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Zweisprachige Ortstafeln und andere Visualisierungen mehrfacher raumbezogener Identitäten

  • Author: Peter Jordan
  • Category of articles: Legal Visualisation
  • Field of law: Legal Visualisation
  • Collection: Festschrift-Lachmeyer-2023
  • DOI: 10.38023/695aa33b-9ff3-4f9d-8d4c-7c83a2b200dc
  • Citation: Peter Jordan, Zweisprachige Ortstafeln und andere Visualisierungen mehrfacher raumbezogener Identitäten, in: Jusletter IT 29 June 2023
With regard to the protection and care of ethnic and linguistic minorities, aren’t issues such as teaching the minority language or the possibility of using this language in court and in offices more important than bilingual town signs? Why do they so often spark conflicts over ethnic and linguistic minorities? The article pursues these questions by first going into general terms about the importance of geographic names for the connection between people and space, about their special significance for linguistic minorities and finally about the obviously outstanding effect of the visualization of minority names on town signs and the reasons for this in comparison with other visualizations of multiple spatial identities in public space, on maps and in texts.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Vorwort
  • 2. Einleitung
  • 2.1. Rechtliche Regelungen
  • 2.2. Expertengremien
  • 2.3. Ziele dieses Beitrags
  • 3. Rollen geographischer Namen als Mittler zwischen Mensch und Raum
  • 3.1. Sie betonen räumliche Merkmale, die einer Gemeinschaft als wichtig erscheinen
  • 3.2. Geographische Namen markieren das Territorium einer Gemeinschaft
  • 3.3. Geographische Namen ermöglichen Kommunikation über raumbezogene Begriffssysteme
  • 3.4. Geographische Namen unterstützen die emotionale Bindung zwischen Mensch und Raum und fördern damit die Bildung raumbezogener Identität
  • 4. Über die besondere Bedeutung einiger dieser Rollen für sprachliche Minderheiten
  • 5. Ortstafeln als Visualisierungen raumbezogener Identität mit der stärksten symbolischen Wirkung
  • 5.1. Andere Visualisierungsformen geographischer Namen
  • 6. Schluss
  • 7. Quellen

1.

Vorwort ^

[1]

Visualisierungen führten Friedrich Lachmayer und mich zusammen. Als Dissertant der Kartographie über das Thema „Das Problem der internationalen Signaturenvereinheitlichung in der Kartographie“, bei dem es um die Visualisierung raumbezogener Objekte in Karten ging, engagierte er mich in den späteren 1970er Jahren als ausführenden Graphiker seiner Funktionsschemata zur österreichischen Verfassungsgeschichte (Brauneder & Lachmayer 1976). Die fast wöchentlichen Besprechungen über Jahre hinweg konzentrierten sich nicht nur auf die engere Aufgabe, sondern schweiften oft weit in die Semiotik ab und unterstützten mich so auch bei meiner Dissertation. Es war aber nicht nur fachliche Unterstützung, sondern auch Aufmunterung und Ermutigung, die er mir während einer langwierigen Dissertationsphase durch sein außergewöhnliches menschliches Einfühlungsvermögen angedeihen ließ. Die Syntax seiner Funktionsschemata wandte ich später auch in eigenen politisch-geographischen Arbeiten an, z.B. Jordan 2010, 2021. Seine Fähigkeit, komplexe Sachverhalte in eine einfache und wohl gerade deshalb eindrucksvolle Bildsprache zu übersetzen, bewundere ich seither auch in anderen Themenbereichen. Herzliche Glückwünsche zum 80. Geburtstag also von jemandem, der nicht im Rechtsbereich tätig ist, auf dessen eigene wissenschaftliche Tätigkeit aber die Systematik von Lachmayers Visualisierungen nachhaltigen Einfluss genommen hat.

2.

Einleitung ^

[2]

Geographische Namen, Toponyme oder Ortsnamen im Sinne von Eigennamen raumgebundener Objekte haben eine symbolische Wirkung wie Fahnen, Wappen und Logos und stehen oft auch im Mittelpunkt politischer Konflikte, obwohl sie zumeist nur Anzeiger von tiefer liegenden Konfliktgründen sind (siehe u.a. Eller, Hackl & Ľupták 2008, Horn 2004).

[3]

So ging es beim jahrzehntelangen Streit um die zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten im Grunde um die Frage der Anerkennung des Beitrags der Slowenen in Kärnten zur gemeinsamen Kärntner Landeskultur und damit um die Stellung der slowenischen Kultur als deren gleichrangiges und konstitutives Element (siehe dazu u.a. Hren & Pandel 2012; Hren 2022).

[4]

Dem Konflikt zwischen Japan und Korea, v.a. der Republik Korea (Südkorea), um die Benennung des Meeres zwischen dem asiatischen Festland und Japan, der im Jahr 2012 indirekt auch Österreich betraf1, liegt das Emanzipationsbedürfnis eines jungen Staates gegenüber der früheren Kolonial- und Hegemonialmacht im östlichen Asien und deren Weigerung, ihm nachzugeben, zugrunde.

[5]

Der Widerstand Griechenlands gegen die Bezeichnung Republik Makedonien für einen Nachfolgestaat Jugoslawiens lässt sich mit dem Anspruch Griechenlands erklären, der alleinige Erbe antiker griechischer Traditionen zu sein.

2.1.

Rechtliche Regelungen ^

[6]

Die administrativen Zuständigkeiten für geographische Namen sind wegen deren Symbolkraft zumeist auch genau geregelt. So sind in Österreich (wie in der Regel auch anderswo) die jeweiligen Besitzer zur Benennung ihres Hauses oder Anwesens berechtigt, legt die Gemeinde – mit der teilweisen Ausnahme von Minderheitennamen – die Namen von Siedlungen (Ortschaften und Ortschaftsbestandteilen) fest und ermitteln die Topographen des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen (BEV) den ortsüblichen Gebrauch von sogenannten „sonstigen geographischen Namen“, d.h. von Namen von Naturobjekten wie Gewässern und Bergen, aber auch von Fluren und Landschaften, und verzeichnen diese Namen dann in den amtlichen österreichischen Karten, wodurch sie den Status der Teilamtlichkeit erlangen. Die Festsetzung von Siedlungsnamen in Minderheitensprachen wurde – in der Absicht, sie dem lokalen Streit zu entziehen – in Österreich auch der Bundesgesetzgebung übertragen, ohne deshalb aber den Gemeinden das prinzipielle Recht zu nehmen, zusätzliche Siedlungsnamen in Minderheitensprachen für amtlich zu erklären. Andere Staaten haben auf die Namen ihrer ko-nationalen Minderheiten im Ausland2 oder darauf, welche Namen ein Land in seiner Sprache für geographische Objekte auf ihrem Territorium verwendet,3 keine rechtliche Einflussmöglichkeit. Geographische Namen sind ein Bereich nationaler Souveränität.

