Liebe Leserinnen und Leser
Am 27. Februar 2020 durften wir Erich Schweighofer im Rahmen seines «IRIS – Internationales Rechtsinformatik-Symposions» in Salzburg die ihm gewidmete Festschrift «International Trends in Legal Informatics» überreichen.
Erich Schweighofer ist eine der zentralen Persönlichkeiten der Rechtsinformatik in Europa und weltweit.
Der Titel «International Trends in Legal Informatics» wurde gewählt, um sein reichhaltiges Schaffen als Hochschullehrer, Herausgeber wissenschaftlicher Sammelwerke und vor allem als Wissenschaftler und Autor an der Schnittstelle von Recht und Informatik zu würdigen.
In guter Schweighofer’scher Tradition sind sowohl deutschsprachige als auch englischsprachige Beiträge in der Festschrift vereint. Wie das Schaffen von Erich Schweighofer weisen auch die Beiträge in diesem Band eine enorm grosse inhaltliche Bandbreite auf. Diese reicht von Good Old Fashioned AI and Law, Rechtsinformation und Rechtssprache bis hin zur Regulierung von Technik, zum Urheberrecht, Datenschutzrecht und Völkerrecht.
Für eine umfassendere Würdigung des hier Geehrten wird auf das Vorwort in dieser Ausgabe verwiesen. Die gesamte Ausgabe/Festschrift ist hier frei verfügbar.
Ich danke Erich Schweighofer u.a. für die jahrelange treue Unterstützung der vorliegenden Zeitschrift «Jusletter IT – die Zeitschrift für IT und Recht» als Mit-Herausgeber und im Speziellen meinen Kollegen Walter Hötzendorfer und Christoph Tschohl für ihren grossen Einsatz als Mit-Herausgeber der Festschrift für Erich. Was wäre ein «liber amicorum» ohne die Freundinnen und Freunde, die Zeit und Geist in die Würdigung und das Schaffen des Jubilars investiert haben? Herzlichen Dank an die Zugewandten für ihren grossen Einsatz!
Beim Verlagsteam bedanke ich mich herzlich für die umsichtige und sorgfältige Begleitung der Publikationen.
Die Festschrift veröffentlichen wir heute digital, sie kann aber gerne auch als Buch erworben werden. Auf der Buchseite finden Sie weitere Informationen zum Buch, dem Jubilar, den Autor*innen und Herausgebern.
Wir freuen uns sehr auf weitere spannende Jahre im wissenschaftlichen Diskurs mit Erich Schweighofer – ad multos annos.
Für die Herausgeber:

Abstract
Legal Informatics ist heute ein zentrales Themenfeld in der Rechtswissenschaft mit steigender Beachtung in Wissenschaft und Praxis. Die traditionelle Rechtsinformatik hat sich zwar nach Entstehung dieses interdisziplinären Ansatzes nur relativ langsam entwickelt, doch bewirkt der starke Technologieschub der letzten 25 Jahre zwischenzeitlich eine erhebliche, von Erich Schweighofer und dem jährlichen IRIS-Symposium massgeblich mitgetragene Umgestaltung und zugleich Bereicherung der Rechtslandschaft.
Abstract
«Good Old Fashioned AI and Law» beinhaltete typischerweise eine Partnerschaft zwischen juristischer Expertise und Computerwissen. Heutzutage gibt es jedoch eine neue Mode in der KI. Algorithmen, die aus grossen Datensätzen lernen, sind in vielen Bereichen in den Mittelpunkt gerückt. In diesem Beitrag lege ich eine Reihe von Merkmalen des juristischen Bereichs dar, die bedeuten, dass wir die neue KI mit Vorsicht einsetzen sollten. Für Systeme, die die juristische Entscheidungsfindung unterstützen und den Ausgang von Fällen vorhersagen, gibt es noch keine echte Alternative zu «Good Old Fashioned AI and Law». Maschinen sind vielleicht in der Lage, sich selbst Schach beizubringen, aber noch nicht Recht.
Abstract
Das Problem des sprachlichen Zugangs zum Recht stellt sich im europäischen Mehrebenensystem, bedingt durch das Erfordernis die nationalen Jurisdiktionen übergreifender rechtssprachlicher Abstraktion und die Herausforderung der Multilingualität, neu. In der Überlagerung europäischer und nationaler Rechtsetzung wirkt die Resultante der rechtssprachlichen Entwicklung mehr divergent als konvergent. Keine Rücksicht nimmt die europäische Rechtssprache auf die Besonderheit plurizentrischer Sprachen, zu zeigen am österreichischen Deutsch. Daraus ergeben sich neue Aufgabenstellungen für die Rechtsinformatik.
