Jusletter IT

Vorwort

  • Autoren/Autorinnen: Walter Hötzendorfer / Christof Tschohl / Franz Kummer
  • Beitragsart: Vorwort
  • Sammlung: International Trends in Legal Informatics - Festschrift Erich Schweighofer 2020
  • DOI: 10.38023/162db275-d778-4889-ba20-a5c1159b7c3e
  • Zitiervorschlag: Walter Hötzendorfer / Christof Tschohl / Franz Kummer, Vorwort, in: Jusletter IT 21. Dezember 2020
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Erich Schweighofer ist eine der zentralen Persönlichkeiten der Rechtsinformatik in Europa und weltweit. Anfang Februar 2020, also kurz vor dem Internationalen Rechtsinformatik Symposion IRIS2020 in Salzburg, feierte Erich Schweighofer seinen 60. Geburtstag. Dieses Jubiläum nehmen wir zum Anlass, ihm die vorliegende Festschrift zu widmen.

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Wir haben den Titel «International Trends in Legal Informatics» gewählt, um das reichhaltige Schaffen von Erich Schweighofer als Hochschullehrer, Herausgeber wissenschaftlicher Sammelwerke und vor allem als Wissenschaftler und Autor an der Schnittstelle von Recht und Informatik zu würdigen.

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Im Rahmen dieser Würdigung hervorzuheben ist insbesondere Erich Schweighofers enormes Engagement für die Rechtsinformatik-Community sowie in diversen Fachverbänden und in der Zivilgesellschaft, das ihn nicht nur als Universitätsprofessor, sondern ebenso als couragierten, verantwortungsvollen Bürger auszeichnet. Dazu sei, als eindrucksvolle und beispielhafte Anekdote, daran erinnert, wie Erich Schweighofer den 1. Dezember 2009 verbrachte, den Tag an dem der EU-Reform-Vertrag von Lissabon in Kraft trat und die EU-Grundrechte-Charta Primärrecht wurde. Mit dem von ihm gegründeten Wiener Zentrum für Rechtsinformatik (WZRI) lud er zur Podiumsdiskussion über den Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (VDS), und zwar in den damals von protestierenden Studierenden besetzten Audi Max der Universität Wien, um der öffentlichen Debatte zu größerer Aufmerksamkeit zu verhelfen und dennoch den universitären Boden der Sachlichkeit eines wissenschaftlichen Diskurses nicht zu verlassen. Damals wurde der sachliche Grundstein für die spätere Aufhebung der VDS-Richtlinie durch den EuGH (Digital Rights Ireland u.a. 2014) gelegt. Erich Schweighofer selbst war dabei mit großer Zivilcourage beteiligt und fungierte als einer der prominenten Erstbeschwerdeführer unter den insgesamt 11.167 Menschen, deren Anträge an den Verfassungsgerichtshof dem Erfolg zugrunde lagen.

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Das ehrenamtliche Engagement von Erich Schweighofer drückt sich vor allem auch in der Erfüllung zahlreicher Aufgaben und Funktionen in Fachverbänden und internationalen Organisationen aus, von denen an dieser Stelle nur eine Auswahl genannt werden kann. Sie reichen von dem von ihm gegründeten Wiener Zentrum für Rechtsinformatik (WZRI) über die Österreichische Computer Gesellschaft (OCG), die Gesellschaft für Informatik (GI), die Deutsche Gesellschaft für Recht und Informatik (DGRI) und den Council of European Professional Informatics Societies (CEPIS) bis hin zur Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). In den meisten dieser Organisationen hat Erich Schweighofer eine leitenden Rolle übernommen.