2.2.

Expertengremien ^

[7]

Abgesehen von rechtlichen Regelungen gibt es aber auch noch Expertengremien, die sich um die korrekte und wissenschaftlich fundierte Verwendung geographischer Namen bemühen. Sie können zwar Namen zumeist4 nicht dekretieren, haben jedoch eine empfehlende und beratende Stimme. Für Österreich ist das die Arbeitsgemeinschaft für Kartographische Ortsnamenkunde (AKO). Für einige österreichische Bundesländer fungieren Landesnomenklaturkommissionen, die in ihrem jeweiligen Land ähnlich wirken wie die AKO für ganz Österreich (siehe dazu AKO 2012b).

[8]

Der Ständige Ausschuss für Geographische Namen (StAGN) hat neben seiner Funktion eines Namengremiums für die Bundesrepublik Deutschland auch jene einer für die Standardisierung geographischer Namen zuständigen Koordinationsstelle im deutschen Sprachraum. Er setzt sich deshalb aus Vertretern Deutschlands, Österreichs, der Schweiz, Luxemburgs, Südtirols und der deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien zusammen.

[9]

Das weltweit höchstrangige Gremium dieser Art ist die Expertengruppe der Vereinten Nationen für Geographische Namen (United Nations Group of Experts on Geographical Names, UNGEGN), eine von neun aktiven permanenten Expertengruppen des Economic and Social Council (ECOSOC) der Vereinten Nationen, die nach den Usancen der Vereinten Nationen organisiert ist und die Standardisierung geographischer Namen auf internationaler Ebene betreibt. Dass die Vereinten Nationen seit 1972 eine derartige Expertengruppe unterhalten und schon seit 1967 Konferenzen zur Standardisierung geographischer Namen durchführen, zeigt, welche Bedeutung sie geographischen Namen zumessen und wie wichtig diese auch für das internationale Konfliktmanagement sind. Die UNGEGN gliedert sich in neun thematische Arbeitsgruppen und in 24 geographisch oder sprachlich definierte Abteilungen (siehe UNGEGN 2023). In ihnen sowie in Gesamtsitzungen werden Empfehlungen der Vereinten Nationen an ihre Mitgliedsländer ausgearbeitet, auf die sich nationale und regionale Standardisierungsgremien berufen können.

[10]

Die Existenz all dieser Gremien weist auf die politische und gesellschaftliche Bedeutung geographischer Namen hin. Sie zeigt auch, wie wichtig es politischen Instanzen ist, Kontrolle über geographische Namen auszuüben. Da geographische Namen raumbezogene Identität unterstützen und die wichtige, identitätsfördernde Beziehung zwischen soziokulturellen Gemeinschaften und Territorium verstärken, sind sie gerade auch für kulturelle Minderheiten von großer Bedeutung.

2.3.

Ziele dieses Beitrags ^

[11]

Dieser Beitrag wird zunächst der Frage nachgehen, warum geographischen Namen diese symbolische und identitätsstärkende Wirkung innewohnt, sodann die Rollen geographischer Namen als Mittler zwischen Mensch und Raum beschreiben und dabei jene Rollen hervorheben, die für sprachliche Minderheiten oder nicht-dominante Gruppen von besonderer Bedeutung sind, und schließlich zu begründen versuchen, warum die Visualisierung von geographischen Namen sprachlicher Minderheiten auf Ortstafeln von solch besonderer Bedeutung ist und sich deshalb Minderheitenkonflikte sehr oft an Ortstafeln entzünden.

[12]

Der Artikel versteht sich als ein Beitrag zur Kritischen Toponomastik im Sinne einer Sichtweise auf geographische Namen, die diese nicht nur als Elemente der Sprache, sondern auch als unter bestimmten historischen und politischen Bedingungen entstanden und von gesellschaftlichen Kräften gestaltet ansieht. Er beruht diesbezüglich auf den grundlegenden Werken von Yi-Fu Tuan (1977, 1990 [1974], 1991), Keith Basso (1988, 1996) und Botolv Helleland (2009) und führt die eigenen Arbeiten des Autors fort (Jordan 2009, 2012a, 2014, 2020).

3.

Rollen geographischer Namen als Mittler zwischen Mensch und Raum ^

[13]

Geographische Namen spielen in der Beziehung zwischen Mensch und Raum, Gemeinschaft und Territorium, im Wesentlichen vier Rollen:

3.1.

Sie betonen räumliche Merkmale, die einer Gemeinschaft als wichtig erscheinen ^

[14]

Geographische Namen beschreiben oft natürliche Merkmale des geographischen Raumes wie Lage, Relief, Gewässer und Wasserverhältnisse, Vegetation, Klima oder Bodenverhältnisse eines bestimmten Objekts. Überetsch oder Unterkärnten, Spitzegel oder Steinernes Meer, Suhi dol (‚trockenes Tal‘) oder Feuchte Ebene, Lesachtal (‚Waldtal‘) oder Ahornboden, Šotovento (auf der Kvarnerinsel Krk, aus ital. sotto vento, ‚unter dem Wind‘), Burgermoos sind dafür Beispiele.

[15]

Es werden aber auch historische oder heute weiterhin ausgeübte Funktionen eines Objekts im geographischen Raum aufgegriffen wie Brückenfunktionen (Innsbruck), Hafenfunktionen (Bremerhaven), Passfunktionen (Klausen), Grenz- oder Zollfunktionen (Mauthen, Hranice in Mähren [Morava]), Festungs-, Verwaltungs- oder Zentrenfunktionen (Salzburg, Bischoflack [Škofja Loka]) oder wirtschaftliche Funktionen (Salzkammergut, Eisenwurzen, Neumarkt).