Abstract
Die Bedeutungen des Rechts bilden einen Gegenstand der Visualisierung. Neben den Typen von Rechtssituationen sollen auch die prätextuellen Zusammenhänge der Rechtsbegriffe sichtbar gemacht werden. Situationen können durch juristische Maschinen gesteuert werden. Das Forschungssubjekt der Digital Humanities ist der Mensch, der von digital-basierten Phänomenen umgeben ist, während das der Human Digitalities die Maschine ist, die sich gesetzeskonform verhalten soll. Die Human Digitalities werden im Kontext der Evolution von der Pflanze über das Tier zum Menschen bis hin zur Maschine betrachtet. Wir sehen eine Erweiterung und Übertragung von Normen: digitale Normen für humanities und menschliche Normen für digitalities.
Abstract
In diesem Artikel werfe ich einen Blick auf die Grundsätze, die zur Grundlage von Rechtsauskünften über Gesetze und deren fachgerechter Nutzung in der digitalen Umgebung des modernen Rechtsstaates gemacht werden sollten. Das Thema geht über die Feststellung des Offensichtlichen hinaus – dass jeder digitale Jurist in der heutigen Zeit in der Lage ist, Rechtsinformationen in digitaler Form aus einem digitalen Datenspeicher abzurufen. Es gibt noch eine weitere Dimension: Wir müssen über das nötige Fachwissen verfügen, um Sachverhalte im Hinblick auf die involvierten Informationsprozesse und den Weg, den die Informationen im Laufe dieser Prozesse nehmen, zu beurteilen.

Abstract
Das vorliegende Kapitel liefert einen breiten Überblick über die Entwicklung des Zugangs zu europäischen Rechtsakten und -dokumenten sowie der juristischen Dokumentation im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts aus der Sicht des ehemaligen Leiters von EUR-Lex. Es erinnert insbesondere an die Integration der historischen CELEX-Datenbank in eine neue Datenbank namens EUR-Lex, die wir heute kennen. Es erwähnt kurz die Herausforderungen der Erweiterungen, der Transparenz und des freien Zugangs zu juristischen Dokumenten und zeigt auf, wie die frühe Verfügbarkeit von Dokumenten umgesetzt werden konnte.
Abstract
Das Kapitel ist wie folgt aufgebaut: Zunächst wird der Wandel in der Ausrichtung der Juristenausbildung am Beispiel der Forderungen des Bologna-Prozesses betrachtet; in einem zweiten Abschnitt werden die Grenzen der in den letzten dreißig Jahren geführten Diskussionen über die Rechtsinformatik untersucht; im nächsten Abschnitt werden die Möglichkeiten einer kritischen Stellungnahme zu einer dogmatischen Rechtsauffassung diskutiert, deren Inhalt ausschließlich auf das Studium von Rechtstexten ausgerichtet ist; im letzten Abschnitt wird argumentiert, dass ein breiter Rahmen der Reflexion, der Diskussion und der Förderung gesellschaftlicher Bedürfnisse und Kompetenzen zu einer kommunikativen Theorie des Rechts führen kann.
Abstract
Die Perspektive der Rechtsanwendung ist für die Fixierung des Norminhaltes von fundamentaler Bedeutung. Der Inhalt einer konkreten Norm richtet sich prinzipiell nach ihrer Verwendung im juristischen Gebrauchskontext. Juristische Richtigkeit basiert auf dem Verwendungserfolg von Argumenten. Die Rechtsprechung weist inhaltliche Diskontinuitäten auf, die mit Legal Tech nicht hinreichend prognostiziert werden können. Zur Unterstützung der juristischen Entscheidungsfindung und -textierung wäre eine termorientierte Aufbereitung von Rechtssätzen wünschenswert.
Abstract
Das Urheberrecht war und ist dem Jubilar stets ein Anliegen. Es schlägt auch die Brücke zum Verfasser dieses Beitrags. Als junger «Praktiker» hatte ich 2001 erstmals Gelegenheit am «4. Internationalen Rechtsinformatik Symposium» teilzunehmen, zum urheberrechtlichen Thema «Content-Krieg im Web» vorzutragen und zu publizieren. Schon damals war Erich Schweighofer nicht nur als Organisation-Lead «Auf dem Weg zur ePerson» tätig, sondern hat selbst unermüdlich die Veranstaltung fotografierend dokumentiert – (digitales) Werkschaffen at its best. Was liegt da näher, als dem Geehrten einen Beitrag zu widmen, der sich mit den Grundfragen und dem Grundverhältnis des Werkes an sich sowie der Werkerhaltung befasst. Ad multos annos!
