Liebe Leserinnen und Leser
Wir freuen uns, nunmehr bereits das 4. Jahrbuch der Rechtsinformatik präsentieren zu können. Die Zielsetzung ist gleich geblieben: Die im Informationszeitalter unentbehrlichen wissenschaftlichen und praktischen Leistungen der Rechtsinformatik sollen einem breiten Publikum in umfassender und gut lesbarer Form vorgestellt werden. Alle Beiträge in diesem Jahrbuch wurden beim 6. Internationalen Rechtsinformatik Symposion (IRIS) 2003 im Februar des Jahres in Salzburg vorgetragen. Dieses Symposion ist ein Forum für neue wissenschaftliche Erkenntnisse, aber insbes auch für die praktischen Anwendungen der Rechtsinformatik und deren Problemstellungen.
Das heurige Jahrbuch ist in neun Themengruppen gegliedert:
- Theoretische Aspekte der Rechtsinformatik
- e-Govemment (rechtliche Aspekte, soziopolitische Aspekte, Prozessmodellierung)
- Kundmachung im Internet
- e-Voting
- e-Justiz
- Rechtsinformation
- IT-Anwendungen
- Visualisierung im Recht
- IT-Recht und e-Commerce (allgemeine Aspekte, Urheberrecht, Datenschutz, e-Commerce)
Die Dynamik der wissenschaftlichen Forschungen bleibt bemerkenswert. e-Govemment ist noch stärker der Schwerpunkt von IT-Anwendungen geworden, steht aber jetzt auch im Zentrum rechtlicher und theoretischer Fragestellungen. Diese neue Schwerpunktsetzung zur Rechtstheorie ist auch jüngst vom schwedischen IT Law Observatory herausgestrichen worden.
Rechtsdogmatische Disziplinen übernehmen Fragestellungen der Rechtsinformatik und betten diese in ihre Wissenschaft ein. Der Rechtsinformatik bleibt die Aufgabe, das Phänomen Computer und Recht fächerübergreifend und kritisch reflektierend zu behandeln und anderen Rechtsdisziplinen Leitpunkte zur praktischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu geben.
Herbert Fiedler als maßgeblicher Rechtsinformatiker der letzten 30 Jahre im deutschen Sprachraum gibt einen Abriss seiner Konzeption der Rechtsinformatik als Integrationsdisziplin.
e-Government ist derzeit das wichtigste Betätigungsfeld für technische Ansätze der Rechtsinformatik, aber auch für rechtliche Fragestellungen: Die Themen der Abbildung des Verwaltungshandeins in Prozessmodellen, der digitale Identitäten, der elektronischen Demokratie, des «guten Regierens» und des e-Government Gütesiegels zeigen die Verknüpfung von Verwaltungsreform und Informationstechnik. Elektronisches Verfahren und die Schaffung der rechtlichen Grundlagen für e-Government stehen im Zentrum der rechtlichen Reformbestrebungen. Die authentische Kundmachung aller Rechtsvorschriften im Internet soll mit 2003 Wirklichkeit werden.
Die Beiträge zum e-Voting zeigen offene Fragen wie Erfolgsfaktoren zu dieser Form der Bürgerpartizipation auf.
Dank der Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Rechtsinformatik der Wirtschaftskammer Österreichs wurde der Schwerpunkt e-Justiz ein weiterer Erfolg der Tagung. Die Österreichische Justiz hat hier – unter finanziellen Restriktionen – anerkannte Pionierarbeit geleistet.
Bei der Rechtsinformation stehen folgende juristischen Fragen im Zentrum: Neunummerierung von Rechtsvorschriften, Datenfriedhöfe, Evaluierung und Entwicklung der Rechtsinformationssysteme zum elektronischen Kommentar.
Die IT-Anwendungen zielen neben dem e-Government auf Rationalisierung einfacher juristischer Tätigkeiten.
Obwohl Bilder nunmehr problemlos in Rechtstexte integriert werden könnten, finden sich diese fast nur in Texten der Bürgerinformation, nicht aber in Fachtexten. Die Angst vor Bildern scheint noch nicht überwunden zu sein.
Last, but not least, finden sich rechtliche Beiträge zu IT-Recht und eCommerce: Die Konkretisierung der Beschränkungen der Freiheit der Informationsnutzung durch Datenschutz und Urheberrechte im Cyberspace sowie der fortschreitende Einsatz elektronischer Anwendungen werfen laufend neue Fragen auf: e-Banking, Mobile Business, Telefonmehrwertdienste, Webradios etc. seien nur beispielhaft für die vielen Beiträge genannt.
Im Juni 2003 feiert der Mitbegründer und Mitorganisator von IRIS, Ministerialrat Univ.-Prof Dr. Friedrich Lachmayer, seinen 60sten Geburtstag und aus diesem Anlass widmen wir dem anerkannten und weithin gerühmten Wissenschaftler – Rechtstheoretiker, Rechtssemiotiker und Rechtsinformatiker – das vorliegende Buch als Festschrift.
Wien, im Mai 2003
Erich Schweighofer, Thomas Menzel, Günther Kreuzbauer und Doris Liebwald