[16]

Geographische Namen heben dabei hervor, was den Namengebern bedeutungsvoll erschien, vor deren kulturellem Hintergrund und angesichts ihrer Interessenslage wichtig war. Die Bedeutung dieser Merkmale kann sich mittlerweile geändert haben, und manche zur Namengebung herangezogene Merkmale können uns heute belanglos erscheinen. Man kann aber annehmen, dass kein Namengeber aus seiner Sicht Nebensächlichkeiten hervorgehoben hat und dass es zeitgenössisch durchwegs bedeutende oder auffällige Merkmale waren.

[17]

Allerdings sind für uns Heutige die Bedeutungen vieler Namen nicht mehr ohne weiteres erkennbar (‚transparent‘), weil geographische Namen relativ beharrende Elemente der Sprache sind und viele auch älteren Stadien der heute gesprochenen Sprache oder sogar anderen Sprachen, die am selben Ort einmal gesprochen wurden, entstammen.

[18]

Es spielen auch nur beschreibende oder deskriptive Namen diese Rolle, nicht aber Gedenknamen (nach Personen, Institutionen oder Ereignissen) oder neutrale Namen (nach Blumen, Tierarten, Planeten usw.) wie sie heute oft in städtischen Neubauvierteln für Straßen verwendet werden.

3.2.

Geographische Namen markieren das Territorium einer Gemeinschaft ^

[19]

Geographische Namen im Status von Endonymen (Namen, die von der örtlichen Gemeinschaft vergeben und/oder verwendet und akzeptiert werden) markieren das Territorium der eigenen Gemeinschaft visualisiert auf Tafeln im öffentlichen Raum oder in Karten. Diese Rolle ähnelt Fahnen, Wappen oder Logos, verleiht geographischen Namen unweigerlich eine politische, soziologische und rechtliche Dimension und macht sie zu einem potenziellen Konfliktherd (siehe Horn 2004; Eller et al. 2008).

[20]

Geographische Namen markieren die Territorien aller Ebenen und Maßstäbe menschlicher Gemeinschaften. Schon unser Arbeitsplatz ist zumeist durch den Namen auf einem Türschild gekennzeichnet. Es ist der Name einer Person, der in dieser Rolle die Eigenschaften eines geographischen Namens annimmt, weil er anzeigt, dass dies der Raum ist, in dem diese Person mehr Rechte (und Pflichten) hat als andere. Auf der nächsten Ebene menschlicher Gemeinschaften markiert eine Ortstafel eine Ortschaft. Wenn die Ortstafel zwei- oder mehrsprachig ist, vermittelt sie, dass nicht nur eine Identitätsgruppe ihre Identität auf diese Ortschaft bezieht.

[21]

Exonymen im Sinne von geographischen Namen, die nicht von der örtlichen Gemeinschaft, sondern von externen Gemeinschaften verwendet werden und sich vom Endonym unterscheiden, kommt diese Rolle nicht zu, obwohl sie ihnen manchmal zugeschrieben wird. Es ist aber wohl tatsächlich so, dass Exonyme manchmal dazu verwendet werden, Gebietsansprüche auszudrücken oder zumindest nostalgisch an frühere ‚Besitztümer‘ zu erinnern.

3.3.

Geographische Namen ermöglichen Kommunikation über raumbezogene Begriffssysteme ^

[22]

Jeder Begriff von einem geographischen Objekt im Sinne einer Teileinheit des geographischen Raumes ist ein gedankliches Konstrukt. Selbst scheinbar sehr markante und klar umgrenzte Objekte wie ein Berg oder eine Insel bedürfen der begrifflichen Definition und Abgrenzung. Besonders deutlich wird die aktiv raumstrukturierende Rolle des Menschen, seine raumbezogene Begriffsbildung bei Landschaften, Kulturregionen und sogenannten Großräumen – bei Raumbegriffen5 also, für die es kaum konkrete Anhaltspunkte wie Verwaltungsgrenzen, ‚natürliche‘ Grenzen in Form von Gebirgszügen oder Flussläufen gibt. Wo Europa endet, wo die Grenzen von Mitteleuropa liegen (siehe dazu Jordan 2005), wie weit das Salzkammergut oder das Joglland reichen, ist allein das Ergebnis einer Festlegung, einer Konvention. Raumbegriffe dieser Art werden zumeist auch unterschiedlich interpretiert, ihr Umfang ändert sich oft auch im Zeitverlauf.

[23]

Wir gliedern die komplexe räumliche Wirklichkeit also gedanklich in Begriffe, die (anders als bei ‚normalen‘ Wörtern einer Sprache) jeweils auch einem einzigen Objekt entsprechen, und ordnen diesen Begriffen geographische Namen zu. Ein Ausschnitt der räumlichen Wirklichkeit, der keinen eigenen Namen trägt, wird offensichtlich nicht als eigenes Objekt, sondern als Teil eines größeren wahrgenommen. Eine Bergkuppe ohne eigenen Namen gilt offenkundig nicht als eigenes Objekt, sondern als Teil des Berges. Geographische Namen ermöglichen es uns sodann, unser raumbezogenes Begriffssystem, unsere mentale Strukturierung des geographischen Raumes weiterzugeben, mit anderen zu teilen.

3.4.

Geographische Namen unterstützen die emotionale Bindung zwischen Mensch und Raum und fördern damit die Bildung raumbezogener Identität ^

[24]

Diese Rolle spielen geographische Namen in erster Linie für Menschen, die mit dem Ort, im weiteren Sinn: dem geographischen Objekt, vertraut sind; also erstens für Bewohner des Ortes, zweitens für dort Aufgewachsene, die später weggezogen sind, aber ihre Bindung zum Ort bewahrt haben und drittens für Auswärtige, die erst später eine Bindung zu diesem Ort gewonnen haben (z.B. häufige Urlauber). Wenn sie den Namen des Ortes hören oder lesen, tut sich für sie eine ganze Welt von Vorstellungen auf. Es erscheint nicht nur das Bild des Ortes vor ihrem geistigen Auge, sie erinnern sich auch an Personen, die sie dort kennen, an dort Erlebtes, sogar an Gerüche und Geräusche.

[25]

In zweiter Linie und wohl geringerer Intensität gilt das auch für Menschen, die einen Ort nicht aus eigener Anschauung kennen, sondern über ihn durch Bildung und Medien erfahren haben.