Abstract
In Gerichts- und Verwaltungsverfahren nehmen Daten als Beweismittel einen immer größeren Raum ein, da Private wie auch Firmen ohne IT-Ausrüstung und elektronische Kommunikation kaum noch auskommen bzw erfolgreich sein können. An die Stelle handschriftlicher Aufzeichnugen oder mit Schreibmaschine getippter Briefe treten el. Dokumente, E-Mails und Chat-Nachrichten. Da diese alle leicht änderbar sind, stellt sich bei Streitigkeiten die Frage: Sind sie echt oder manipuliert? Stammen sie vom angegebenen Absender/Autor? Stimmen sie mit der Realität überein? Dieser Beitrag arbeitet Kriterien heraus, nach denen der Wert solcher Beweise beurteilt bzw bewertet werden kann.
Abstract
Blockchain-Technologien werden seit kurzem auch für die Anwendung im Recht diskutiert. Im vorliegenden Beitrag nehmen wir die Perspektive von Notaren, als einer etablierten und vertrauensvollen öffentlichen Institution ein, und leiten zwei mögliche Anwendungsszenarien für den Einsatz von sog. public-permissioned Blockchains in diesem Bereich ab. Dabei berücksichtigen wir die Besonderheit von Notaren als Träger eines öffentlichen Amtes mit hoheitlichen Befugnissen, die unabhängige, unparteiische und objektive Rechtsberatung zur Verfügung stellen. Mit diesen Anwendungsszenarien beabsichtigen wir mögliche Entwicklungsoptionen für zukünftige Blockchain-Anwendungen aufzuzeigen.
Abstract
Der Einsatz von Technologie verändert die Abläufe in der österreichischen Justiz mittlerweile seit über 40 Jahren. Richtet man den Blick auf die gesamte Rechtsbranche, so zeigen sich auch klare Parallelen in den damit verbundenen Evolutionsschritten von Legal Tech. Mit der strategischen Initiative Justiz 3.0 arbeitet das BMVRDJ unter enger Einbeziehung der Praxis nun seit 2013 an vollständig digitalen Arbeitsabläufen sowie den dafür notwendigen IT-Arbeitsplätzen. Der Artikel bietet einen Einblick in den Status quo der Digitalisierung in der Justiz, einen Ausblick auf künftige Entwicklungen sowie den dazu korrespondierenden strategischen Überlegungen.
Abstract
Künstliche Intelligenz (KI) bietet das Potenzial, Staat, Verwaltung, Justiz und Gesellschaft in hohem Maße disruptiv zu verändern. Bereits heute sind zahlreiche KI-Anwendungen Bestandteil von alltäglichen Produkten und Dienstleistungen. Doch wie können diese auch durch den öffentlichen Sektor systematisch genutzt werden? Welche Folgen sind damit für die Organisation von Staat und Verwaltung sowie die Gesellschaft verbunden? Zahlreiche offene Fragen bedürfen gesellschaftlicher Diskussionen rund um entscheidungsunterstützende Systeme und autonome Entscheidungen.

Abstract
Die digitale Transformation schafft viele Trends, die irgendwann Wirtschaft und Gesellschaft wesentlich verändern werden. In diesem Beitrag werden die wichtigsten Trends und ihre Konsequenzen für die Wirtschaft und den Staat diskutiert. Für jeden Trend werden einige direkt daraus folgende rechtliche Herausforderungen besprochen. In einigen Bereichen werden rechtliche Anpassungen genügen. In anderen braucht es fundamental neue Konzepte oder sogar Paradigmenwechsel.
Abstract
KI ist zunehmend in der Lage, auch intellektuell anspruchsvollere Aufgaben zu automatisieren. Damit erreicht die Sorge über technologische Arbeitslosigkeit auch die Anwaltschaft. Eine mögliche Reaktion darauf ist eine Neuausrichtung des Wertschöpfungsportfolios der Rechtsdienstleistungsbranche, weg von einem engen Fokus auf Faktenwissen und analytische Argumentationsfähigkeit, und hin zu «soft skills» wie insbesondere die Kreativität. Dabei werden jedoch zwei problematische Annahmen gemacht: zum einen, dass Kreativität eine positive Eigenschaften guter Rechtsberatung sei und zum anderen, dass sie tatsächlich nicht auch durch maschinelle Intelligenz ersetzt werden kann. Dieser Beitrag zielt darauf ab, beide Annahmen zu hinterfragen.
