Liebe Leserinnen und Leser
Dieser Sammelband über E-Commerce und E-Government soll das erste von hoffentlich vielen Bänden in dieser neuen Reihe der noch jungen Disziplin der Rechtsinformatik werden. Die im Informationszeitalter unentbehrlichen wissenschaftlichen und praktischen Leistungen der Rechtsinformatik sollen einem breiten Publikum in umfassender und gut lesbarer Form vorgestellt werden.
Ein wesentlicher Anstoß für dieses Buch ist das nunmehr bereits 3. Internationale Rechtsinformatik Kolloquium – Salzburger Gespräche 2000. Die jeweils im Februar veranstalteten und gut besuchten Salzburger Gespräche gehen auf eine Initiative von Friedrich Lachmayer, Dietmar Jahnel und Erich Schweighofer zurück und entstanden aus dem Kontext der OCG Österreichische Computer-Gesellschaft, des Arbeitskreises Rechtsinformatik und der GI Gesellschaft für Informatik – Fachgruppe 6.1.2. Sie sind ein Forum für neue wissenschaftliche Erkenntnisse, aber insbes auch für die praktischen Anwendungen der Rechtsinformatik und deren Problemstellungen. Mit diesem Jahrbuch sollen die Ergebnisse dieser Tagung, aber auch jene der universitären Seminare für Rechtsinformatik und Verwaltungsinformatik einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Als Lehrfach hat Rechtsinformatik den Durchbruch mit der letzten Studienreform geschafft. Nahezu alle Fakultäten sehen eine Basisausbildung in Rechtsinformatik verpflichtend vor; zusätzlich bestehen - teilweise sehr umfangreiche - Programme zu einer Spezialisierung. Eine wichtige Aufgabe der Rechtsinformatik wird es sein, diese Ziele mit praktischem Leben zu erfüllen.
Dieses Jahrbuch ist in 6 Themengruppen gegliedert:
- E-Commerce
- Elektronische Signatur
- E-Government
- Elektronisches Publizieren
- Wissensrepräsentation im Recht
- Theorie der Rechtsinformatik
In jeder Themengruppe sollen die wesentlichen aktuellen Fragestellungen hinterleuchtet werden. Als Schwerpunktfrage ergibt sich naturgemäß das wesentliche Merkmal des Cyberspace: Leistungen werden vom Informations- und Kommunikationsteil getrennt. Die Kommunikation selbst erfolgt im Cyberspace des Internet und schafft weitgehend eine neue Realität. Soweit noch Handlungen physisch vorgenommen werden müssen, sind diese durch die elektronische Kommunikation determiniert. Das Recht muß dafür sorgen, daß diese neuen Foren der Information, der Kommunikation, des Handels, der Verwaltungstätigkeit, aber auch der Freizeit und der demokratischer Partizipation zweckmäßig und interessensgerecht genutzt werden können.
Beim E-Commerce ist neben der Potentialanalyse insbes das Thema neuer Formen von Märkten von großer Bedeutung.
Von rechtlicher Seite sind die Fragen E-Cash und unerwünschte Direktwerbung von hoher Aktualität.
Umfassende Analyse wird der elektronischen Signatur als dem derzeit wichtigsten Katalysator für den E-Commerce gewidmet: Vorgaben der EG-Richtlinie, Österreichische Umsetzung durch das Signaturgesetz, Haftungsfragen sowie die notwendige Änderung des deutschen Rechts.
E-Government wird nicht nur als Rationalisierungschance der Verwaltung, sondern auch als (notwendige) Anpassungsmöglichkeit der parlamentarischen Demokratie gesehen. Österreich ist europaweit vorbildlich in Angebot von Rechtsinformation (RIS) wie auch von Bürgerservice (@mtshelfer online).
Im elektronischen Publizieren setzt sich der Trend zur elektronischen Produktion von Verlagsprodukten fort. Als Formate werden wegen der notwendigen langen Haltbarkeit nur SGML bzw. XML als zweckmäßig angesehen.
In der Wissensrepräsentation im Recht werden die nächsten Schritte zum automatischen dynamischen Kommentar gesetzt. Die vielfältigen Anwendungen mit Hypertext schaffen die Grundlage für eine ständige und dynamische Analyse der riesigen Textkorpora der Rechtsinformationssysteme.
Die Rechtstheorie setzt sich naturgemäß mit Grundsatzfragen der lnformationstechnologie auseinander: Probleme mit der Formalisierung des Rechts, Cyber-Ius-System, Internet als globale Agora und pragmatischer Kontext der Rechtsinformatik.
Die Rechtswissenschaften stehen vor großen Herausforderungen im Informationszeitalter. Mit diesem Jahrbuch soll ein bescheidener Beitrag von Seiten der Rechtsinformatik geleistet werden, um die Rolle des Rechts im Cyberspace zumindest genauso wirksam zu gestalten wie dies in der physischen Welt der Fall ist.
Wien, im Mai 2000
Erich Schweighofer, Thomas Menzel