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Freiheit und Zurechenbarkeit

  • Author: Alexander Loichinger
  • Category of articles: Legal Theory
  • Field of law: Legal Theory
  • Collection: Festschrift-Lachmeyer-2023
  • DOI: 10.38023/b58af4ab-068a-4290-80e9-afadb01fd675
  • Citation: Alexander Loichinger, Freiheit und Zurechenbarkeit, in: Jusletter IT 29 June 2023
The article deals with the current problem of freedom from two core aspects: On the one hand, it is difficult for a human to understand thinking, feeling and wanting, i.e. cultural and social actions, without freedom; on the other hand, the term «conditional freedom» seems appropriate and realistic when including more recent human sciences.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Strittige Freiheit
  • 2. Welt ohne Freiheit
  • 3. Prinzipien der Freiheit
  • 4. Determinierte oder indeterminierte Freiheit
  • 5. Freiheit und biographisches Ich
  • 6. Neurowissenschaft, Geist und Kreativität
  • 7. Freiheit und Erziehung
  • 8. Freiheitsräume und Toleranz
  • 9. Existentielle Freiheit

1.

Strittige Freiheit ^

[1]
Kein Begriff ist uns so vertraut, und kein Begriff ist so strittig wie der Begriff ‚Freiheit‘.1 Neben Freiheitspropheten gab es immer Freiheitsskeptiker. Neben Platon standen Leukipp und Demokrit, die alles auf die Bewegung von Atomen zurückführten2, neben Leibniz stand La Mettrie, der den Menschen als komplizierte Maschine ansah3, und in den letzten Jahrzehnten spitzte sich die Debatte um Freiheit in der Hirnforschung zu. Sie erklärt mentale Bewusstseinsprozesse und so auch freiheitliches Verhalten durch beobachtbare kausal-funktionale Hirnprozesse.4 Die Hirnforschung ist ein junges Fach, denn erst die technische Verfügbarkeit enormer Rechenleistungen und bildgebender Verfahren wie CT oder fMRT machte es möglich, dem Gehirn gewissermaßen bei der Arbeit zuzusehen.5 Das explosiv Neue war, dass sich mentale Phänomene wie sich erinnern, nachdenken, handeln und entscheiden neuronalen Prozessen zuordnen lassen, Bewusstsein also an ein materielles Substrat gebunden ist und Fragen zu Geist, Seele und Freiheit plötzlich nicht mehr allein geisteswissenschaftliche, sondern zugleich naturwissenschaftliche Fragen geworden sind.6
[2]
Wie gehen wir mit diesen Ergebnissen um? Denn zunächst bestätigt die Hirnforschung lediglich das uns aus Philosophie und Theologie vertraute ganzheitliche Menschenbild, wonach wir ‚Geist in Leib‘ sind und darum eben erwartbarer Weise ein biotisch basiertes Bewusstsein haben. Aber der Stachel des Determinismus bleibt. Denn Hirnprozesse sind deterministisch geregelt, sonst würde kein Aspirin wirken und ließen sich auch durch einen Hirntumor beeinträchtigte Bewusstseinsleistungen neurochirurgisch nicht wieder herstellen. Grammatisch hätte das zur Folge, dass nicht wir, sondern unser Gehirn denkt. Nicht das Ich ist Träger von Entscheidungen und von Handlungen, sondern das Gehirn.7 Subjektive Selbsterfahrung und objektive Wissenschaft geraten hier in eklatanten Widerspruch zueinander. Zumindest ist vollständige Determiniertheit mit unserer sozialen Erfahrung unvereinbar, wonach wir uns als frei agierende Personen erleben, die mit anderen frei agierenden Personen kommunizieren und interagieren. Sicher ist subjektive Evidenz kein Kriterium für objektive Richtigkeit. Aber schon aus rein pragmatischen Gründen kommen wir als soziale Agenten und Teilnehmer eines gesellschaftlichen Diskursgeschehens in Wissenschaft, Politik, Moral und Religion ohne das mentalistische Beschreibungssystem auch nicht aus.8
[3]
Schon allein deshalb schirmt sich die Alltagspsychologie so hartnäckig gegen den Determinismus ab. Moralphilosophen setzen weiterhin die autonome, frei verantwortliche Person voraus.9 Das juristische Strafrecht muss weiterhin, um sinnvoll gegen jemanden einen Schuldvorwurf zu erheben, postulieren, „dass das Prinzip der Verantwortung des sittlich reifen und seelisch gesunden Menschen eine unumstößliche Realität unserer sozialen Existenz ist“.10 Die Empfehlungen des Ethikrats der Bundesregierung ergeben nur Sinn, wenn der Mensch lernoffen ist und bereit, durch Einsicht und Argumente sein Verhalten zu ändern. Die Theologie lokalisiert in der Gottebenbildlichkeit die Unantastbarkeit der freien Person11, und auf humanistischen Werten wie Freiheit, Recht, Würde und Verantwortlichkeit basiert nach wie vor das Menschenbild der säkularen Moderne und ihre Idee der gesellschaftlichen Rechtstaatlichkeit und Menschenrechtskataloge (1948).12 Andererseits sind wir an die deterministischen Argumente auch wieder gewöhnt. Psychologen machen uns auf die prägende Macht des Unterbewussten aufmerksam, das uns bewegt, ohne dass wir darauf bewussten Einfluss hätten. Soziologen führen unser Verhalten auf die Sozialisation und auf das Milieu zurück, in dem wir aufwuchsen und das festlegt, was uns wahr und plausibel erscheint, ohne dass wir das wesentlich ändern könnten. Jetzt aber erklären Hirnforscher Freiheit gleich als komplette Illusion. Sollten wir also aufhören, von Freiheit zu reden?

2.

Welt ohne Freiheit ^

[4]
Begriffe offenbaren ihre Relevanz oft erst, wenn sie fehlen. Was also wäre, wenn wir in einer Welt ohne Freiheit lebten? Im Fall des klassischen Determinismus wäre das eine Welt, die durch kausale Sukzessionsgesetze alternativlos auf das fixiert ist, was faktisch geschieht, der Naturprozess genauso wie menschliches Verhalten. Gäbe es in einer deterministischen Welt so etwas wie Kultur oder Kunst, verstanden als Ausdruck kreativer Weltgestaltung und expressiver Selbstverwirklichung? Das gälte dann auch für den zwischenmenschlichen Bereich. Was sollten in einer deterministischen Welt Werte wie Treue, Empathie, Vertrauen, Freundschaft, Kollegialität oder gegenseitige Verantwortung bedeuten? Sicher, auch Smartphones vernetzen sich, und seit Kevin Ashtons ‚Internet der Dinge’ bzw. ‚Industrie 4.0‘ wissen wir, wie Milliarden von Maschinen zeitgleich miteinander kommunizieren. Aber niemand käme auf die Idee, diesen Informationsaustausch als Kollegialität oder als verantwortliche Zusammenarbeit zu bezeichnen.
[5]
Vor allem würde der ethische Grundunterschied zwischen ‚gut‘ und ‚böse‘ in einer Welt ohne Freiheit schlichtweg sinnlos werden. Genau genommen wäre diese Unterscheidung gar nicht mehr möglich, denn menschliches Handeln wäre auf die Seite deterministischer Naturkausalität gerückt und von denselben kausal-funktionalen Gesetzen gesteuert wie Naturereignisse auch. Taten wären dann weder tapfer noch feig, ein Verhalten weder edel noch schäbig, ein Entschluss weder hochherzig noch kleinmütig. Sie wären zu determinierten Ereignissen geworden wie Ebbe und Flut. In einer deterministischen Welt gäbe es auch keine Möglichkeit zu überlegter Theorie- oder Überzeugungsbildung mehr. Beide setzen die freie Einsicht in das bessere Argument voraus, in Form des ‚zwanglosen Zwangs‘, der uns zu ‚Ja‘- oder ‚Nein‘-Stellungnahmen motiviert, wie Habermas in seiner Theorie der Argumentation erklärt.13 Auch hier bezeichnet die grammatische Sprache den Unterschied. Wir sagen nicht zufällig: ‚Sei doch vernünftig‘, und wissen seit Sokrates und Platon, dass vernünftig sein weder erzwungen werden kann noch automatisch geschieht. Deshalb appellieren wir an Vernunft, und das erscheint nur sinnvoll, weil wir unterstellen, dass der andere über sein Vernünftig-sein-können noch einmal frei verfügen kann. Schließlich setzt auch religiöser Glaube, verstanden als persönlich bejahter Gottesbezug, die freie Entschiedenheit des Glaubenden voraus, eben das ureigene und unvertretbare ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ zu Gott, das nur der Glaubende selbst für sich sagen kann.14 Dasselbe gilt für jede ernsthafte Lebensentscheidung, die auch niemand anderer für einen selber treffen kann.
[6]
Solche Beispiele weisen in dieselbe Richtung. Der Mensch kann überhaupt nur „unter der Idee der Freiheit“ betrachtet werden, fasst Kant zusammen.15 Zumindest würde in einer determinierten Welt ein Großteil unseres mentalistischen Vokabulars den Sinn verlieren. Wir könnten nicht mehr sagen: ‚Ich verspreche Dir das!‘ oder ‚Ich danke Ihnen!‘ oder ‚Ich weiß, ich bin schuld daran und es tut mir leid!‘. Denn Vokabeln wie ‚versprechen‘, ‚danken‘, ‚sich schuldig wissen‘ und ‚leidtun‘ haben nur dann eine Bedeutung, wenn wir frei sind. Sind wir das nicht, stünde es gar nicht in unserer Macht zu entscheiden, ob wir ein Versprechen halten oder nicht, ob wir jemandem Dank abstatten oder nicht. Erst recht könnten wir uns für nichts verantwortlich oder schuldig fühlen, und auch keine eigentliche Reue zeigen.
[7]
Nur weil wir zwischen Natur- und Handlungskausalität unterscheiden, gehen wir mit Dingen anders um als mit Menschen. Aus der allgemeinen Wissenschaftstheorie wissen wir, Naturkausalität erklärt ein Ereignis durch die universale Geltung deterministischer Naturgesetze, Handlungskausalität durch die intentionale Absicht frei agierender Personen.16 Die eine erklärt durch Notwendigkeit, die andere aus Freiheit. Das macht den Unterschied. Peter Strawson brachte ihn auf den Punkt.17 Denn je nachdem, welchen Erklärungstyp wir veranschlagen, verhalten wir uns Dingen und Ereignissen gegenüber auf ganz unterschiedliche Weise. Wenn die Gewitterböe den Sonnenschirm zerrissen hat, ärgern wir uns zwar darüber, aber wir können dem Gewitter nicht eigentlich böse sein oder es vor Gericht ziehen. Menschen dagegen machen wir verantwortlich für das, was sie verursachen, denn ihrem Tun unterstellen wir eine frei intendierte Absicht. Fehlt diese Freiheit und Absichtlichkeit, ändern wir sofort auch Menschen gegenüber unsere Einstellung. Wenn uns jemand in der Straßenbahn stößt, weil er selber gestolpert ist, akzeptieren wir das, ohne ihm Vorwürfe zu machen, auch wenn er uns ziemlich wehgetan hat. Genauso wenig ziehen wir einen psychisch gestörten Menschen zur Verantwortung, von dem wir wissen, dass er zu bestimmten Reaktionen gar nicht fähig ist und sie auch nicht kontrollieren kann. In dem Fall wissen wir, dass ihm gegenüber reaktive Einstellungen, wie jemand etwas übel nehmen, schuldig sprechen oder bestrafen, inadäquat sind.
[8]
Die Konsequenzen der Bestreitung von Freiheit werden hier am deutlichsten. Genau genommen müssten wir, sollte es keine Freiheit geben, allen Menschen so begegnen wie psychisch Kranken. Auf der Welt gäbe es dann nur mehr die Form deterministischer Ereigniskausalität, aber nicht mehr die Form persönlicher Intentionalität bzw. verantworteter Kontrolle des eigenen Verhaltens. In der Tat, das wäre für uns eine schreckliche Welt. Träfe sie zu, könnten wir niemand mehr etwas als Verdienst zuschreiben oder ihm als Vorwurf zu Lasten legen, niemand mehr lieben oder hassen, niemand mehr dankbar oder böse sein, niemand mehr von etwas überzeugen und begeistern. Strawson hat Recht, selbst wenn das die richtige Lebenseinstellung wäre, sie wäre für uns nur schwer zu ertragen. Allein schon um des zwischenmenschlichen Miteinanders willen müssten wir Freiheit erfinden oder zumindest postulieren, dass es Freiheit gibt, unabhängig davon, ob wir je wissen können, ob das auch wirklich zutrifft. Andernfalls verlieren wir alles, was das Leben als Person und mit Personen erfüllend und schön macht. Alles, was dem Dasein Sinn, Freude und Ernst verleiht. Es ist also keine Kleinigkeit, Freiheit zu leugnen.