Abstract
Hochautomatisierte Fahrzeuge sind ein wichtiges und interessantes Beispiel für die Herausforderungen, die sich durch mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Systeme für das Recht ergeben: Bei Kraftfahrzeugen handelt es sich um grenzüberschreitend eingesetzte, international vertriebene Produkte, die aufgrund des erheblichen Gefahrenpotentials einer intensiven rechtlichen Regelung unterliegen. Der Beitrag erörtert anhand der Anforderungen an die Zulassung hochautomatisierter Fahrzeuge zum Straßenverkehr die besonderen Herausforderungen, die sich durch künstliche Intelligenz für die Regulierung von Technologie ergeben.
Abstract
Der Beitrag behandelt drei zentrale Herausforderungen für den Datenschutz – Profiling, Big Data und Künstliche Intelligenz sowie die Datenverarbeitung in Sozialen Netzwerken und auf Plattformen. Er schildert die Problemlagen und zeigt auf, wo die DSGVO Regelungen trifft und wo Regelungslücken bestehen. Die Autorin dankt Loïc Reissner für die kluge Unterstützung bei der Recherche/Fußnoten.

Abstract
Der «Microsoft Ireland» Fall kam Anfang 2018 vor den Obersten Gerichtshof der USA. Aufgrund der Einführung des CLOUD-Acts im Mai 2018 wurde er eingestellt. Der CLOUD-Act wurde erlassen, um die grundlegenden Probleme zu lösen, die den Kern des «Microsoft Ireland» Falls ausmachen. Dieser Beitrag konzentriert sich auf zwei wesentliche Aspekte dieser Entwicklung: die widersprüchliche und oft chaotische Auffassung von Souveränität vieler der beteiligten Akteure und der bemerkenswerte Schritt eines privaten Unternehmens wie Microsoft, Regulierung in einer Zeit zu beeinflussen, in der Unternehmen, Technologien, Datenströme und Regierungen Grenzen überschreiten und das territoriale Verständnis der Weltordnung infrage stellen.
Abstract
Eine der vielen verschiedenen Beziehungen zwischen Recht und Technik besteht darin, dass Rechtsdurchsetzung auch durch Technikgestaltung erfolgen kann. Nach Erörterung der Grundlagen dieses Prinzips werden dessen spezifische Ausgestaltung als Privacy by Design und konkrete Normierung in Art. 25 DSGVO näher beleuchtet. Ein Fortschritt in der praktischen Umsetzung von Privacy by Design soll mit der hier postulierten Unterscheidung der sich aus Art. 25 DSGVO ergebenden Anforderungen in konkrete Standardanforderungen und abstrakte Anforderungen erreicht werden. Schließlich wird auch ein besonderer Fokus auf die Bedeutung von Privacy by Architecture gelegt.
Abstract
Rechtsdurchsetzung durch Technikgestaltung ist, wie im Einleitungsbeitrag von Hötzendorfer dargestellt, eine effektive Methode zur Umsetzung politischer Vorgaben durch Rechtsnormen, welche dazu verpflichten, die Vorgaben in der Technikgestaltung umzusetzen. Staatliche Organe haben bei der Gestaltung technischer Hilfsmittel zur Vollziehung stets das rechtsstaatliche Prinzip zu beachten. Rechtsstaatlichkeit durch Technikgestaltung als modernes Verfassungsprinzip wird aus den Grundrechten abgeleitet und inkludiert vor allem auch die technische Absicherung verfahrensrechtlicher Bestimmungen, die der Rechtsstaatlichkeit und dem Rechtsschutz dienen.
Abstract
Privatsphäre und Frieden: Dieses Kapitel identifiziert das Smartphone als eine der wichtigsten datenschutzrelevanten Veränderungen, seit Erich Schweighofer in den 1980er Jahren die Szene betrat. Die daraus resultierende Explosion von nutzergenerierten Inhalten und Transaktionsdaten, da die Menschen ununterbrochen und überall auf das Internet zugreifen, bietet einen fruchtbaren Boden für die Online-Überwachung durch staatlich geförderte Akteure. Während die Staaten einen unerklärten Krieg im Cyberspace führen, entstehen zwei neue Paradoxien. Die Privatsphäre ist zum Hauptopfer eines kalten Krieges geworden, der derzeit im Cyberspace tobt und in Wirklichkeit den Ausbruch eines heißen Krieges mit scharfen Kugeln in der Offline-Welt verhindern könnte.