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Unter den hauptberuflichen Tätigkeiten Erich Schweighofers sind neben seiner Tätigkeit als Außerordentlicher Universitätsprofessor an der Universität Wien in den Fächern Rechtsinformatik, Völkerrecht und Europarecht auch einige weitere Besonderheiten hervorzuheben. Bereits von 1989 bis 1994 war er im Rahmen seiner Tätigkeit an der Universität Wien auch EDV-Beauftragter der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Bemerkenswert sind vor allem auch seine beruflichen Tätigkeiten als wissenschaftlicher Leiter der Europaausbildung der Verwaltungsakademie des Bundes in Wien zwischen 1998 und 2000 sowie als Hauptverwaltungsrat bei der Europäischen Kommission, Generaldirektion Landwirtschaft im Referat Wettbewerb in Brüssel von 2002 bis 2007.

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Besonders hervorzuheben ist Erich Schweighofers Bedeutung für das Internationale Rechtsinformatik Symposion (IRIS), das er gemeinsam mit anderen Pionieren der Rechtsinformatik geschaffen hat und nach wie vor maßgeblich gestaltet. Die geistigen Wurzeln des IRIS reichen zurück zum «Wiener Seminar für Rechts- und Verwaltungsinformatik», mit dem Erich Schweighofer, Friedrich Lachmayer, Werner Robert Svoboda sowie Roland Traunmüller ein völlig neues wissenschaftliches Forum schufen. Auf Anregung von A Min Tjoa verfolgte Erich Schweighofer seit Mitte der 1990er-Jahre das Anliegen, eine jährliche Rechtsinformatikkonferenz zu etablieren. Dies gelang ihm schließlich, ausgehend von Impulsen Friedrich Lachmayers, mit dem Internationalen Rechtsinformatik Symposion (IRIS), das sich zur größten und wohl auch vielfältigsten Rechtsinformatik-Konferenz Mitteleuropas entwickelte – eine einzigartige Konferenz auf höchstem Niveau, die vieles ermöglicht, mit offenem Geist und einer starken Community. Dazu gehört auch ein offener Zugang für den wissenschaftlichen Nachwuchs und für Praktikerinnen und Praktiker, geprägt von der Haltung Erich Schweighofers, die Menschen in ihrer beruflichen und wissenschaftlichen Arbeit zu fördern. Auf diese Weise wurde in einem jungen, transdisziplinären, hoch volatilen und ebenso komplexen Forschungsgebiet ein generationenübergreifendes Forum der Rechtsinformatik in Europa etabliert, welches immer weiter wächst und gedeiht.

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Mit den alljährlich bereits mit Beginn der Konferenz erscheinenden Tagungsbänden des IRIS hat Erich Schweighofer auch eine umfassende bleibende Dokumentation des wissenschaftlichen Outputs in der Rechtsinformatik geschaffen. Die Tagungsbände erscheinen seit 2011 auch in digitaler Form als Sonderausgaben der juristischen Fachzeitschrift Jusletter IT, die von Erich Schweighofer gemeinsam mit Franz Kummer seit 2011 herausgegeben wird. Somit feiern wir im Jahr 2020 auch bereits das zehnjährige Jubiläum von Jusletter IT und damit eine vierstellige Zahl an Beiträgen, die bereits in Jusletter IT erschienen sind. Dies umfasst auch die Beiträge der IRIS-Tagungsbände, die vom Verlag Weblaw bis zurück ins Jahr 2000 in den digitalen Bestand von Jusletter IT aufgenommen wurden. Somit kommt den IRIS-Tagungsbänden und ihrer Digitalisierung neben ihrer wissenschaftlichen Bedeutung auch bereits eine eigenständige Bedeutung für die Geschichte der Disziplin Rechtsinformatik zu.