3.

Prinzipien der Freiheit ^

[9]
Der Begriff ‚Freiheit‘ besitzt eine klare interne Logik. Heute sind wir zwar mit Definitionen vorsichtig geworden. Aus gutem Grund. Denn Definitionen sind entweder zu vage, dann taugen sie nichts, oder zu eng, dann schließen sie zu viel aus. Unverfänglich dagegen ist es, eine Sache auf die Merkmale hin zu beschreiben, die auf alle Fälle nicht fehlen dürfen. Konsens herrscht derzeit über folgende drei Freiheitsmerkmale.18
[10]
Das erste Motivationsprinzip besagt, dass Freiheit immer auf etwas zielt. So wie es kein ‚leeres‘ Bewusstsein gibt, sondern ‚sich bewusst werden‘ immer heißt, sich eines Bewusstseinsinhalts bewusst zu werden, gibt es keine ‚leere‘ Freiheit. Freiheit will immer etwas, sie ist immer von Gründen motiviert. Diese Gründe können rationale Überlegungen sein, Pläne und Überzeugungen, ein hochherzig gefasster Entschluss, aber auch rein subjektive Vorlieben, Wünsche, Hoffnungen und persönliche Vorhaben. Auf alle Fälle können wir nur durch Angabe solcher Gründe und Motive unser Verhalten anderen erklären und auch uns selber klar machen. Entfällt solche Orientierung, degeneriert Handeln zu einem reinen Willkürgeschehen.
[11]
Das zweite Akteursprinzip besagt, dass Freiheit immer an eine handelnde Person gebunden ist. Das bewusste Ich muss Urheber des Handelns sein. Sonst sind nicht wir, sondern andere Faktoren, etwa äußere oder innere Zwänge, der Ursprung unseres Tuns. Freisein heißt hier, das eigene Handeln bewerten, kontrollieren und in Gang setzen zu können. Die Psychiatrie berichtet von der möglichen Palette psychotischer Fremdbestimmungen, traumatischer Pathologien und Berichten, dass nicht das eigene Ich handelte, sondern ‚etwas‘ oder jemand ‚anderes‘ in ihm. Nur wenn das bewusste Ich der Akteur des Handelns ist und sich als solches auch erlebt, schreiben wir uns die Handlung selber zu und fühlen uns für diese persönlich verantwortlich.
[12]
Das dritte Prinzip des so genannten Anders-handeln-könnens besagt, dass für das betreffende Handlungssubjekt reale alternative Handlungsmöglichkeiten bestehen. Freiheit fordert, dass wir in der Lage sind, unter gegebenen Bedingungen so oder anders oder gar nicht handeln zu können. Vor dem, was aus naturgesetzlicher Notwendigkeit geschieht, haben wir keine Macht, aber vor dem, was wir aus eigener Freiheit tun, haben wir eine. „Denn überall, wo es in unserer Macht steht zu handeln, da steht es auch in unserer Macht, nicht zu handeln, und wo das Nein, da auch das Ja“, heißt der Grundsatz der Ethik bei Aristoteles ebenso wie bei Konfuzius.19
[13]
Freiheit ist darum immer die Freiheit von jemandem, der etwas will und der auch anders handeln könnte, zumindest in der Form, etwas zu tun oder zu lassen. Sicher gibt es verschiedene Typen von Handlungen: zufällige, zwanghafte, launische, pathologische, triebhafte, absichtslose oder neurotische. Aber freie Handlungen setzen eine bewusst beabsichtigte Aktion voraus, die sich der Handelnde selbst zuschreibt. Beides muss da sein: sowohl der ‚Raum der Gründe‘ (Sellars), der den Stoff eigenen Überlegens und Abwägens abgibt, als auch die persönliche Überzeugtheit, mit der der Handelnde für sich entscheidet, welche Gründe für das eigene Wollen bindend sind und welche das nicht sind. Deshalb erfolgt Handeln durch überlegte und darin verantwortete Gründe nicht notwendig, sondern freiwillig. Zwar bindet der Handelnde seinen Willen an die Gründe, die er aus überlegender Einsicht bejaht. Aber weil der Handelnde jederzeit die Möglichkeit hat, auch wider besseres Wissen zu entscheiden, ist sein Handeln aus bindenden Gründen nicht einfach mit reiner Naturkausalität vergleichbar. Diese erfolgt in dem Sinn zwingend, dass bei gegebenen Randbedingungen das Ereignis eintreten muss, während zu einem Handeln aus Gründen „das begründete Ergreifen einer Initiative, die sich der Handelnde selbst zuschreibt“, gehört.20
[14]
Erst das macht den Handelnden zum selbstverantworteten Urheber. Denn was als Gründe für das eigene Handeln zählt, liegt noch einmal beim Handelnden selbst, der diese Gründe abwägt und erst dann als handlungsmotivierend für sich übernimmt. Ein Handelnder ist also frei und demzufolge verantwortlich, wenn er tun kann, wozu er sich entschieden hat.21 Sicher haben Überlegungen viele unbewusste und oft nur vage empfundene Vorläufer, und meist reifen Entscheidungen erst nach und nach heran. Aber im Augenblick bewusster Übernahme solcher Handlungsgründe als ‚unsere‘ Gründe erfahren wir uns als freie Agenten. Kern von Freiheit ist darum ihre Rückbindung an überlegte und darin verantwortete Motive, Überzeugungen und Absichten, und erst dieser ‚Raum der Gründe‘ eröffnet uns dann den Freiheitsspielraum, den wir haben und aus dem heraus wir so oder anders handeln können.

4.

