Zweites Kapitel: Sorgfaltspflichten der Versicherungsunternehmen

3. Abschnitt: Besondere Sorgfaltspflichten und Massnahmen

Art. 21

Geldwäschereifachstelle



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Jedes Versicherungsunternehmen bezeichnet eine interne Geldwäschereifachstelle, der die Überwachung der Vorschriften des GwG und des Reglements SRO-SVV sowie die genügende Ausbildung des Personals in Bezug auf Massnahmen zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung obliegt (Geldwäschereifachstelle).

Bei folgenden Tätigkeiten handelt die interne Geldwäschereifachstelle weisungsunabhängig:

  • Vornahme besonderer Abklärungen bei erhöhten Risiken nach Art. 13 ff.;
  • Meldungen an die Meldestelle nach Art. 9 GwG oder Art. 305ter Abs. 2 StGB;
  • Vermögenssperre nach Art. 10 GwG.

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Die Geldwäschereifachstelle erarbeitet ein Reglement zur Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, welches den betroffenen Mitarbeitern des Versicherungsunternehmens zur Kenntnis zu bringen ist. Das Reglement ist von der obersten Geschäftsführung genehmigen zu lassen.

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Das Reglement bestimmt insbesondere:

  1. Die Umsetzung der Sorgfaltspflichten nach GwG;
  2. wie die erhöhten Risiken erfasst, bewirtschaftet und überwacht werden;
  3. die Geschäftspolitik hinsichtlich der politisch exponierten Personen;
  4. die Fälle, in denen das oberste Geschäftsführungsorgan oder mindestens eines seiner Mitglieder einbezogen werden muss;
  5. die Fälle, in denen die interne Geldwäschereifachstelle beigezogen werden muss;
  6. die Grundzüge der Ausbildung des Personals;
  7. die Zuständigkeit für Meldungen an die Meldestelle für Geldwäscherei.

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Die Geldwäschereifachstelle erstattet dem Vorstand SRO-SVV jährlich Bericht. Die Berichterstattung erfolgt auf dem hierfür vorgesehenen Formular der Geschäftsstelle SRO-SVV.

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Die Geldwäschereifachstelle erstellt unter Berücksichtigung des Tätigkeitsgebiets und der Art der geführten Geschäftsbeziehungen eine Risikoanalyse unter den Aspekten der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung und berücksichtigt dabei insbesondere den Sitz oder den Wohnsitz der Kunden, die eigene geografische Präsenz, das Kundensegment sowie die angebotenen Produkte und Dienstleistungen. Die Risikoanalyse ist durch den Verwaltungsrat oder das oberste Geschäftsführungsorgan zu verabschieden und periodisch zu aktualisieren.



Vorbemerkungen


Art. 8 GwG verpflichtet die Finanzintermediäre, die zur Verhinderung der Geldwäscherei notwendigen organisatorischen Massnahmen zu treffen.


Art und Umfang dieser Massnahmen sind je nach Situation des Finanzintermediärs sehr unterschiedlich (Botschaft-1996, Erläuterungen zu Art. 8 GwG). Welche Massnahmen geeignet, notwendig und zumutbar sind, bestimmt das Versicherungsunternehmen in Abstimmung mit dem Reglement. Das Gesetz erwähnt ausdrücklich die Pflicht, für eine genügende Ausbildung des Personals zu sorgen, und die Kontrollpflicht. Diese Pflichten sind aber nicht abschliessend zu verstehen.


Nach Art. 21 R SRO-SVV hat jedes Versicherungsunternehmen eine interne Fachstelle zu bezeichnen, der die Überwachung der Vorschriften des GwG sowie die genügende Ausbildung des Personals in Bezug auf die Massnahmen zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung obliegt. Die interne Fachstelle erlässt ein «internes Reglement» zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung. Dieses ist vom obersten Geschäftsführungsorgan zu genehmigen. Damit soll das interne Kontrollsystem verstärkt und präzisiert werden. Das «interne Reglement» ist den Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuern sowie den betroffenen Mitarbeitenden zur Kenntnis zu bringen.


zu Art. 21:


Die interne Fachstelle zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung ist beratend und unterstützend tätig. Die Verantwortung für die Geschäftsbeziehung bleibt bei der Linie. Gestützt auf ihre Überwachungspflicht kann die interne Fachstelle weisungsunabhängige verbindliche Geldwäscherei-Weisungen erlassen. Diese gehen den Weisungen und Richtlinien der Linie vor.