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All dies führt uns die enorme Schaffenskraft von Erich Schweighofer vor Augen. Er ist Visionär und zugleich jemand, der gestaltet. Mit großer Integrationskraft motiviert er fähige und produktive Menschen, Visionen umzusetzen, und geht dabei stets selbst voran, fordert von sich selbst immer den höchsten Einsatz und kümmert sich persönlich auch um Details. Erich Schweighofer versteht es besonders, Menschen in die Lage zu versetzen, ihre Potenziale zu nutzen, indem er ihnen mehr zutraut, als sie sich selbst zutrauen. Er bietet Menschen Chancen, handelt altruistisch, kann Schwächen tolerieren und Menschen mit viel Wohlwollen dabei unterstützen, dass diese Schwächen weniger zum Tragen kommen. Erich Schweighofer hat sich daher vor allem auch große Verdienste als Mentor und Förderer zahlreicher Nachwuchs-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler erworben, und einer noch viel größeren Zahl von Praktikerinnen und Praktikern, die im weiten fachlichen Umfeld der Rechtsinformatik tätig und ihm vielfach bis heute eng verbunden sind.

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Bereits zu Erich Schweighofers fünfzigstem Geburtstag ist bei Editions Weblaw eine beeindruckend umfangreiche Festschrift («Strukturierung der Juristischen Semantik – Structuring Legal Semantics») erschienen, herausgegeben von Anton Geist, Colette R. Brunschwig, Friedrich Lachmayer und Günther Schefbeck. Von vorn herein war uns bewusst, dass wir nicht die Kapazität haben würden, an den Umfang der ersten Festschrift heranzukommen. Wir mussten die äußerst schwierige Wahl treffen, welche Autorinnen und Autoren wir einladen wollten, einen Beitrag zu verfassen. Nach viel zu langem Zuwarten aufgrund dieser schwierigen Frage, entschieden wir uns für eine vorwiegend akademisch und international ausgerichtete AutorInnenschaft, die vor allem auch komplementär zur ersten Festschrift sein, und trotzdem zugleich eine gewisse personelle Kontinuität dazu aufweisen sollte. Somit versuchten wir vor allem auch, akademische Persönlichkeiten zu gewinnen, die in den letzten zehn Jahren zu Wegbegleitern und Kooperationspartnerinnen Erich Schweighofers geworden sind, aber auch Wegbegleiter der ersten Stunde, die in der ersten Festschrift noch nicht zu Wort gekommen sind. Darüber hinaus verzichteten wir auf Vorgaben betreffend die Länge der Beiträge, sodass die Festschrift nun sehr divers – eine spannende Blumenwiese – geworden ist, was uns sehr freut.

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In guter Schweighofer’scher Tradition sind sowohl deutschsprachige als auch englischsprachige Beiträge in der Festschrift vereint. Wie das Schaffen von Erich Schweighofer weisen auch die Beiträge in diesem Band eine enorm große inhaltliche Bandbreite auf. Diese reicht von Good Old Fashioned AI and Law, Rechtsinformation und Rechtssprache bis hin zur Regulierung von Technik, zum Urheberrecht, Datenschutzrecht und Völkerrecht. Wir haben versucht, Beiträge mit verwandten Themen zu gruppieren, aber von einer weitergehenden Strukturierung des Bandes abgesehen. Insbesondere die Beiträge von A Min Tjoa, Rolf H. Weber und Maximilian Herberger nehmen speziell Bezug auf die Person Erich Schweighofer und finden auf ihre Weise auch sehr persönliche Worte.

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Für das Zustandekommen dieses Liber amicorum geht unser besonderer Dank an die Autorinnen und Autoren, an die Kolleginnen und Kollegen von Editions Weblaw und Research Institute sowie an Friedrich Lachmayer.

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Im Namen aller Autorinnen und Autoren wünschen wir dir, lieber Erich, von Herzen alles Gute zu deinem 60. Geburtstag und viel Glück, Gesundheit und Motivation auf deinem weiteren Lebensweg.

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Es versteht sich von selbst, dass eine Festschrift zum 60. Geburtstag nur eine Station auf dem langen und nicht immer einfachen Weg einer erfolgreichen Wissenschaftskarriere markiert, die noch lange andauern möge. Ad multos annos!

Wien und Bern im Jänner 2020

Walter Hötzendorfer, Christof Tschohl und Franz Kummer

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