Determinierte oder indeterminierte Freiheit ^

[15]
Dieser ‚Raum der Gründe‘ aber ist zugleich das Problem. Denn was sehen wir als ‚gute‘ oder ‚schlechte‘ Gründe an? Sind wir in der rationalen Wahl der Gründe, die uns plausibel und verantwortlich erscheinen, wirklich frei? Denn entweder verlieren wir uns in einen infiniten Begründungsregress, den wir an irgendeiner Stelle abbrechen müssen, um überhaupt ‚etwas’ begründen zu können.22 Oder unser Überlegen entpuppt sich ‚hinter‘ unserem Rücken letztlich doch als determiniert ablaufender Prozess.23 Beide Optionen sind wenig befriedigend. Die eine, weil sie mit ihrem rational begründeten Wollen des Wollens nirgendwo ankommt, die andere, weil sie aus der Determiniertheit der eigenen Handlungsplausibilitäten doch nicht herausfindet.24
[16]
Dieses Dilemma bildet darum zu Recht den Kern der Debatte über den kompatibilistischen und inkompatibilistischen Freiheitsbegriff.25 Kompatibilisten erklären, inwiefern Freiheit und Determiniertheit sehr wohl zusammengehen, d.h. kompatibel sind und ohne einander gar nicht auskommen. So etwa Kanitscheider: „Nimmt man Freiheit in dem ursprünglichen Sinn, wie sie auch vom Alltagsmenschen spontan aufgefasst wird, bedeutet sie einfach nur die Möglichkeit, in Einklang mit den eigenen Wünschen und Vorstellungen zu handeln.“26 Freiheit versteht sich danach schlicht als die Möglichkeit, dass man tun kann, was man will und daran nicht gehindert wird. Will Anna ins Kino gehen, geht sie ins Kino; will Anna tanzen, geht sie tanzen. Diese Form von Handlungsfreiheit, ich kann tun, was ich will, ist tatsächlich problemlos selbst mit vollständiger Determiniertheit vereinbar. Denn woher unsere Motive kommen, spielt keine Rolle, gefordert ist lediglich die Hindernisfreiheit, von der Realisierung der eigenen Wünsche nicht abgehalten zu werden.
[17]
Kompatibilisten machen darum das Motivationsprinzip zum primären Maßstab von Freiheit. Insofern der Akt der Freiheit fordert, dass der Handelnde seinen Willen an ‚Gründe‘ bindet, ist Freiheit ohne determinierende Gründe bzw. Motive gar nicht denkbar. So wie Naturereignisse durch Naturgesetze determiniert und nur durch diese erklärbar sind, werden Handlungen eben durch Handlungsmotive determiniert und erklärt. Ob diese Handlungsimprägnierung bzw. -determinierung nun durch Neigung, Charakter, Biographie, Milieu oder Sozialisation erfolgt, ist dabei nebensächlich. Bestimmend ist die andere Einsicht, dass Handlungen notwendig Gründe voraussetzen und Freiheit damit Determination verlangt. Dass diese Forderung nicht unberechtigt ist, zeigt sich, wenn sie fehlt. Denn ohne determinierende Kausalität würden sich Naturereignisse genauso ins Zufällige verflüchtigen wie Handlungsereignisse. Auf alle Fälle könnten wir mit einer komplett regellosen Natur ebenso wenig sinnvoll interagieren wie mit vollkommen chaotischen Personen. Verlässlichkeit setzt Berechenbarkeit voraus, und Berechenbarkeit basiert auf kausaler Determination, so die kompatibilistische Gleichung.
[18]
In kompatibilistischer Sicht sind wir also frei nur relativ auf die eigenen Wünsche und Absichten. Vermutlich fühlen sich die meisten Menschen tatsächlich frei in dem Sinn, dass sie tun können, was sie wollen, augenblicklich planen oder spontan vorhaben. Aber sind wir wirklich schon dadurch frei, dass wir tun können, was wir wollen? Fordert Freiheit nicht mehr, nämlich dass wir unser Wollen selbst noch einmal kontrollieren und im Bedarfsfall ändern können? Wäre dem nicht so, dann wäre der Alkoholiker der freieste Mensch, den wir uns vorstellen können. In Wirklichkeit ist er jemand, der die Kontrolle über seine Trinkneigung eingebüßt hat. Nur aus dem Grund bezeichnen wir ihn als süchtig. Denn er ist eben nicht mehr der selbstbestimmte Akteur seines Handelns, sondern hat aufgrund seines Suchtverhaltens die Selbstkontrolle und so auch die Möglichkeit, anders handeln zu können, etwa weniger oder gar keinen Alkohol mehr zu trinken, verloren.
[19]
Diesen neuralgischen Punkt machen die Vertreter so genannter libertarischer Willensfreiheit wett.27 „Dagegen verstehe ich unter Freiheit (…) das Vermögen, einen Zustand von selbst anzufangen, deren Kausalität also nicht nach dem Naturgesetze wiederum unter einer anderen Ursache steht, welche sie der Zeit nach bestimmte“, lautet der libertarische Schlüsseltext aus Kants ‚Kritik der reinen Vernunft‘.28 Libertarier bzw. Inkompatibilisten stellen darum das Akteursprinzip ins Zentrum. Freiheit bedeutet hier die Möglichkeit, eine Handlungsinitiative rein aus der voraussetzungslosen Spontaneität selbstbestimmten Willens zu starten. Hier besagt Freiheit also nicht nur, dass man tun kann, was man will, sondern dass man das eigene Wollen noch einmal wollen bzw. bestimmen kann, und zwar unabhängig von allen vorauslaufenden Vorbedingungen oder Determinismen. Solche Kontrakausalität, die allein aus der ursprungslosen, aber Anfänge setzenden Freiheitsinitiative des autonomen Subjekts erfolgt, schließt darum Determiniertheit aus. Aber auch hier ergibt sich als Problem, wie wir uns eine solche kontrakausale ‚reine‘ Freiheit eigentlich vorzustellen haben. Denn sie fordert nichts weniger als einen Willen, der sich selber noch einmal wollen kann. Dreht man sich damit nicht im Kreis? Auf alle Fälle wird man mit der Frage konfrontiert, was es denn ist, das den selbstbestimmten Willen bestimmt. Auf was greift der Wille im Prozess seiner kontrakausalen Willensbildung zurück?
[20]
Das Ergebnis der Diskussion zwischen Kompatibilisten und Libertariern ist darum schnell gesagt. Beide Konzepte einer völlig voraussetzungslosen und einer völlig determinierten Freiheit scheinen unbrauchbar. Was sollte eine libertarische Freiheit sein, die sich allein auf den selbstinitiativen Willen ‚reiner‘ Freiheit beruft? Hier legen Soziologie, Psychologie und Hirnforschung zu Recht ihr Veto der vielfachen Prägungen ein, die unser Verhalten bestimmen. Aber auch das andere Extrem der totalen Determiniertheit des ‚Jeder handelt so, wie er handeln muss‘ hilft nicht weiter. Hier legen Moralphilosophie, Rechtsprechung, Geisteswissenschaft und Theologie zu Recht ihr Veto ein und verweisen auf den verantwortungsrelevanten Freiheitsspielraum, den jeder Mensch sich und seinen Anlagen gegenüber hat. Der interdisziplinäre Synergieeffekt bestünde also darin, nach einem Begriff ‚bedingter Freiheit‘ Ausschau zu halten, der in der Lage ist, die berechtigten Einsichten von Natur-, Human- und Geisteswissenschaften zu einem realistischen Verständnis menschlicher Freiheit und Verantwortung zusammenzuführen.29

5.

Freiheit und biographisches Ich ^

[21]
Es gehört zu den Binsenwahrheiten nachmoderner Kultur- und Wissenschaftskritik, dass es das voraussetzungslose Freiheitssubjekt, von dem Neuzeit und Moderne träumten, nicht gibt. Ein solcher Begriff ‚reiner‘ Freiheit bzw. ‚reiner‘ Autonomie erscheint lebensfremd und überspannt. Wissenssoziologie, Psychologie und Neurowissenschaften weisen nach, inwiefern unser Verhalten an den tausend Fäden von Anlage, Umwelt und Erziehung hängt. Nicht nur, dass wir als Kinder unserer Eltern deren genetische Anlagen wie Intelligenz, Charakter und Gemütsverfassung in uns tragen. Als Kinder des 21. Jahrhunderts sind unsere Überzeugungen tief imprägniert von den epigenetischen, sozialen und kulturellen Lebenskontexten der zivilisatorischen Epoche, in die wir hineingeboren sind und deren Plausibilitäten die nicht hintergehbare Matrix unserer persönlichen Urteils- und Überzeugungsbildung abgeben.30 Hinzu kommen alle Schlüsselerlebnisse, die unser individuelles Leben prägen.
[22]
Dieses ganze unentwirrbare Konglomerat aus Anlage, Umwelt und Erziehung, und das, was wir daraus machen, legt unser biographisches Ich auf das fest, was wir sind. Wie schwer dabei Veränderungen in der Tiefenstruktur unserer Persönlichkeit fallen, weiß jeder, der ehrlich zu sich ist. Wir können uns lieben oder hassen, mit uns zurechtkommen oder in Zwiespalt mit uns leben. Aber letztlich können wir uns nicht zu jemand anderem machen. Arthur Schopenhauer sagte, jemand zu fragen, ob er auch anders handeln könnte, als er will, heißt, ihn zu fragen, ob er auch jemand anders sein könnte, als er ist, d.h. „an dem, was wir tun, erkennen wir, was wir sind.“31 Überzeugungen, Argumente und kritisches Denken tragen darum, selbst wenn sie noch so ‚objektiv’ erfolgen, die unweigerliche Handschrift dessen, der argumentiert und seine Meinung erklärt.
[23]
Aber diese Einsicht in die Architektur unseres Ichs ist deshalb nicht schon freiheitsgefährdend. Sie macht nur klar, dass Freiheit immer die Freiheit eines bestimmten biographisch und gesellschaftlich geprägten Handlungssubjekts ist. Der freie Wille trägt immer das Kolorit des Ichs, das diesen Willen hat. Würde Freiheit von unserem biographischen Selbst abgekoppelt, wäre der freie Wille jedenfalls nicht mehr ‚unser‘ freier Wille. Peter Bieri hat Recht: ein solches, von allen ichhaften Bedingtheiten losgelöstes, absolut freies Wollen hätte keinen Zusammenhang mehr mit unserer Lebensgeschichte, mit unserem Charakter, unseren Gedanken, Erinnerungen, Phantasien, Empfindungen und Idealen. Es würde uns völlig fremd gegenübertreten und wir könnten uns mit ihm kaum identifizieren.32 Unsere ichhaften Prägungen schließen daher Freiheit und schöpferisches Leben nicht aus. Sie verleihen ihm lediglich das besondere Profil der freiheitlichen Persönlichkeit, die wir sind, und eröffnen uns die freiheitlichen Möglichkeiten, die wir haben. Das ist auch die Erklärung dafür, warum sich allgemeine Charaktereigenschaften wie Treue, Empathie und Durchsetzungskraft, oder wohldefinierte Tugenden wie Tapferkeit, Gerechtigkeit, Klugheit und Maß bei jedem freiheitlichen Individuum anders ausprägen. Auch warum große Kunst die unverkennbare Handschrift des betreffenden Künstlergenies trägt, das sie schafft. Wenn Esa Pekka Salonens Violinmusik unverkennbar nach Esa Pekka Salonen klingt und van Gogh unverkennbar als van Gogh die Natur gesehen und gemalt hat, ist darum beider Kunst weniger genial und offenbarend?

