischen Lateins. Es fallen nämlich viele sprachliche Besonderheiten auf, die sich teils aus dem Streben nach Kürze und Prägnanz der Verfasser, teils aus dem archaischen Sprachzustand der Texte ergeben.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Ellipsen von Sub- und Objekten
  • 2. Ausschliesslicher Gebrauch des Enklitikons -VE
  • 3. Häufige Verwendung des Imperativs II 
  • 4. Protasis-Apodosis-Serialisierung 
  • 5. Konditionalsatz vs. (verallgemeinernder) Relativsatz 
  • 6. Archaische Wortformen 
  • 7. Morphologische Besonderheiten 
  • 8. Relikthafte sigmatische Futura 
  • 9. Spuren eines ursprünglichen Konjunktivs des Aoristes 
  • 10. Klassizistische Adaptierungen 
  • 11. Literatur

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