Die interne Fachstelle zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung nimmt verschiedene Tätigkeiten weisungsunabhängig wahr. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Tätigkeiten, die gemäss Art. 21 R SRO-SVV definiert sind, und Tätigkeiten, welche die oberste Geschäftsleitung der internen Fachstelle zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung unternehmensspezifisch zuweist.


zu Abs. 1:


Die interne Fachstelle zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung ergreift insbesondere die gesetzlich vorgesehenen Massnahmen weisungsunabhängig. Praktisch bedeutet dies, dass ihr die Geschäftsleitung und die verantwortlichen Leiter der operativen Bereiche für die gesetzlich umschriebenen Aufgaben keine Anordnungen erteilen dürfen. Das arbeitsvertragliche Weisungsrecht im Sinne von Art. 321d OR ist in diesen Bereichen aufgehoben. Dieser Grundsatz ist in die internen Weisungen und Richtlinien des Versicherungsunternehmens zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung aufzunehmen und zu konkretisieren.


Insbesondere die folgenden Tätigkeiten hat die interne Fachstelle weisungsunabhängig vorzunehmen:

  • Vornahme zusätzlicher Abklärungen gemäss Art. 13 R SRO-SVV;
  • Meldung an die Meldestelle nach Art. 9 GwG;
  • Vermögenssperre nach Art. 10 GwG und Informationsverbot nach Art. 10a GwG.

Je nach Organisation des Versicherungsunternehmens kann die oberste Geschäftsleitung der internen Fachstelle weitere Tätigkeiten zur weisungsunabhängigen Ausführung übertragen.


Die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung ist in allen Bereichen und auf allen Stufen eines Versicherungsunternehmens eine Daueraufgabe. Sie trägt entscheidend zum Ansehen der Lebensassekuranz als Finanzintermediär und zur Wahrung des guten Rufes und der Vertrauenswürdigkeit des Finanzplatzes Schweiz bei.


Für die Einhaltung der Sorgfaltspflichten sind die Geschäftsleitung und die Mitarbeitenden eines Versicherungsunternehmens gleichermassen verantwortlich. Eine nach einem einheitlichen Konzept aufgebaute Schulung bildet hierfür eine wichtige Grundlage. Damit wird auch dem Anliegen von externen Stellen, insbesondere der Meldestelle für Geldwäscherei, nach vermehrter Sensibilisierung der Mitarbeitenden bei der Bekämpfung der Geldwäscherei Rechnung getragen.


Die Schulung hat insbesondere die folgenden Ziele zu erreichen:

  • Die Mitarbeitenden sind auf die Problematik der Geldwäscherei zu sensibilisieren.
  • Die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden ist zu wecken.
  • Die Bekämpfung der Geldwäscherei ist nicht alleinige Sache des Managements. Jeder Mitarbeitende ist im Rahmen seiner Aufgabe für die Einhaltung der Sorgfaltspflichten verantwortlich und aufgerufen, einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung zu leisten.
  • Die aktuellen Weisungen und Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung und die zu beachtenden Sorgfaltspflichten müssen den betroffenen Mitarbeitenden bekannt sein. Dies allein genügt aber noch nicht. Eine praxisbezogene Schulung hat zudem sicherzustellen, dass die Anweisungen auch verstanden werden. Nur so können sie in der täglichen Arbeit umgesetzt werden.

Das Reglement schreibt den Versicherungsunternehmen kein Ausbildungsprogramm für die Mitarbeitenden in den Bereichen Verhütung und Bekämpfung der Geldwäscherei vor. Immerhin hat der Vorstand SRO-SVV ein Schulungs- und Ausbildungskonzept erarbeitet, welches als Guideline für interne Weisungen und Schulungen verwendet werden kann. Jedenfalls muss das Versicherungsunternehmen ein Ausbildungsprogramm und -konzept haben, das laufend an die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung anzupassen ist.