6.

Neurowissenschaft, Geist und Kreativität ^

[24]
Zwar werden Hirnforschung und Neurowissenschaften immer noch als Freiheitsgegner betrachtet, genau genommen aber unterfüttern sie diese Sicht geprägter Freiheitlichkeit. Wir sollten uns an den theologischen Begriff ‚Geist in Welt‘ halten, der auf anthropologischer Ebene besagt, dass wir als leib-seelische Wesen existieren, also weder ‚reiner‘ Geist noch ‚reine‘ Materie sind, sondern beides miteinander, unabhängig davon, ob wir je wissen werden, wie Geist und Leib interagieren. Die analytische Philosophie des Geistes spricht hier vom ‚Rätsel des Bewusstseins‘, das wir, Gödels Unvollständigkeitstheoreme dazu genommen, allein schon deshalb nicht lösen können, weil wir selbst dieses Rätsel sind.33 Primär ist aber nicht die logische, sondern die pragmatische Ergebnisseite interessant, und hier gibt uns die Hirnforschung vielfach klärende Einsichten an die Hand.
[25]
Zum einen stellt sich, neurobiologisch betrachtet, das Gehirn als komplexes, Semantik und Wissen produzierendes selbstlernendes System dar. Das Gehirn ist immer aktiv. Es entwirft fortlaufend interne Modelle der Umwelt sowie effektive Handlungsalternativen. Dazu sind sowohl ein intaktes Sinnessystem als auch funktionierende neuronale Schaltkreise vonnöten, vermittels deren sich das Gehirn ein möglichst adäquates prädikatives Bild (predictive coding) von Ereignissen und deren Bedeutung für das Fort- bzw. Überleben macht. Zugrunde liegen neuronal-mentale Repräsentationsprozesse, deren iterative Steigerung zu immer höheren Bewusstseinsleistungen führt.34 Charakteristisch für diese neuronalen Verarbeitungsalgorithmen ist, dass sie einer nichtlinearen Dynamik folgen und das Gehirn entsprechend in seinem Zukunftsverhalten nicht berechenbar ist.35
[26]
Zum anderen erfolgen, wahrnehmungspsychologisch betrachtet, die Verarbeitungsprozesse des Gehirns selektiv. Nur ein geringer Teil der Reize wird verarbeitet und nur ein geringer Teil verarbeiteter Information gelangt zu bewusster Repräsentation. Diese gehorchen internen autonomen Organisationsprozessen und sind daher hochgradig überformt und kontextabhängig.36 Was in der aristotelischen Logik als Abstraktion des Wesens der Dinge beschrieben wurde, kehrt hier als selektive Fokussierung auf die erfolgversprechendste Wahrnehmungs- und Handlungsstrategie wieder. Es erscheint müßig, darüber zu streiten, ob das, was wir als Wirklichkeit erkennen, die Wirklichkeit an sich oder ein vom Gehirn konstruiertes Bild der Wirklichkeit ist. Es genügt zu wissen, dass unser neuronal präfigurierter Erkenntnisapparat in der Lage ist, Mathematik zu treiben, die Kreiszahl π zu berechnen, Welterklärungen und Gottesbilder zu entwerfen und in freiheitlicher Kreativität die wunderbare Vielfalt menschlicher Kunst und Religionen zu kreieren, d.h. das Werk kultureller Evolution in Szene zu setzen. Die moderne Wahrnehmungspsychologie und Erkenntnistheorie verweist hier lediglich auf die Tatsache, dass die Hauptarbeit menschlicher Wissens- und Ideengenerierung von subpersonalen Prozessen geleistet wird. Auch für Entscheidungsprozesse ist bekannt, dass diese vom limbischen System, vom Wertezentrum des Gehirns, geplant und gesteuert werden. Das limbische System aber arbeitet unbewusst.37
[27]
Aus beiden neuro- bzw. kognitionswissenschaftlichen Erkenntnissen folgt, dass das subjektive Ich über das Zustandekommen seiner kognitiven Denk- und Entscheidungsprozesse wenig erfährt. Bewusst werden nur die Ergebnisse, nicht aber deren Zustandekommen selbst. Das kann jeder für sich selber verifizieren. Beispielsweise bekommen wir eine Aufgabe gestellt und uns fällt dazu im ersten Bemühen nichts wirklich Weiterhelfendes ein. Wir widmen uns anderen Arbeiten und plötzlich kommt uns die rettende Idee. „Schlaf eine Nacht darüber“, sagt der Volksmund und hat Recht. Oder wir versuchen uns an einen Namen zu erinnern. Aber je intensiver wir nachdenken, desto weiter entgleitet er uns. Plötzlich, wir sind wieder bereits mit anderem beschäftigt, fällt uns der Name ein. Oder, im Augenblick, in dem Sie diesen Text lesen, können Sie nichts dazu sagen, warum Sie den Text verstehen, sie verstehen ihn einfach. Wie das alles zugeht, darüber haben wir deshalb keine Vorstellung, weil subpersonale Abspeicherungs-, Erinnerungs- und Arbeitsprozesse dafür verantwortlich sind. Wie es aussieht, gilt dasselbe für unser freiheitliches Tun und Verhalten. Auch sie sind Ergebnis von entscheidungsgenerierenden Prozessen, auf die unser bewusstes Ich weitgehend keinen Zugriff hat und die ihm aufgrund ihrer Komplexität und Nichtlinearität ohnehin undurchschaubar blieben.
[28]
Daraus eine freiheitsverneinende Schlussfolgerung zu ziehen, liegt zwar nahe, ist aber nicht zwingend. Im Gegenteil eröffnet sich ein umso realistischeres Verständnis menschlicher Freiheitlichkeit. Denn was würde passieren, wenn wir uns komplett durchschauten? Wären wir dann nicht des Geheimnisses unserer Persönlichkeit beraubt? Der neurowissenschaftlichen Erklärung subpersonaler Entscheidungsprozesse entspricht darum die anthropologische Unableitbarkeit menschlicher Person. Die ausnahmslose Durchschaubarkeit menschlicher Motive und Empfindungen würde uns zu Automaten machen. Sie würde das Ende jeder Freundschaft und Beziehung bedeuten, die interessant bleiben genau wegen der unableitbaren Andersartigkeit des Anderen. Der Kultur- und Geistesgeschichte ist dieser Zusammenhang schon immer bekannt. Alle Mystiker sprachen vom Tiefengrund der Seele. Alle Mythen erklärten künstlerisches Schaffen durch die nicht noch einmal reflexiv begründbare Eingebung der ‚Musen‘. Ebenso weiß die moderne Wissenschaftstheorie darum, dass sich wissenschaftliche Revolutionen stets der nicht reflexiv erreichbaren Intuition und des nicht machbaren Einfalls verdanken.
[29]
Offensichtlich hat die Evolution zwei Entscheidungssysteme entworfen, ein bewusst und ein unbewusst arbeitendes. Bewusste Entscheidungsprozesse besitzen den Vorteil, dass sie festen reflexiven Diskursregeln folgen, haben aber den Nachteil, dass sie nur eine geringe Zahl von verhandelten Variablen im Aufmerksamkeitsbewusstsein halten können und gleichzeitig keinen Einfluss darauf haben, welche Variablen überhaupt ins Bewusstsein vorgelassen werden. Unbewusste Entscheidungsprozesse dagegen arbeiten kompetitiv und können entsprechend weit mehr Variablen gleichzeitig in Beziehung setzen. „Beide Strategien, die bewussten und die unbewussten, haben somit ihre Vor- und Nachteile, und es scheint nicht ausgemacht, dass die bewussten immer die besseren sind.“38 Das bestätigt der ‚klinische Blick‘ des Arztes ebenso wie der Landwirt, der das Wetter absolut sicher voraussagt, ohne dafür nur ein einziges Argument nennen zu können.
[30]
Wenn die Neurowissenschaften daher von ideen- und entscheidungsgenerierenden subpersonalen Hirnprozessen sprechen, fangen sie etwas auf, was Kunst und Philosophie stets postulierten: die Macht des Geistigen, das nicht auf Logik, Begriff, Kalkül und Argument reduziert werden kann. Damit werden nicht Geist, Freiheit und Kreativität desavouiert. Erzwungen wird ein aufgesprengtes Verständnis dieser viel zu eindimensional gehandhabten Begriffe. Wenn geistige Spontaneität und schöpferisches Leben die nichtdiskursive Arbeit in den Tiefen des Gehirns voraussetzen, dann haben wir zu undifferenziert von Kreativität und geistiger Arbeit gedacht, die wir ausschließlich mit der schmalen Oberfläche bewusster Reflexivität, Logik und Argumentation identifizierten. Human- und Geisteswissenschaften legen damit offen, inwiefern sich die wirklich weiterführenden Ideen in Wissenschaft, Kunst und Religionen diesem anderen Quellgrund der unableitbaren Intuition und des reflexiv gar nicht einholbaren Einfalls verdanken. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob das begrifflich als Dynamik neuronaler Verarbeitungsalgorithmen oder als Spontaneität menschlicher Geistigkeit beschrieben wird bzw. als schöpferischer Charakter menschlichen Handelns, der der Vielfalt historisch-kultureller Phänomene gerecht wird.

7.