[26]

Die emotional bindende Wirkung von geographischen Namen zeigt sich besonders auch bei Auswanderern, die oft den Namen ihres Herkunftsortes in die neue Heimat ‚mitnehmen‘ – als letztes Band zur alten Heimat oder um sich die neue Umgebung vertrauter zu machen (siehe dazu z.B. Palagiano & Capuzzo 2021).

[27]

Geographische Namen tragen auf diese Weise dazu bei, raumbezogene Identitäten zu stärken, sowohl jene von Individuen als auch von Gemeinschaften. Dies ist wichtig, denn der Raumbezug ist neben kulturellen Merkmalen wie Sprache oder Religion ein wesentlicher Bestandteil der kulturellen Identität einer Gemeinschaft. Der durch die Elemente der Kultur einer Gemeinschaft (Religion, Sprache, Hausformen, Siedlungsweisen, Landnutzung u.a.) geprägte und in eine singuläre Kulturlandschaft verwandelte geographische Raum wirkt auf die Gemeinschaft, die ihn bewohnt, wieder zurück. Die eigene Kulturlandschaft erinnert ihre Bewohner so gut wie täglich an die Inhalte der eigenen Kultur (Tuan 1977, S. 183f). Sie vererbt sich auch – wohl doch immer wieder erneuert und verändert – von Generation zu Generation und vermittelt damit Inhalte der eigenen Kultur so ähnlich wie Erzählungen von Großeltern, Bücher oder historische Dokumentationen in den Medien. Sie spricht durch die Kombination visueller Eindrücke (u.a. Kirchen, Bildstöcke, Höfe, Landschaftsbilder, Ortsnamen, Aufschriften) mit Gerüchen (etwa dem typischen Geruch einer Bäckerei oder des Räucherns in ländlichen Gegenden) und Lauten (wie Kirchenglocken zu bestimmten Tageszeiten) auch alle Sinne an.

[28]

Wenn sich Bewohner für einige Zeit aus ihrer ‚eigenen‘ Kulturlandschaft (auch ‚Heimat‘ genannt) entfernen und dann wieder dorthin zurückkehren, erfasst sie spontan ein Gefühl der Vertrautheit und Sicherheit. Selbst ähnliche Landschaftsbilder, Vegetationsformen oder Gerüche anderswo können ein ‚heimatliches Gefühl‘, eine sentimentale Erinnerung an die ‚eigene‘ Kulturlandschaft aufkommen lassen. Nur wenige Menschen bleiben von solchen Gefühlen unberührt. Yi-Fu Tuan drückt diese Beziehung zwischen dem Menschen und ‚seiner‘ Kulturlandschaft, dieses Orts- oder Heimatgefühl, sehr treffend so aus:

„[Place] is made up of experiences, mostly fleeting and undramatic, repeated day after day and over the span of years. It is a unique blend of sights, sounds, and smells, a unique harmony of natural and artificial rhythms such as times of sunset, of work and play. The feel of a place is registered in one´s muscles and bones.” (Tuan 1977, S. 183f)

[29]

Geographische Namen sind jedenfalls auch ein Element dieser Identitätsbildung, indem sie in der Kulturlandschaft sichtbar sind, symbolisch wie ein Logo für sie stehen und die Kommunikation über diese ermöglichen.

4.

Über die besondere Bedeutung einiger dieser Rollen für sprachliche Minderheiten ^

[30]

Zwei dieser vier Rollen von geographischen Namen sind für sprachliche Minderheiten besonders wichtig (siehe Jordan 2004, 2014, 2020): die Rolle, das Territorium einer Gemeinschaft zu markieren, und die Rolle, emotionale Bindungen zu unterstützen.

[31]

In Gebieten, die von mehr als einer alteingesessenen sprachlichen Gruppe bewohnt werden, streben alle diese Gruppen nach der öffentlichen, amtlichen Bezeichnung der geographischen Objekte in diesem Gebiet in ihrer jeweiligen Sprache. Sie wollen damit erreichen, dass ihre Präsenz öffentlich anerkannt wird, dass diese Objekte auch ihnen zugeordnet werden, und sie wollen ihre Gruppenidentität auf sie beziehen (siehe u.a. Weichhart et al. 2006). Ohne Konflikte zwischen ihnen ist dies nur möglich, wenn jede den Anspruch der anderen akzeptiert und sich mit einem gemeinsamen oder geteilten Identitätsbezug auf die Objekte abfindet. Ein Konflikt darüber – wie er sich in vielen Fällen ereignet hat und ereignet – weist darauf hin, dass eine solche gegenseitige Akzeptanz nicht (ausreichend) gegeben oder die dominante Gruppe nicht bereit ist, Zugeständnisse zu machen.

[32]

Für die nicht-dominante Gruppe ist es zumeist wichtiger als für die dominante, ihre Beziehung zum geographischen Objekt durch einen Namen im öffentlichen Raum anerkannt zu sehen, eben weil sie in der Minderheit und nicht-dominant ist und weil sie es für wichtiger hält, der Außenwelt ihre Präsenz anzuzeigen. Eine Minderheit bedarf eines höheren Maßes der Bestätigung, denn ihre Präsenz ist im Gegensatz zu jener der Mehrheitsgesellschaft nicht selbstverständlich. Angehörigen einer Minderheit wird auch fast täglich ein Bekenntnis zu ihrer Identität abverlangt (siehe u.a. Reiterer 2003).

[33]

Wenn nicht-dominante Gemeinschaften um die öffentliche Sichtbarkeit ihrer geographischen Namen einkommen, streben sie – abstrakt formuliert – nach der symbolischen Rolle der Reviermarkierung, nach der Möglichkeit, ihre Präsenz zu demonstrieren und anerkannt zu sehen, aber auch nach der visuellen Unterstützung ihrer emotionalen Verbundenheit mit dem Ort. Liest ein Mitglied einer nicht-dominanten Gemeinschaft den geographischen Namen in seiner eigenen Sprache und Schrift auf einer Tafel oder in einer Karte, entsteht ein Gefühl der Vertrautheit.