Die Schulung ist unter Beachtung der Verhältnismässigkeit auf die Anforderungen der einzelnen Mitarbeitergruppen auszurichten.


Empfehlenswert ist, den Ausbildungsstand der Mitarbeitenden wenigstens pauschal zu dokumentieren.


Mit der Durchführung der Schulung können auch externe Dritte beauftragt werden. In diesem Fall ist sicherzustellen, dass die Schulung den reglementarischen und den Anforderungen des Versicherungsunternehmens (insbesondere der Praxisbezogenheit) genügt.


zu Abs. 2:


Die interne Fachstelle für die Geldwäschereibekämpfung erlässt ein Reglement. In der Form dieses Reglements (Reglement, Weisungen, Checklisten, Merkblätter) ist die interne Fachstelle frei. Sie kann unternehmensspezifische Regelungen und Formen berücksichtigen.


Die internen Weisungen und Vorschriften des Versicherungsunternehmens konkretisieren, wie die Mitarbeitenden im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Sorgfaltspflichten erkannte Unregelmässigkeiten sowie alle anderen Umstände, die auf eine mögliche Geldwäscherei hindeuten können, zu melden haben. Insbesondere ist zu regeln, wie vorzugehen ist, wenn die Plausibilitätsprüfung Ungewöhnlichkeiten ergibt und diese auch durch zusätzliche Abklärungen nicht ausgeräumt werden können.


zu Abs. 3:


Die aufgeführten Bestimmungen entsprechen dem Mindeststandard. Das Reglement kann unternehmensabhängig weitere Punkte beinhalten.


zu Abs. 4:


Der Jahresbericht hat zwingend Informationen über im betreffenden Geschäftsjahr durch die interne Fachstelle vorgenommene Meldungen an die Meldestelle nach Art. 9 GwG zu beinhalten. Die vorgenommenen Meldungen sind in anonymisierter Form zusammenzufassen und dem Jahresbericht beizufügen.


Abs. 4 gilt nicht für Versicherungsunternehmen, welche der SRO-SVV nicht angeschlossen sind und das Reglement gestützt auf den Verweis in Art. 42 GwV-FINMA anwenden.


zu Abs. 5:


Eine Risikoanalyse ist in der Regel von diesen vier Phasen charakterisiert:

  • Identifizierung und Kategorisierung von Risiken
  • Einstufung von Risiken
  • Überwachung von erhöhten Risiken
  • Überprüfung und Kontrolle der erhöhten Risiken

Als Risikokategorien kommen in Frage:

  • Länderrisiko (Insbesondere Wohnsitz und Sitz der Vertragspartner und Staatsangehörigkeit)
  • Produktrisiko
  • Personenrisiko
  • Limitenrisiko
  • Distributionskanalrisiko

Zum Länderrisiko: Als Länder mit erhöhtem Risiko gelten insbesondere High-risk and other monitored jurisdictions gemäss der Einschätzung der FATF.


Zum Produkterisiko: Wrappers gelten als Produkte mit erhöhtem Risiko.


Zum Personenrisiko: Insbesondere Geschäftsbeziehungen mit PEP, Personen mit Geschäftsaktivitäten in risikobehafteten Feldern (Bsp. Waffenhandel, internationaler Handel mit exotischen Tieren, internationaler Öl- oder Diamantenhandel).


Zum Limitenrisiko: Die Höhe der Investitionen ist massgebend.


Zum Distributionskanalrisiko: Gesellschaftsspezifisch je nach Kontroll- und Weisungsmöglichkeiten gegenüber dem Distributionskanal. Als Distributionskanal gelten z.B. Aussendienst, Broker, Drittkanäle (wie z.B. andere Finanzintermediäre wie Banken).


Es empfiehlt sich im Übrigen, dass die GwG-Fachstelle bei der Risikoanalyse auch das risikobasierte Aufsichtskonzept, welches der Vorstand am 7. Dezember 2015 verabschiedet und den Versicherungsunternehmen direkt mitgeteilt hat, zu berücksichtigen.