Freiheit und Erziehung ^

[31]
Freiheit ist nicht einfach gegeben. Sie ist auf Formung und Bildung angewiesen. Dass der Mensch ein Wesen ist, das erzogen werden muss, und zwar „durch Menschen, die ebenfalls erzogen sind“, wusste nicht nur Kant.39 Alle heutigen humanwissenschaftlichen Fächer setzen das Spezifikum menschlichen Bewusstseins in dessen Weltoffenheit an. Im Unterschied zur artspezifischen Umweltgebundenheit von Pflanzen und Tieren besitzt der Mensch einen kreativen Verhaltensspielraum, der ihn dazu befähigt, immer neue Lebensentwürfe und Weltbezüge zu kreieren und sich damit die überkomplexe Umwelt symbolisch zu erschließen.40
[32]
Zwei Quellen stehen hier zur Verfügung. Die eine ist genetischer Art und betrifft das Erfahrungswissen, das über Jahrmillionen durch ‚Versuch und Irrtum‘ (Popper) evolutiv selektiert wurde und in der funktionellen Architektur des Gehirns gespeichert ist.41 Die andere ist zivilisatorischer Art und betrifft das Lebenswissen, das über Generationen erworben und durch Erziehung auf die Nachkommenden übertragen wird. Vor allem diese zweite Quelle akkumulierten kollektiven Wissenserwerbs erklärt die unvorstellbare Erfolgsgeschichte menschlicher Gesellschaft und Kultur.42 Weil nun das Ich seine freiheitliche Identität erst im Dialog mit dem ‚Du‘ (Buber) bzw. durch soziale Interaktion (Mead, Habermas) entwickelt, lastet hier die ganze Verantwortung auf Erziehung und Gesellschaft. Dass Freiheit nicht vom Himmel fällt, sondern eine eingeübte dispositionelle Fähigkeit darstellt, ist heute durch die Kognitionswissenschaften hinlänglich erwiesen.43 Wer nie mit Zahlen oder Noten umgehen lernte, wird später nicht rechnen oder singen können. Wer keine Werte, Ideale und Vorbilder kennenlernte, wird wenig freiheitliche Möglichkeiten entwickeln. Wer in Elternhaus, Schule und Universität nie erfahren hat, was gilt und wert ist, dass man sich darum bemüht, der wird später auch wenig Sensibilitäten, Halt und Freude in sich selbst finden. Der Raum unserer Freiheit ist nicht einfach da, sondern Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene müssen zu ihm disponiert werden.
[33]
Wie wichtig diese Förderung ist, zeigt die Hirnforschung. Das Gehirn hat eine Ausreifungszeit von 20 bis 30 Jahren. Vieles ist genetisch festgelegt, vieles prägeoffen (Neuroplastizität). Das heißt, das Gehirn weist eine flüssige Architektur auf, die identisch ist mit der Möglichkeit, lebenslang zu lernen. Vor allem das ausreifende Gehirn kennt so genannte neuronale Spurts, d.h. kritische Phasen etwa für das Sinnessystem, höhere kognitive Fähigkeiten, Spracherwerb oder Sozialverhalten.44 Ausreifende Gehirne reagieren während dieser Phasen besonders sensibel auf gewährte, aber ebenso auf vorenthaltene Förderung und erst recht auf traumatische Erfahrungen wie Misshandlung, Drogenmissbrauch oder die falsche Beschäftigung mit falschen Dingen zur falschen Entwicklungszeit. Das klingt harmlos, hat aber dramatische Auswirkungen. Denn auch wenn vieles genetisch angelegt ist, werden während der postnatalen Entwicklung fortlaufend ‚Entscheidungen‘ getroffen, was weiterentwickelt und was unwiderruflich abgeschaltet wird. Singer veranschaulicht das am Beispiel des jungen Patienten, der in den ersten Lebensjahren wegen einer Hornhauttrübung die Augen nicht benutzen konnte, aber später nach erfolgreicher Hornhautverpflanzung das Sehen trotzdem nicht mehr lernte, weil die betreffenden Verschaltungen nicht angelegt wurden. Für alle kognitiven Bereiche gilt dasselbe Prinzip, was nicht trainiert wird, wird nicht ausgebildet: Spielen eines Instruments, dessen Feinmotorik nicht früh genug eingeübt wurde; Empathie, die nie erfahren wurde; Spracherwerb, der nicht gepflegt wurde; soziale Kompetenzen, die nie erlebt wurden; Gewissen, Schuldbewusstsein, Freude, Ausgeglichenheit oder eine starke Emotionalität, die nie gefördert wurden.
[34]
Generell also werden erst durch Erziehung die prägenden Hirnstrukturen und die damit verbundenen geistig-freiheitlichen Möglichkeiten festgelegt, die dann zu einer reifen und stabilen Persönlichkeit führen. Ebenso werden erst durch Sozialisation die Wertvorstellungen grundgelegt, die später zur frei bejahten Haltung werden können. Gesellschaften, Religionen u.ä. gewinnen hier die Funktion von Plausibilitätsstrukturen (Berger, Luckmann), die durch ihre lebenspraktisch bewährten Sinnsysteme freiheitliches Handeln bestücken, aber gleichzeitig den Stoff zu kreativer Veränderung bieten. Vor diesem (evolutionären, kognitionswissenschaftlichen, gesellschaftstheoretischen etc.) Hintergrund erscheint die Idee wertfreier Erziehung als naive Illusion. Ein guter Kitharaspieler, so Aristoteles, wird man, indem man Kithara spielt, und ein mündiger Mensch, indem man sich um Reife, Charakter und hochgehaltene Ideen bemüht. „Wie reich wurde allzeit davon geträumt, vom besseren Leben geträumt, das möglich wäre“, charakterisierte Ernst Bloch den Menschen als Wesen, das von geistig-schöpferischen Utopien her lebt.45 Zwar unterscheiden wir heute zwischen säkularen Utopien größtmöglicher Gerechtigkeit für alle (Marx, Rawls) und religiösen Utopien schlechthin rettender Erlösung (Messianismus), aber der strukturelle Kern bleibt derselbe. Nie begnügt sich der Mensch mit dem Erreichten. Das Benzin in den Motoren menschlicher Geschichte sind seine utopischen Träume, und es erscheint nicht zu weit gegriffen, den Natur- und Kulturprozess unter dieser selben Dynamik sich selbst überbietender Systeme zu beschreiben. Ohne sie fehlte alles: Nicht nur, dass dann Geschichte sofort zu Ende wäre, auch das Leben hätte dann keine Fülle mehr, keine Zukunft und Hoffnung. Ankünfte sind bekanntermaßen mentale Tode.
[35]
Die Frage nach dem ‚Raum der Gründe‘ und woraus er sich bestückt, gewinnt hier zumindest eine Teilantwort: „Wir müssen uns klar machen, was unsere kulturelle Evolution bedingt hat: Es war die Fähigkeit, zu Lebzeiten erworbenes Wissen auf die nachfolgende Generation zu übertragen. Dies geschieht über zum Teil irreversible Prägungsprozesse. Die Prägung legt das Sich-in-der-Welt-Fühlen fest und beeinflusst die Entwicklung kognitiver Strukturen nachhaltig; wir überlassen diesen schlechthin wichtigsten Prozess, den die Menschheit jeder nachkommenden Generation gegenüber zu verantworten hat, fast dem Zufall.“46 Weil im Charakter eines Menschen der Grund seines Handelns liegt und sich darin der Raum seiner Gründe und Kreativität erst eröffnet, ist auf persönlichkeitsbildende Erziehung größter Wert zu legen. Schon das alte Universitätsideal selbstreferentiellen Wissens und umfassender Persönlichkeitsprägung zehrte davon. Von einer Bildung also, die zu selbstkritischem Denken führt, weil eine Gesellschaft, die zu solchen kreativen Orientierungs-, Korrektur- und Reparaturleistungen nicht mehr fähig ist, zum Untergang verurteilt ist und moralisch verwahrlost. Der Erzieherberuf: Eltern, Lehrer, Seelsorger, müsste darum, wie gerade auch Neurowissenschaftler wie Singer und Spitzer anmahnen, der gesellschaftlich am meisten wertgeschätzte und auch bestbezahlte Beruf sein. Das flapsige Sprichwort, dass eine Gesellschaft die Menschen hat, die sie verdient, trifft vermutlich den Kern. Würden solche kognitions- und neurowissenschaftlichen Einsichten beherzigt, würden viele Erziehungs-, Schul- und Bildungsreformen informierter und weitblickender gehandhabt. Etwa was die Frage betrifft, mit welchen Inhalten man welche Unterrichtsjahrgänge konfrontiert; mit welchen Medien, Materialien, Methoden etc. welche Lernprozesse optimiert werden; allgemein: was man tun muss, damit Wissen nicht lediglich zu Information und Bildung nicht lediglich zu Ausbildung verkommt.

8.