[34]

Da nur schon seit vielen Generationen ansässige Gemeinschaften eigene geographische Namen für die geographischen Objekte ihrer Umgebung entwickelt haben, empfinden sie die Visualisierung ihrer Namen im öffentlichen Raum und in Karten auch als Anerkennung ihrer Präsenz seit Generationen und ihrer Mitgestaltung der örtlichen Kultur und Kulturlandschaft. Eine dominante Gemeinschaft ist wohl beraten, nicht-dominanten Gemeinschaften dieses Recht einzuräumen, denn es wird deren Loyalität und Kooperationsbereitschaft fördern.

[35]

Wichtigster Zweck der öffentlichen Visualisierung von Minderheitennamen ist das Anerkennen der Teilhabe der Minderheit an diesem Ort. Diese muss auch für die Außenwelt erkennbar sein, doch soll vor allem die dort ansässige Minderheit den Namen als den ihren empfinden und sich mit seiner Hilfe mit dem Ort identifizieren können. Der geographische Name in der Minderheitensprache sollte daher der Orthographie der Minderheitensprache mit allen diakritischen Zeichen und Sonderzeichen folgen. Eine verfremdete, etwa an die Aussprachegewohnheiten der Mehrheitssprache angepasste Schreibweise oder auch nur ein Weglassen diakritischer Zeichen erfüllt diesen Zweck nicht. Wenn Minderheiten eine andere Schrift als die Mehrheit verwenden, ist es aus dem gleichen Grund angebracht, diese andere Schrift zu verwenden und nicht zu einer Umschrift zu greifen (siehe Abb. 1).

Abb. 1: Zweisprachige und zweischriftige Ortstafel eines Ortes mit ukrainischer Minderheit im rumänischen Kreis Marmarosch [Maramureş] (Foto: Peter Jordan 2008)

5.

Ortstafeln als Visualisierungen raumbezogener Identität mit der stärksten symbolischen Wirkung ^

[36]

Geographische Namen von sprachlichen Minderheiten erscheinen in Österreich und anderen Ländern im öffentlichen Raum (als Elemente der linguistischen Landschaft) auf Ortstafeln, Gemeindetafeln, Verkehrshinweisschildern, Straßentafeln, Wegweisern und touristischen Hinweistafeln, als Aufschriften von Amtsgebäuden (wie Gemeindeämtern, Bezirksgerichten), Bahnhöfen, von Schulen und Kindergärten sowie im kirchlichen Bereich (Ankündigungstafeln von Pfarren, Aufschriften von Pfarrämtern und anderen kirchlichen und kirchennahen Einrichtungen). Sie treten außerdem in den amtlichen topographischen Karten sowie in geographischen Publikationen privater Verlage und Herausgeber (Schulatlanten, Schulbüchern, Wanderkarten, Touristenkarten) in Erscheinung.

[37]

Aus einer in den Jahren 2016-2018 im gemischtsprachigen Gebiet Kärntens und im von einer polnischen Minderheit bewohnten Teschener Gebiet [Českotěšínsko] (Olsagebiet [Zaolzie]) in Tschechien an der polnischen Grenze durchgeführten Interviewserie mit 132 bzw. 105 Befragten, die im Jahr 2018 durch eine Umfrage per Fragebogen ergänzt wurde, von denen 589 bzw. 1804 vollständig ausgewertet werden konnten (Jordan & Mácha et al. 2021), sowie aus der Tatsache, dass in beiden Gebieten zweisprachige Ortstafeln im Mittelpunkt zum Teil gewalttätiger Konflikte standen, lässt sich schließen, dass Ortstafeln diesbezüglich die stärkste symbolische Wirkung entfalten. Sie haben diese Wirkung, weil sie im öffentlichen Raum am Anfang und Ende des verbauten Gebiets einer Ortschaft stehen (den Siedlungskörper bezeichnen), für jeden sichtbar sind und mit ihrer Aufschrift die Identität einer Gruppe auf die Ortschaft beziehen, also die Ortschaft durch die Sprache des Namens mit einer oder mehreren örtlichen Gemeinschaften verbinden (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Deutsch-slowenische Ortstafel im Unteren Gailtal, Kärnten (Foto: Maciej Zych 2014)

[38]

Man kann die Bedeutung von Namen der Minderheit auf Ortstafeln nicht besser beschreiben als Hannes Tretter in seinem Gutachten vom 17.10.2005 (zitiert nach Serajnik 2016, S. 10f), wobei auf seinen Irrtum hinzuweisen ist, dass Ortstafeln die Grenzen eines Gemeindegebietes markierten. Sie markieren vielmehr Ortschaften.

„Topographische Aufschriften, insbesondere Ortstafeln, deren Aufstellung durch Verwaltungsakt verfügt bzw. kundgemacht wird, markieren nun nicht nur die Grenzen eines Gemeindegebietes [sic!] mit allen sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen, sondern sie demonstrieren auch durch die Sprache(n), in der sie verfasst sind, und die verwendeten Ortsnamen, welche Sprache(n) seine Einwohner sprechen und welcher (welchen) Ethnie(n), welchem(n) Kulturkreis(en) sie angehören. Insofern verfügen sie über einen hohen symbolisch-diskursiven Wert. Sie kennzeichnen den Raum, in dem Angehörige ethnischer Minderheiten/Volksgruppen leben, treten optisch-symbolhaft in Erscheinung und können daher von allen Menschen, die in diesem Ort leben oder diesen besuchen, wahrgenommen werden.

 

So anerkennt der VfGH im ‚Ortstafel-Erkenntnis‘ 2001 denn auch, dass es in Art 7 Z 3 StV Wien nicht nur darum geht, ‚einzelnen Minderheitsangehörigen Erleichterungen zu bringen, sondern – in Bezug auf den zweiten Satz – der Allgemeinheit Kenntnis zu geben, dass hier eine größere Zahl von Minderheitsangehörigen lebt‘. […]. Zweisprachige Ortstafeln versinnbildlichen der Mehrheitsbevölkerung und den Angehörigen ethnischer Minderheiten/Volksgruppen, dass sich der Staat öffentlich und für alle wahrnehmbar zu ihnen und ihrer Existenz im jeweiligen Ort bekennt. Es sind symbolhafte Signale eines permanenten Kommunikationsprozesses, der sowohl zur Konstitution einer multikulturellen Gemeinschaft als auch zur Identitätsbildung der ethnischen Minderheiten/Volksgruppen mit beiträgt. Nicht von ungefähr zählen daher auch zweisprachige topographische Aufschriften zum europäischen Standard des Minderheitenschutzes.