Freiheitsräume und Toleranz ^

[36]
Es hat nicht jeder Mensch denselben Freiheitsspielraum sich selbst und den eigenen Anlagen gegenüber. Es gibt Menschen, die sind so, wie sie sind. Daran ändert niemand etwas. Es gibt aber auch Menschen, die eine faszinierende Freiheit ausstrahlen und anderen einräumen. Wie wohltuend und befreiend es ist, solchen Menschen zu begegnen, weiß jeder aus Erfahrung. Immer aber wird der Raum der Freiheit bzw. der Grad des reflexiven Freiheitsspielraums bei jedem Menschen anders abgesteckt sein. Darum gibt es so viele Freiheiten, wie es freie Menschen gibt. Freiheit ist persönlich und von ihrer Umwelt abhängig wie das personale Leben auch. Wenn Freiheit persönlich ist, ist sie keine feststehende Größe, sondern eher eine lebendige Qualität. Darum unterscheidet sich meine Freiheit von der Freiheit meiner Mitmenschen, und gibt es nicht die eine rechtmäßige Freiheit, sondern immer die vielen individuellen Freiheiten der einzelnen Menschen.
[37]
Mit Freiheit wird man nicht geboren. Freiheit kann man auch nicht normieren, sondern die freiheitlichen Möglichkeiten, die man hat, werden einem aufgetan oder verschlossen. Man kann den Raum der Freiheit auch verlieren. Das kann ganz unvermerkt geschehen, indem jemand in eine Abhängigkeit oder Sucht hineinschlittert. Die Palette reicht hier vom harmlosen Spleen bis zu Fällen pathologischer Zwänge und Täterprofile, vor denen wir erschrecken. Psychopathologie, klinische Psychiatrie und Strafrecht wissen davon zu berichten. Solche Menschen konnten tatsächlich nicht anders handeln, als sie gehandelt haben, weil die Umstände so waren, wie sie waren, und ihnen keine andere Wahl ließen. Die wenigsten Fälle sind therapierbar. Spätestens hier müssen wir unsere eingespielten Sinngebungen von Rechtsprechung, Gefängnis und Freiheitsentzug neu überdenken.47 Jedenfalls erfüllen sie in solchen Fällen nicht mehr den ideellen Zweck gerechter Strafe, Wiedergutmachung und Besserung. Denn die Zuschreibung persönlicher Schuld ist hier ja gerade nicht (mehr) gegeben, ebenso ist die freiheitliche Möglichkeit einer Verhaltensänderung durch Einsicht oder Reue ja gerade ausgeschlossen. Das schließt den Gedanken der Besserung nicht ganz aus, und dort, wo er möglich ist, sollte alles dafür getan werden. Umgekehrt hat die Gesellschaft das Recht, Vergehen gegen gesellschaftliche und moralische Normen zu ahnden. Aber im Fall jemand nicht frei handelte, sondern von der eigenen Persönlichkeitsstruktur und deren augenblicklichen Motiven gelenkt war, ist auf Schuld und Vergeltung zu verzichten. Es geht dann allein noch um die pragmatische Sicherheitsverwahrung, um die Gesellschaft vor solchen Personen zu schützen. Diese selber sind schuldunfähig.
[38]
Solche Fälle unentrinnbarer Determination verführt viele dazu, Freiheit zu leugnen. Zwingend dagegen ist ein anderer Rückschluss, nämlich dass wir zu einem humaneren Umgang mit solchen abnormen Verhaltensweisen finden müssen, und, was den Normalbereich in Alltag und Leben betrifft, zu größerer Toleranz und Empathie im zwischenmenschlichen Bereich. Wir sind frei. Zugleich wissen wir um die Grenzen unserer Freiheit. Diese haben mit den Prägungen unseres biographischen Ichs und dessen kognitiven, emotionalen und volitiven Möglichkeiten zu tun, gleich ob diese nun sozial oder genetisch veranlasst sind. Weit voraus blickend formulierte Aristoteles in der Nikomachischen Ethik, dem ersten systematischen Ethikentwurf im abendländischen Europa, drei Freiheitserfordernisse: erstens, so Aristoteles, ist im Begriff des Handelns angelegt, so oder anders handeln zu können; zweitens kann sich dieses Andershandelnkönnen nicht auf Unmögliches beziehen; und deshalb ist drittens dem Handelnden nur das zurechenbar, was seiner Entscheidung wirklich offensteht und von ihm geleistet werden kann.48
[39]
Freiheit zeigt sich hier als die Macht, dass wir das eigene Wünschen und Wollen kontrollieren können, selbst wenn diese Wünsche noch so intensiv empfunden werden. Unsere Wünsche sind so, wie sie sind. Auch können wir unseren Charakter nicht augenblicklich ändern. Von Freiheit das zu verlangen, wäre albern. Bedingte Freiheit meint das aber auch gar nicht. Ihr geht es darum, dass freie Personen in der Lage sein müssen, selbst zu bestimmen, was aus ihren Wünschen und Präferenzen wird bzw. ob diese handlungswirksam werden sollen oder nicht.49 Max Scheler brachte das auf den Punkt, wenn er sagt, der Mensch ist das Wesen, das auch ‚Nein‘ sagen kann. Nur wer diese Suspensionsfähigkeit, zu bestimmen, ob, wie und welche der eigenen Präferenzen und anliegenden Entscheidungen handlungswirksam werden, aufgibt, der hat Freiheit aufgegeben.

9.