 

Verweigert nun ein Staat die Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln in einem gemischtsprachigen Gebiet, so verweigert er die symbolische Kommunikation mit und die nach außen zu Tage tretende Anerkennung der ethnischen Minderheit/Volksgruppe und ihren Angehörigen, mithin deren symbolische Integration. Er unterlässt es, eine Maßnahme zu setzen, die auch der Mehrheitsbevölkerung […] die Anerkennung der lokalen Existenz der Minderheit signalisiert, wodurch der Diskurs von Mehrheits- und Minderheitsangehörigen symbolisch mit bestimmt wird. Es erfolgt Exklusion statt Inklusion, die zu einer Durchbrechung der Interaktion führt. Einer Interaktion, in der Identitäten kontextabhängig ausgehandelt werden und Dichotomien vermieden oder zumindest verringert werden sollen. Die sich daraus ergebende Forderung entspricht auch dem Konzept von ‚good governance‘, wie es der Europäischen Kommission vorzuschweben scheint, wenn sie von ‚inclusive society‘ spricht.“ ( Serajnik 2016, S. 10f)
[39]

Diese Schlüsse lassen sich auch aus den zahlreichen Konflikten um Ortstafeln ziehen, wie es sie nicht nur in Kärnten und im Teschener Gebiet gegeben hat, und die nicht nur oft zur Beschädigung, Beschmutzung oder gewaltsamen Entfernung von Ortstafeln führten (siehe Horn 2004; Eller, Hackl & Ľupták 2008), sondern auf die Minderheit auch bedrohlich wirkten und sie verängstigt haben. Eindrücke dieser Art wirken über Jahrzehnte nach.

5.1.

Andere Visualisierungsformen geographischer Namen ^

[40]

Weniger sensibel sind andere Visualisierungsformen geographischer Namen im öffentlichen Raum und auf Karten. Dies soll nun kurz begründet werden.

[41]

Begrüßungstafeln von Gemeinden mit den Namen der Gemeinden. Sie sind zwar in Österreich durch das Bundesgesetz des Jahres 2011 (BGBl. I Nr. 46/2011) und seine Anlagen nicht zweisprachig geregelt, dennoch auch im öffentlichen Raum zu sehen. Sie stehen z.B. auf Tafeln an der Gemeindegrenze, die oft den Charakter von künstlerisch gestalteten Willkommenstafeln haben und sich v.a. an Besucher und Touristen wenden, nicht so sehr an Einheimische. Sie erwecken damit wohl nicht denselben Anschein von Amtlichkeit wie Ortstafeln (siehe Abb. 3). Weil sie zumeist auch außerhalb des verbauten Gebiets stehen, haben sie nicht dieselbe, eine Gemeinschaft identifizierende Wirkung. Der Gemeindename auf ihnen ist in Kärnten manchmal zweisprachig gehalten, obwohl er so nicht amtlich festgelegt ist. Gemeindenamen sind oft auch Teile der Aufschriften von Gemeindeämtern oder anderen Einrichtungen einer Gemeinde. Auch sie erscheinen in Kärnten manchmal zweisprachig (siehe Abb. 4).

Abb. 3: Begrüßungstafel der amtlich zweisprachigen Gemeinde Neuhaus, Kärnten (Foto: Balode 2016)

Abb. 4: Aufschrift eines Gemeindeamtes einer amtlich zweisprachigen Gemeinde in Kärnten (Foto: Marika Balode 2016)

[42]

Mit Verkehrshinweistafeln sind Wegweiser an allen Arten von Straßen gemeint. Sie sind in Österreich zweisprachig gehalten, wenn ihr Standort eine amtlich zweisprachige Ortschaft ist und die auf ihnen angezeigten Zielorte zweisprachige Ortschaften sind. Verkehrshinweistafeln sind zwar zumindest so sichtbar wie Begrüßungstafeln von Gemeinden und kommen in dieser Hinsicht vielleicht sogar Ortstafeln gleich, doch haben sie keinerlei eine Gemeinschaft identifizierende Wirkung. Letzteres mag erklären, warum sie kaum jemals im Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen stehen. Sie lassen allerdings erkennen, dass man sich in einem zweisprachigen Gebiet und im Gebiet zweier Identitätsgruppen bewegt und strahlen ein hohes Maß an Amtlichkeit aus (siehe Abb. 5).

Abb. 5: Verkehrshinweistafel auf dem Gebiet einer amtlich zweisprachigen Ortschaft in Kärnten (Foto: Marika Balode 2016)

[43]

Auf Straßentafeln werden heute nicht nur in Städten, sondern auch schon in vielen kleineren Orten Straßennamen ausgewiesen. Gemeinden haben in Österreich die Kompetenz, das eigenständig zu tun. In den kroatischen Gemeinden des Burgenlandes sind deshalb tatsächlich viele Straßennamen schon seit Langem zweisprachig (siehe Abb. 6). In Kärnten gibt es (noch) keine zweisprachigen Straßennamen, obwohl dem rechtlich nichts entgegenstünde.6 Das Fehlen von zweisprachigen Straßennamen in Kärnten wird aber in der breiteren Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, weil Straßennamen nur sehr selten örtliche Gemeinschaften symbolisieren. Es gibt Ortsgemeinschaften, kaum Straßengemeinschaften. So gut wie alle Vereine, auch Pfarren, beziehen sich auf Ortschaften oder Viertel, nicht auf Straßen. Lediglich wenn die Bewohner einer Straße auch eine Identitätsgruppe im ethnischen, sprachlichen, religiösen oder sozialen Sinn bilden, können Straßennamen die Rolle von Identitätsmarkern annehmen. Das ist aber gerade in kleinen ländlichen Orten kaum der Fall und eher ein Merkmal von Großstädten, wo sich auf manche Straßen z.B. Migrantengruppen, Berufsgruppen oder noble Geschäfte oder Villen konzentrieren.

[44]

In Kärnten mit seiner historisch belasteten Minderheitensituation könnte es auch noch eine Rolle spielen, dass besonders in kleineren Ortschaften die Straße bereits zum engsten Lebensraum ihrer Bewohner zählt und man (wie bei privaten Aufschriften) zugunsten guter Nachbarschaft und eines gedeihlichen Zusammenlebens auf ostentative Identitätsausweise verzichtet. Dies lässt sich zumindest aus der bereits erwähnten Befragung ableiten (siehe Jordan & Sancho Reinoso 2021).

Abb. 6: Deutsch-burgenlandkroatische Straßentafel in der amtlich zweisprachigen Ortschaft Frankenau/Frankava im Burgenland (Foto: Peter Jordan 2006)

[45]

Wegweiser und touristische Hinweistafeln (siehe Abb. 7), Aufschriften von Amtsgebäuden (Gemeindeämtern, Bezirksgerichten), Bahnhöfen, von Schulen und Kindergärten sowie im kirchlichen Bereich (Ankündigungstafeln von Pfarren, Aufschriften von Pfarrämtern und anderen kirchlichen und kirchennahen Einrichtungen) beziehen sich – auch wenn sie zum Teil amtlich sind – auf kleinere, nicht von einer geschlossenen Identitätsgruppe bewohnte geographische Objekte oder auch nur auf einzelne, wenn auch manchmal doch repräsentative Gebäude, und haben aus diesen Gründen, aber auch wegen ihrer schieren Zahl, wodurch die Aufmerksamkeit für das einzelne Objekt gering ist, nicht das Potenzial zu größerer symbolischer Wirkung.

Abb. 7: Touristische Hinweistafeln im Bereich der amtlich zweisprachigen Gemeinde Zell, der einzigen mit slowenischsprachiger Mehrheit gemäß Volkszählung 2001, der bislang letzten mit Erhebung der Umgangssprache (Foto: Nanti Olip 2010)

[46]

Wenn amtliche Minderheitennamen von Ortschaften und Minderheitennamen von anderen geographischen Objekten in amtlichen topographischen Karten aufscheinen (siehe Abb. 8), lässt sich die räumliche Verbreitung einer Minderheit, das ‚Territorium‘ der Minderheit, auf einen Blick erkennen, während man durch Befahren oder Begehen des Gebiets nur nach und nach einen Eindruck davon gewinnt und wohl nie sicher sein kann, ob er vollständig ist. Man kann das Gewähren eines vollständigen Überblicks über das ‚Territorium‘ einer Minderheit durch amtliche topographische Karten auch als Anerkennen des ‚Territoriums‘ einer Minderheit durch den Staat interpretieren.

[47]

Neben ihrer Herkunft aus der Militärkartographie ist das wohl ein Grund dafür, dass amtliche topographische Karten in vielen Ländern Europas die im öffentlichen Raum sichtbaren amtlichen Namen zumindest bis vor einiger Zeit nur mit Einschränkungen oder auch gar nicht wiedergegeben haben. Ferjan Ormeling belegte das eindrucksvoll in seiner Studie der amtlichen Kartenwerke des damals im politischen Sinn westlichen Europas in den frühen 1980er Jahren (siehe Ormeling 1983). Der Entwicklung seither müsste noch genauer nachgegangen werden, doch lässt sich anhand akzidentieller Evidenz schließen, dass sich die Situation nur geringfügig verändert hat. Das könnte zur Vermutung Anlass geben, dass es sich bei Minderheitennamen in amtlichen topographischen Karten um den politisch sensibelsten Fall ihrer Anwendung handle. Befragungen einer breit gestreuten Bewohnerschaft des Kärntner gemischtsprachigen Gebiets zwischen 2016 und 2018 (siehe Jordan & Sancho Reinoso 2021) haben aber ergeben, dass amtliche topographische Karten im Vergleich zu den gut sichtbaren Ortstafeln kaum wahrgenommen werden, ihre Berücksichtigung oder Nicht-Berücksichtigung von Minderheitennamen deshalb keine Breitenwirkung hat und kaum öffentlich diskutiert wird. Es hat jedenfalls in Österreich nie einen Konflikt darum gegeben, der eine breitere Öffentlichkeit erreicht hätte.

Abb. 8: Ausschnitt aus der amtlichen Österreichischen Karte 1: 50.000 mit Orten des gemischtsprachigen Gebiets in Kärnten (Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen 2023)

[48]

Karten privater Verlage und Herausgeber wie Wanderkarten, Touristenkarten, Straßenkarten oder Alpenvereinskarten können nicht dazu verpflichtet werden, sich an die Schreibweise geographischer Namen in amtlichen topographischen Karten zu halten, auch wenn dies aus Gründen der Standardisierung geographischer Namen wünschenswert wäre. Oft legt es der spezifische Zweck solcher Karten nahe, die Namenschreibung an diesen Zweck anzupassen, z.B. durch die Wahl dialektaler Namenformen in Alpenvereinskarten.

[49]

Jedenfalls ist jedem Benützer solcher Karten klar, dass es sich nicht um amtliche und staatliche Veröffentlichungen handelt und dass er/sie sich daher von ihnen auch nicht die Repräsentanz staatlicher Minderheitenpolitik und somit amtlich festgesetzter Minderheitennamen erwarten kann. Die Namenschreibung in Karten privater Verlage ist deshalb auch kaum diesbezüglicher Kritik ausgesetzt.

[50]

Schulatlanten und Schulbücher müssen von der staatlichen Unterrichtsbehörde approbiert werden und können daher im Hinblick auf die Berücksichtigung von Minderheitennamen als Ausdruck staatlicher Minderheitenpolitik verstanden werden. Tatsächlich berücksichtigen die für den Unterrichtsgebrauch in Österreich zugelassenen Schulatlanten und Schulbücher weitgehend die amtliche Zweisprachigkeit von Ortschaftsnamen, gehen aber auch nicht darüber hinaus, indem sie z.B. Naturobjekte im Minderheitengebiet zweisprachig benennen würden. Allerdings erlauben es auch die größtmaßstäbigen Karten von Teilgebieten Österreichs (1: 750.000) in Schulatlanten nur, einige wenige amtlich zweisprachige Ortschaften darzustellen, da die meisten dafür der Einwohnerzahl nach zu klein sind. Es fällt einem durchschnittlichen Leser also kaum auf, wenn hier nicht konsequent vorgegangen wird.