Existentielle Freiheit ^

[40]
Gewöhnlich wird nur die Jubelseite des Begriffs ‚Freiheit‘ bedacht, in der Anthropologie ebenso wie in der Geschichtsphilosophie. Neuzeit und Aufklärung waren geradezu beflügelt von der Idee des Menschen als eines freien Vernunftsubjekts, und Goethes „edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ klang wie die Losung des selbstgewissen Bildungshumanismus, der die menschliche Freiheitsgeschichte als ungebrochene Fortschrittsgeschichte (Hegel) idealisierte. An einen solchen Geschichtsoptimismus glaubt heute niemand mehr. Nicht nach den Erfahrungen zweier Weltkriege und des Holocaust, der neben der Theodizee noch mehr die Frage der Anthropodizee aufwirft.50 Sicher, der Mensch entwickelte die wunderbare Vielfalt symbolerschlossener Sinn- und Bedeutungswelten. Den unabgeschlossenen Plural seiner Religionen und Kulturen, seiner Erfindungen und Entdeckungen. Er gründete Staaten, schuf Musik, erforschte das Atom, entwickelte Wissenschaft und Technik. Er flog zum Mond, und entfaltete die unabsehbare Komplexität menschlicher Wissenschaft, Kunst und Religion. Dieser Lebensplural ist faszinierend, aber ambivalent. Heute im 21. Jahrhundert kann der Mensch in Form der Atombombe die Erde zerstören, vermittels Genschere in den Code des Lebens eingreifen, durch KI-basierte Technik das eigene Menschsein optimieren und zeitnah selbstlernende autonome Systeme herstellen, die dem Menschen in jeder Hinsicht überlegen sind und die ihm möglicherweise helfen, die anthropozänen Überlebensprobleme: Klima, Biokapazität, Regulierung der Überbevölkerung (Wackernagel, Beyers: Earth Overshoot Day) etc. zu regeln, die er selbst nicht mehr kontrollieren kann.51
[41]
Ein prinzipielles Problem taucht hier auf. In naher Zukunft wird es in Form diverser Human Enhancements nicht nur den optimierten Menschen 2.0 bzw. x.0 (Kurzweil) geben, sondern die beschleunigte KI-Entwicklung wird uns schließlich mit Formen ‚Künstlicher Freiheit‘ konfrontieren. Die ganze Literatur von Trans- und Posthumanismus, das ist die Epoche, die vermutlich nach der Moderne kommt, beschäftigt sich damit.52 Im Augenblick ist es noch schwer vorstellbar, dass KI einen freien Willen oder Bewusstsein entwickelt, es spricht aber prinzipiell nichts dagegen und wird in Fachkreisen ernsthaft diskutiert.53 Sinnvollerweise setzt sich die Rechtsprechung schon heute mit der Frage auseinander, wer im Fall fehlerhaften Verhaltens schuld sei: der Hersteller, der Benutzer oder das autonome System, dem der Fehler unterlief.54 Dass nicht human basierte Freiheitlichkeiten möglich sind, nehmen wir schon im Fall außerirdischer Intelligenz an, von denen die Exobiologie als hochwahrscheinlich ausgeht.55 Aber welche Freiheitsrechte gewähren wir starken KI-Systemen? Dürfen wir sie einfach benutzen wie eine Sache, und, was mindestens ebenso wichtig ist, welche Rechte räumt umgekehrt eine solche Superintelligenz (Bostrom) uns Humanen ein. Die Unsicherheit, die uns hier befällt, zeigt, dass unsere anthropozentrischen Rechts- und Moralvorstellungen diesen neuen Realitäten vermutlich nicht mehr gewachsen sind.56
[42]
Die Situation ist zynisch, zeigt aber, wo wir augenblicklich stehen. Freiheit erweist sich hier als Pandorageschenk der Götter. Noch nie zuvor hat der Mensch so viel wissenschaftlich gewusst, noch nie hat er so viel technisch gekonnt, und noch nie war er existentiell so ratlos und sich seiner Geworfenheit bewusst wie heute. Der Riss reicht in das Innere des Menschen selbst hinein. Nach wie vor ist der Mensch das unsichere Tier, zwischen tausend Möglichkeiten gestellt, hohe und niedere, sinnvolle und absurde. Freiheit bedeutet irren können, und irren können bedeutet abgrundtief scheitern können, selbst mit dem, was wir nach bestem Wissen und Gewissen angestrebt haben. Die tragische Seite des Menschen zeigt sich hier. Freiheit muss wählen, sie kann aber immer nur eines wählen und muss alles andere verwerfen. Sie weiß weder, was aus dem Gewählten werden wird, noch, was aus dem Nichtgewählten hätte werden können. Wie viel schon wäre an Glück gewonnen und an Leid vermieden worden, hätte man gewusst, was kommt und was wirklich richtig ist. Ganze Geschichtstragödien und enttäuschte Biographien wären unterblieben. Freiheit macht sich, wie Martin Heidegger sagt, immer schuldig: am Gewählten, das gezwungen wird zu sein, und noch mehr am Nichtgewählten, das nicht sein darf.57 Der Hinweis, dass wir kontingent sind, und Kontingenz bedeutet, dass nichts notwendig geschieht, sondern alles auch immer anders sein könnte, tröstet hier nicht. Freiheit, so kreativ sie ist und so wenig wir von ihr lassen können, ist darum stets mit der Sorge belastet, ob die eigenen Pläne gelingen, die Kräfte reichen und das Tun überhaupt einen Sinn hat.
[43]
Freiheit beflügelt. Sie ist kreativ, schöpferisch und phantasievoll, und ohne sie gäbe es nicht des Menschen Werk in Wissenschaft, Kultur und Kunst. Ja, alles ja! Aber kann sich Freiheit ihrer sicher sein? „Windhauch und Luftgespinst“ sei alles, argwöhnte der Skeptiker der Bibel, Kohelet. Noch rauer spricht die Moderne von allem, was menschliche Freiheit vermag und in die Welt brachte. Denn bei allem Wahren, Schönen und Bleibenden ist immer die andere Möglichkeit genauso real: das Absurde, Abstürzende und Nichtige. Die moderne Existenzphilosophie reflektiert es, und noch mehr die Kunst. Beides Seismographen für die Risse, die durch unser Bewusstsein laufen. Die absurde Freiheit wird gemalt, sie wird verfilmt, getanzt und vertont, bei Camus, Sartre, Beckett und Salonen.58 Alles Revolten gegen die ständige Sorge und Angst, dass alles freiheitliche Tun und Streben vergeblich sein könnte, umsonst, und nichts davon bleibt, sondern sich in den universellen Tod hinein verliert. „Das ewige Schweigen dieser unendlichen Räume erschreckt mich“, empfand Pascal die fraglich gewordene Positionierung des Menschen im Universum.59 „Viel des Unheimlichen (deinos) gibt es, doch nichts ist unheimlicher als der Mensch, er jagt über das graue Meer“, lesen wir bei Sophokles.60 ‚Deinos‘ ist der Mensch sich selbst, gewaltig, unheimlich und rätselhaft. Wahrheit und Irrtum gleichermaßen ausgesetzt. Ins Dasein geworfen, ohne dass er gefragt wurde, und sich des eigenen Todes bewusst, ohne dass er ihm entrinnen könnte.
[44]
Wagte die Natur nicht zu viel, fragte Herder, der große Aufklärer und Menschenerzieher, insofern sie Freiheit und Vernunft „einer so schwachen, vielfachgemischten Erdorganisation, als der Mensch ist, anvertraute?“61 Das erinnert an das biblische „Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch“, strecke „deine Hände aus, nach dem, was dir gefällt.“62 Größe und Elend menschlicher Freiheit sind hier zusammengefasst. Der Mensch kann sich zum heiligmäßigen Menschen erheben, aber auch zum Untier werden, darin besteht der Radius seiner Freiheit, die ihm eröffnet, aber auch zugemutet ist. Radikal bleibt auch hier das Bild vom Menschen. Freiheit ist keine billige Freiheit, sie ist eine angeforderte und angefochtene Freiheit. Der Mensch ist seiner Freiheit ausgesetzt. Er ist zwischen Gegensätze gestellt, und es liegt an ihm, welche Richtung er seinem Leben gibt, wer er sein will und was er aus sich macht. Er muss wählen zwischen Liebe und Hass, Sinn und Absurdität, Leben und Selbstmord. Verständlich, dass hier viele Menschen ausweichen und sich in den gewöhnlichen Alltag flüchten oder mit gesteigerten Events ihre Freiheit betäuben.
[45]
Viele können mit Freiheit wenig anfangen. Sie wünschten sich mehr Sicherheit, für sich und für die Gesellschaft, die sich oft grässlich genug an Freiheit verging. Wozu also gibt es Freiheit? Ist sie die Sache wert? Die Sache des Menschen, seiner Leiden und seiner Verbrechen. Sicher, man darf das Schöne nicht vergessen, aber wie sieht die Gesamtbilanz menschlicher Freiheit aus? Und warum ‚diese‘ Freiheit? Es wären auch andere Typen von Freiheit möglich gewesen. Etwa eine Freiheit, die nur zwischen lauter guten Dingen entscheiden kann. Oder eine Freiheit, die mit sicherem Vorauswissen gepaart ist und mit der Garantie des Guten. Diese Freiheiten böten auch alle Möglichkeiten freier Entfaltung, Freude und Selbstverwirklichung. Aber wären wir mit einer solchen Freiheit zufrieden, in der es im buchstäblichen Sinn des Wortes um nichts mehr geht? Man könnte wählen, was man will, aber davon hinge nichts ab, weder für unser Wohl und Wehe noch für das der anderen. So gäbe es zwar kein Risiko, aber eben auch keine Verantwortung mehr. Wir müssten um nichts mehr kämpfen, denn alles wäre schon in Ordnung. Es bräuchte keine Ideale und keine Utopien mehr, es gäbe keine wirklichen Herausforderungen, um die Welt ein wenig ‚menschenfreundlicher‘ zu machen, wie Hildegard von Bingen so treffsicher den angeforderten Kern menschlicher Freiheit charakterisierte. Trotzdem bleibt der Stachel. Warum kann Freiheit so tragisch scheitern. Warum so abgrundtief dem Bösen und Verbrecherischen verfallen. Diese Fratzenhaftigkeit menschlicher Freiheit macht sie so fraglich. Es war nie leicht, frei zu sein.
[46]
Vielleicht bleibt nur der Weg, den Kant genauso wie die Religion weist, nicht als Lösung, aber als Hoffnung. Um das Projekt menschlicher Freiheit nicht nur der Vergeblichkeit preiszugeben, stellte Kant die berühmten drei Postulate praktischer Vernunft auf: Freiheit, Gott und Unsterblichkeit.63 Im ersten Anlauf mag unser modernes Bewusstsein von solcher Direktheit irritiert sein, aber im Grunde erhoffen wir genau das: Freiheit muss sein, damit der Mensch selbstbestimmt und verantwortlich wählen kann; Gott muss sein, weil nur er eine ausgleichende Gerechtigkeit herstellen kann; und Unsterblichkeit muss sein, damit der Mensch dieses jenseitigen Ausgleichs zwischen getanem Guten und erlittenem Bösen teilhaftig wird. Um im Bild zu bleiben, wäre Freiheit nur dann nicht Windhauch oder Hirngespinst, sie führte eine letztgültige Ernsthaftigkeit mit sich, genauso die Hoffnung, dass menschliche Freiheit selbst einmal von ihren eigenen Defiziten ‚befreit‘ wird. Wir wissen es nicht. Aber vielleicht ist es so.
  1. 1 Friedrich Hermanni, Peter Koslowski (Hg.), Der freie Wille und der unfreie Wille, München 2004.- Julian Nida-Rümelin, Über menschliche Freiheit, Stuttgart 2005.- Geert Keil, Willensfreiheit und Determinismus, Stuttgart 2018.
  2. 2 Jaap Mansfeld, Vorsokratiker. Auswahl der Fragmente, Bd. 2, Stuttgart 2000, 230-245.
  3. 3 Julien Offray de La Mettrie, L‘homme machine, Hamburg 1990.