[51]

Es muss auch angemerkt werden, dass die Verwendung von Schulatlanten schon seit Jahrzehnten rückläufig ist und dass in den heutigen Schulatlanten kleinmaßstäbige thematische Karten bei weitem überwiegen, weil auf den Erwerb topographischen Wissens nur noch wenig Wert gelegt wird. Auf solchen Karten kommen die kleinen amtlich zweisprachigen Ortschaften Österreichs kaum vor.

[52]

Dies alles trägt dazu bei, dass Schulatlanten und Schulbücher kaum in den Blickpunkt von Kritik in Bezug auf die Berücksichtigung von Minderheitennamen geraten, obwohl sie als Ausdruck staatlicher Bildungspolitik und als Bildungsinstrumente durchaus auch in dieser Hinsicht Beachtung verdienten.

6.

Schluss ^

[53]

Es ließen sich also die besprochenen Visualisierungsarten mehrfacher raumbezogener Identitäten nach den Maßstäben ihrer symbolischen Wirkung und ihrer politischen Sensibilität vier Stufen zuteilen.

[54]

Die Stufe höchster Sensibilität repräsentieren Minderheitennamen auf Ortstafeln. Sie sind deshalb politisch weitaus am sensibelsten und lösen (nicht nur in Kärnten, sondern in vielen Teilen Europas) Konflikte aus, weil sie Ausdruck staatlicher Minderheitenpolitik sind, im öffentlichen Raum für jeden sichtbar am Anfang und Ende einer Ortschaft angebracht sind und die Identität einer örtlichen Gemeinschaft kenntlich machen.

[55]

Auf einer zweiten Stufe stehen Minderheitennamen in amtlichen topographischen Karten und auf Straßentafeln. Minderheitennamen in amtlichen topographischen Karten spiegeln die staatliche Minderheitenpolitik in Bezug auf geographische Namen wider und lassen die räumliche Verbreitung, das ‚Territorium‘ einer Minderheit auf einen Blick erkennen, werden aber zu wenig rezipiert, um politisch erstrangig sensibel zu sein. Minderheitennamen auf Straßentafeln werden amtlich festgelegt und berühren engste Nachbarschaftsbeziehungen und sind deshalb sensibel, obwohl Straßen nur selten Einheiten raumbezogener Identität bilden und zudem zu kleine Raumeinheiten sind, um großes öffentliches Interesse zu erwecken.

[56]

Auf eine dritte Stufe der politischen Sensibilität wäre die Zweisprachigkeit von Gemeindenamen, von Namen auf Verkehrshinweistafeln und in Schulatlanten und Schulbüchern zu stellen, weil sie alle amtlich festgelegt bzw. von staatlichen Behörden approbiert werden, also als Ausdruck staatlicher Minderheitenpolitik gelten können. Gemeindenamen scheinen im öffentlichen Raum aber (auf Willkommenstafeln) ohne deutlich amtlichen Charakter und mit nur geringer eine örtliche Gemeinschaft identifizierender Wirkung auf. Ihre politische Insensibilität ist in Kärnten auch wesentlich der Tatsache geschuldet, dass kaum jemand weiß oder sich vorstellen kann, dass die Namen von amtlich zweisprachigen Gemeinden nicht amtlich zweisprachig sind, also die Folge eines Informationsmangels. Minderheitennamen auf Verkehrshinweistafeln haben eine zu geringe die Identität einer Gemeinschaft definierende Funktion. Minderheitennamen in Schulatlanten und Schulbüchern scheinen zu sporadisch auf, um leicht einer systematischen Kritik ausgesetzt zu sein.

[57]

Auf eine vierte Stufe wären alle Namen zu stellen, die nicht amtlich festgesetzt oder approbiert werden und daher nicht mit staatlicher Minderheitenpolitik assoziiert werden können. Das sind Namen von Bahnhöfen und Stationen anderer Verkehrsmittel sowie Namen in Karten, die von privaten Verlagen oder Vereinen herausgegeben werden.

7.

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  1. 1 Die Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft für Kartographische Ortsnamenkunde (AKO), des österreichischen Expertengremiums für geographische Namen, die Namenkombination Japanisches Meer/Ostmeer in österreichischen Bildungsmedien zu verwenden (AKO 2012a), führte zu einem offiziellen Protest Japans bei der österreichischen Bundesregierung und beim österreichischen Parlament (siehe Jordan 2012c).
  2. 2 Slowenien kann daher z.B. nicht die amtlichen slowenischen Namen in Kärnten (mit-)bestimmen.
  3. 3 Japan oder die Republik Korea können daher z.B. nicht (mit-)bestimmen, welcher Name in deutscher Sprache für das Meer zwischen den beiden Ländern verwendet wird.
  4. 4 Mit Ausnahme einiger Länder, in denen dies doch der Fall ist.
  5. 5 Im Gegensatz zu ‚normalen‘ Wörtern einer Sprache bezeichnen Eigennamen im Allgemeinen, aber eben auch geographische Namen stets zugleich einen Begriff und ein singuläres Objekt. Daher beinhaltet die Sprechweise von „geographischen Objekten oder Raumbegriffen“ keinen Widerspruch.
  6. 6 Ein Gutachten des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt vom 19. Dezember 2016 (Seite 3) besagt: „Werden landesrechtlich (hier vom Gemeinderat gemäß §3 Abs. 2 K-AGO [Kärntner Allgemeine Gemeindeordnung]) Bezeichnungen für ‚Straßen, Gassen oder Plätze‘ festgelegt, besteht daher – weder nach dem Wortlaut noch unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte bzw. der in den Erläuterungen dokumentierten gesetzgeberischen Vorstellung – keine verfassungsrechtliche Verpflichtung [Unterstreichung im Originaltext vom Verfasser entfernt] gemäß dem VoGrG [Volksgruppengesetz] (oder einer sonstigen verfassungsrechtlichen Bestimmung), diese Bezeichnungen sowohl in deutscher als auch in der Sprache der Volksgruppe vorzunehmen. Verfassungsrecht steht einer solchen Vorgangsweise aber auch nicht entgegen: Es steht den Gemeinden im Rahmen der Gemeindeautonomie bzw. der landesrechtlichen Bestimmungen frei ‚Straßen, Gassen oder Plätze‘ zweisprachig zu bezeichnen.“ (BKA 2016, S. 3).

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