  4. 4 Christian Geyer (Hg.), Hirnforschung und Willensfreiheit. Zur Deutung der neuesten Experimente, Frankfurt 2004.- Gerhard Roth, Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten. Warum es so schwierig ist, sich und andere zu ändern, Stuttgart 2008.- Heiko Luhmann, Alles Einbildung! Was unser Gehirn tatsächlich wahrnimmt, Darmstadt 2013.
  5. 5 Wolf Singer, Auf dem Weg nach innen. 50 Jahre Hirnforschung in der Max Planck-Gesellschaft, und: Das Jahrzehnt des Gehirns, beide in: Ders., Der Beobachter im Gehirn. Essays zur Hirnforschung, Frankfurt 2002, 9-33 und 34-42.
  6. 6 Hans Lenk, Hans Poser (Hg.), Neue Realitäten – Herausforderungen der Philosophie, Berlin 1995.- Christoph S. Hermann, Michael Pauen, Jochem W. Rieger, Silke Schicktanz (Hg.), Bewusstsein. Philosophie, Neurowissenschaften, Ethik, München 2005.
  7. 7 Wolf Singer, Vom Gehirn zum Bewusstsein, in: Ders., Der Beobachter im Gehirn (s. Anm. 5), 60-76.- Gerhard Roth, Worüber Hirnforscher reden dürfen – und in welcher Weise?, in: Hans-Peter Krüger (Hg.), Hirn als Subjekt? Philosophische Grenzfragen der Neurobiologie, Berlin 2007, 27-39.
  8. 8 Jürgen Habermas, Freiheit und Determination, in: Krüger, Hirn als Subjekt? (s. Anm. 7), 101-120.
  9. 9 Hans Jonas, Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation, Frankfurt 1979.
  10. 10 Johannes Wessels u.a., Strafrecht. Allgemeiner Teil, Heidelberg 2002, 125.
  11. 11 Katechismus der Katholischen Kirche, München 1993, Nr. 355-357.- Wolfhart Pannenberg, Anthropologie in theologischer Perspektive, Göttingen 1993.
  12. 12 Jürgen Habermas, Zwischen Naturalismus und Religion. Philosophische Aufsätze, Frankfurt 2005, 106-154.
  13. 13 Jürgen Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 1, Frankfurt 1988, 25-71.
  14. 14 Joseph Ratzinger. Papst Benedikt XVI., Einführung in das Christentum. Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis, in: Gerhard Ludwig Müller (Hg.), Joseph Ratzinger. Gesammelte Schriften, Bd. 4, Freiburg, Basel, Wien 2014, 29-322, hier: 54-89.
  15. 15 Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (Werkausgabe, hg. v. Wilhelm Weischedel, Bd. VII), Frankfurt 1974, BA 100.
  16. 16 Hans Lenk, Art.: Handlungstheorie, in: Helmut Seiffert, Gerard Radnitzky (Hg.), Handlexikon zur Wissenschaftstheorie, München 1989, 119-127.
  17. 17 Peter Strawson, Freiheit und Übelnehmen, in: Ulrich Pothast (Hg.), Seminar: Freies Handeln und Determinismus, Frankfurt 1978, 201-233.
  18. 18 Michael Pauen, Freiheit. Eine Minimalkonzeption, in: Hermanni, Koslowski, Der freie Wille und der unfreie Wille (s. Anm. 1), 79-112.
  19. 19 Aristoteles, Nikomachische Ethik III 1113 a.- Kungfuste, Gespräche. Lun Yü, übers. u. hg. v. Richard Wilhelm, München 2000.
  20. 20 Habermas, Freiheit und Determination, in: Krüger, Hirn als Subjekt? (s. Anm. 7), 101-120, hier: 107.
  21. 21 Ernst Tugendhat, Der Begriff der Willensfreiheit, in: Konrad Cramer u.a. (Hg.), Theorie der Subjektivität, Frankfurt 1987, 373-393.- David Davidson, Handlungsfreiheit, in: Ders., Handlung und Ereignis, Frankfurt 1985, 99-124.
  22. 22 Hans Albert, Traktat über kritische Vernunft, Tübingen 1991, 9-66.
  23. 23 Hans Flohr, Der Raum der Gründe, in: Krüger, Hirn als Subjekt? (s. Anm. 7), 165-170.
  24. 24 Klaus-Jürgen Grün, Die Sinnlosigkeit eines kompatibilistischen Freiheitsbegriffs, in: Gerhard Roth, Klaus-Jürgen Grün (Hg.), Das Gehirn und seine Freiheit. Beiträge zur neurowissenschaftlichen Grundlegung der Philosophie, Göttingen 2009, 89-105.
  25. 25 Geert Keil, Willensfreiheit, Berlin, New York 2007, 50-117.- Ansgar Beckermann, Gehirn, Ich, Freiheit. Neurowissenschaften und Menschenbild, Paderborn 2008, 87-121.
  26. 26 Bernulf Kanitscheider, Von der mechanistischen Welt zum kreativen Universum. Zu einem neuen philosophischen Verständnis der Natur, Darmstadt 1993, 201f.- Dazu: Gerhard Roth, Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Frankfurt 2001, 427-457.
  27. 27 Peter van Inwagen, Free Will Remains a Mystery, in: Philosophical Perspectives 14 (2000) 1-19.- Robert Kane (Hg.), The Oxford Handbook of Free Will, Oxford 2002.
  28. 28 Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft (Werkausgabe, hg. v. Wilhelm Weischedel, Bd. III), Frankfurt 1990, B 561.
  29. 29 Günter Rager (Hg.), Ich und mein Gehirn. Persönliches Erleben, verantwortetes Handeln und objektive Wissenschaft, München 2000.- Kristian Köchy, Dirk Stederoth (Hg.), Willensfreiheit als interdisziplinäres Problem, Freiburg 2006.- Bettina Walde, Was ist Willensfreiheit? Freiheitskonzepte zwischen Determinismus und Indeterminismus, in: Helmut Fink, Rainer Rosenzweig (Hg.), Freier Wille – frommer Wunsch? Gehirn und Willensfreiheit, Paderborn 2006, 91–115. Alfred R. Mele, Willensfreiheit und Wissenschaft. Ein Dialog, Berlin 2017.
  30. 30 Peter L. Berger, Thomas Luckmann, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie, Frankfurt 2004.
  31. 31 Arthur Schopenhauer, Über die Freiheit des Willens, Zürich 1977, 60 u.138.
  32. 32 Peter Bieri, Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens, Frankfurt 2006, 230-279.
  33. 33 Colin McGinn, Können wir das ‚Leib-Seele-Problem‘ lösen?, in: Thomas Metzinger (Hg.), Grundkurs Philosophie des Geistes, Bd. 2: Das Leib-Seele-Problem, Paderborn 2007, 464-488.- Peter Bieri, Was macht Bewusstsein zu einem Rätsel?, in: Thomas Metzinger (Hg.), Grundkurs Philosophie des Geistes, Bd. 1: Phänomenales Bewusstsein, Paderborn 2006, 36-54.
  34. 34 Hans Flohr, Die physiologischen Grundlagen des Bewusstseins, in: Thomas Elbert, Nils-Peter Birbaumer (Hg.), Enzyklopädie der Psychologie. Themenbereich C: Theorie und Forschung. Serie I: Biologische Psychologie, Bd. 6, Biologische Grundlagen der Psychologie, Göttingen u.a. 1996, 35-86.
  35. 35 Wolf Singer, Wann und warum erscheinen uns Entscheidungen als frei?, in: Krüger, Hirn als Subjekt? (s. Anm. 7), 187-193.
  36. 36 Wolfgang Prinz, Freiheit oder Wissenschaft, in: Mario v. Cranach, Klaus Foppa (Hg.), Freiheit des Entscheidens und Handelns. Ein Problem der nomologischen Psychologie, Heidelberg 1996, 86-103.
  37. 37 Gerhard Roth, Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen, Frankfurt 1997, 178-212.- Gerhard Roth, Geist ohne Gehirn? Hirnforschung und das Selbstverständnis des Menschen, in: Forschung und Lehre 5 (2000) 249-251.
  38. 38 Wolf Singer, Selbsterfahrung und neurobiologische Fremdbeschreibung. Zwei konfliktträchtige Erkenntnisquellen, in: Krüger, Hirn als Subjekt? (s. Anm. 7), 39-59, hier: 57f.
  39. 39 Immanuel Kant, Über Pädagogik (Werkausgabe, hg. v. Wilhelm Weischedel, Bd. VI), Frankfurt 1998, 699.
  40. 40 Max Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos, Bern 1978. – Wolfhart Pannenberg, Was ist der Mensch?, Göttingen 1995, 5-13.- Jürgen Habermas, Auch eine Geschichte der Philosophie, Bd. 1, Frankfurt 2019, 249-255.
  41. 41 Donald Campbell, Art.: Erkenntnistheorie, evolutionäre, in: Seiffert, Radnitzky, Handlexikon zur Wissenschaftstheorie (s. Anm. 16), 61-67.- Karl Popper, Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf, Hamburg 1984.
  42. 42 Wolf Singer, Für und wider die Natur. Was weiß die Wissenschaft und was darf sie wissen?, in: Ders., Der Beobachter im Gehirn (s. Anm. 5), 189-199.
  43. 43 Gerhard Roth, Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten, Stuttgart 2008.- Thomas Goschke, Der bedingte Wille. Willensfreiheit und Selbststeuerung aus der Sicht der kognitiven Neurowissenschaften, in: Roth, Grün, Das Gehirn und seine Freiheit (s. Anm. 24), 107-156.
  44. 44 Wolf Singer, Ein neues Menschenbild? Gespräche über Hirnforschung, Frankfurt 2003, 97-119.- Manfred Spitzer, Medizin für die Bildung. Ein Weg aus der Krise, Heidelberg 2010.
  45. 45 Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung (Gesamtausgabe Bd. 5), Frankfurt 2016, 1.
  46. 46 Wolf Singer, In der Bildung gilt, je früher, desto besser, in: Ders., Ein neues Menschenbild (s. Anm. 44), 110-119, hier: 115.
  47. 47 Gerhard Roth, Willensfreiheit und Schuldfähigkeit aus Sicht der Hirnforschung, in: Roth, Grün, Das Gehirn und seine Freiheit (s. Anm. 24), 9-27.- Stephan Barton (Hg.), ‚… weil er für die Allgemeinheit gefährlich ist!‘ Prognosegutachten, Neurobiologie, Sicherheitsverwahrung, Baden-Baden 2006.- Thomas Stompe, Hans Schanda (Hg.), Der freie Wille und die Schuldfähigkeit in Recht, Psychiatrie und Neurowissenschaften, Berlin 2010.
  48. 48 Aristoteles, Nikomachische Ethik III 1112 b – 1114 a.
  49. 49 Ernst Tugendhat, Willensfreiheit und Determinismus, in: Konrad Paul Liessmann (Hg.), Die Freiheit des Denkens, Wien 2007, 45-67.- Keil, Willensfreiheit und Determinismus (s. Anm. 1), 132-146.
  50. 50 Johann Baptist Metz, Auschwitz: Unverzichtbarer Ortstermin einer christlichen Gottesrede, in: Papst Benedikt XVI., Wo war Gott? Die Rede in Auschwitz, Freiburg, Basel, Wien 2006, 41-59.
  51. 51 Paul Joseph Crutzen u.a., Das Raumschiff Erde hat keinen Notausgang. Energie und Politik im Anthropozän, Berlin 2011.- Harald Lesch, Klaus Kamphausen, Die Menschheit schafft sich selbst ab. Die Erde im Griff des Anthropozän, München 2017.- Mathis Wackernagel, Bert Beyers, Footprint. Die Welt neue vermessen, Hamburg 2016.
  52. 52 Janina Loh, Trans- und Posthumanismus. Zur Einführung, Hamburg 2018.
  53. 53 Stanislas Dehaene u.a., What is Consciousness, and could Machines have it?, in: Science 358 (2018) 486-492.- Klaus Mainzer, Künstliche Intelligenz. Wann übernehmen die Maschinen?, Berlin 2019.
  54. 54 Erik Hilgendorf, Maschinen in der Verantwortung? Zur Haftung von Fehlern autonomer Systeme, in: Forschung und Lehre 25 (2018) 280f.- Allgemein: Forschungsstelle Robotrecht: Juristische Fakultät der Universität Würzburg.
  55. 55 Tobias Daniel Wabbel (Hg.), Leben im All. Positionen aus Naturwissenschaft, Philosophie und Theologie, Düsseldorf 2005.
  56. 56 Ray Kurzweil, Menschheit 2.0. Die Singularität naht, Berlin 2013.- Nick Bostrom, Die Zukunft der Menschheit. Aufsätze, Berlin 2018, 1-45.
  57. 57 Martin Heidegger, Sein und Zeit (Gesamtausgabe Bd. 2), Frankfurt 1977, 240-305.
  58. 58 Albert Camus, Eine absurde Betrachtung, in: Ders., Der Mythos des Sisyphos, Reinbek 2020.
  59. 59 Blaise Pascal, Gedanken (Pensées), hg. v. Rüttenauer, Birsfelden, Basel, ohne Jahreszahl, Nr. 314.
  60. 60 Sophokles, Antigone V 332ff.
  61. 61 Johann Gottfried Herder, Werke in fünf Bänden, Bd. 2, Berlin 1982, 64.
  62. 62 Dtn 30,19; Jesus Sirach 15,16.
  63. 63 Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft (Werkausgabe, hg. v. Wilhelm Weischedel, Bd. VII), Frankfurt 1968, A 238f.

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