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Die Entwicklung der eLEGISTIK in der Steiermark

  • Autor/Autorin: Renate Krenn-Mayer
  • Beitragsart: Legistik
  • Rechtsgebiete: Legistik
  • Sammlung: Festschrift für Friedrich Lachmayer 2023
  • DOI: 10.38023/71d7e054-b326-49c5-9d4c-4acfce7139cc
  • Zitiervorschlag: Renate Krenn-Mayer, Die Entwicklung der eLEGISTIK in der Steiermark, in: Jusletter IT 29. Juni 2023
Die Einführung elektronischer Legistik im Land Steiermark erfolgte schrittweise: Nachdem das konsolidierte Landesrecht bereits 1997 und das nicht authentische Landesgesetzblatt 2004 im Rechtsinformationssystem des Bundes verfügbar gemacht worden waren, folgten die Systeme PALLAST („Papierloser Landtag“) 2005 und ERS („Elektronische Regierungssitzung“) 2010. Mit dem ELAK („Elektronischer Akt“) war ab 2012 ein durchgängiger elektronischer Produktionsprozess für Landesgesetze gewährleistet. Seit 2014 wird das Landesgesetzblatt authentisch im RIS kundgemacht und werden auf Dokumentebene eigene IT-Tools bei neuen Gesetzesentwürfen verwendet. Den Rahmen für die elektronische Rechtsetzung gibt das Legistische Handbuch der Steiermark.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Abgrenzung
  • 3. Elemente des Rechtsetzungsprozesses
  • 4. Meilensteine in der Entwicklung des Rechtsetzungsprozesses
  • 4.1. 1997 – Konsolidiertes Landesrecht im RIS
  • 4.2. 2004 – Landesgesetzblätter im RIS
  • 4.3. 2004 – ePartizipation
  • 4.4. 2005 – Papierloser Landtag
  • 4.5. 2010 – Elektronische Kundmachung in Graz
  • 4.6. 2010 – Elektronische Sitzung der Landesregierung
  • 4.7. 2012 – Lückenschluss mit dem elektronischen Akt
  • 4.8. 2014 – LGBl authentisch im RIS und die Folgen
  • 4.9. 2023 – Vollelektronisches Bezirksverordnungsblatt
  • 5. Inhaltslegistik
  • 5.1. Elektronisches Legistisches Handbuch
  • 5.2. Elektronische Legistik-Tools
  • 6. Resümee

1.

Einleitung ^

[1]

„Nun zeigt es sich aber, und zwar insbesondere im Laufe dieser Diskussionen im Rahmen der Klagenfurter Legistik-Gespräche, dass eigentlich die Innovation im elektronischen Bereich erfolgt ist, so dass das steiermärkische Projekt nicht nur ein gelungenes Beispiel für eine Neugestaltung der Legistischen Richtlinien ist, sondern darüber hinaus auch ein Pionierprojekt einer elektronischen Legistik, so dass das steiermärkische Beispiel dann auch im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft 2006 in der EG-Arbeitsgruppe Rechtsinformatik als ein paradigmatisches Projekt der europäischen Fachöffentlichkeit vorgestellt werden konnte. Diese Perspektive wurde aber im Rahmen der Klagenfurter Legistik-Gespräche eröffnet, weil erst im Kontext der Diskussion deutlich wurde, wie sehr die steiermärkische Weiterentwicklung zunächst auf der traditionellen Schiene auch als innovativ im Rahmen der modernen elektronischen Legistik anzusehen ist.“1

[2]

Schon der Titel des Beitrags von Simon Korenjak und Friedrich Lachmayer, aus dem das obige Zitat, stammt, weist auf einen Impulsgeber für die Entwicklung der eLegistik in der Steiermark hin: Es sind die seit 2003 jährlich durchgeführten Legistik-Gespräche in Klagenfurt, die ihrerseits ursprünglich vom Ziel der elektronischen Kundmachung von Landesrechtsvorschriften im RIS getragen waren. Die allseits bekannten Verdienste von Lachmayer um die von ihm viele Jahre lang geleiteten – ab 2014 in Linz fortgeführten – Klagenfurter Legistik-Gespräche sind hier nicht Gegenstand, sollen aber trotzdem gewürdigt werden, denn ohne sie wäre die Entwicklung der eLegistik in der Steiermark anders und vielleicht langsamer verlaufen.2 Das in den Tagungsbänden festgehaltene Programm der Legistik-Gespräche spiegelt die legistischen Entwicklungen auf Bundes- und Landesebene wider, dies in Beiträgen von Personen, die in eben diese Entwicklungen involviert waren oder sie für ihren Bereich selbst vorangetrieben und getragen haben. Man muss nur die Inhaltsverzeichnisse der Tagungsbände von Beginn an lesen, um im Zeitraffer die Entwicklungsschritte (auch) der eLegistik mitzuverfolgen. Und so ist es kein Zufall, dass die meisten der im Folgenden genannten Quellen aus eben diesen Tagungsbänden stammen.

2.

Abgrenzung ^

[3]

Der Begriff „eLegistik“3.wird nicht in einheitlicher, feststehender Bedeutung verwendet. Eher eng fasst ihn beispielsweise Michael Raffler (im Kontext der Darstellung der Schnittstelle zu E-Government):4 „Unter dem E-Recht ist die durchgehende elektronische Umsetzung der Arbeitsschritte der Rechtssetzung vom vorparlamentarischen Begutachtungsverfahren bis zur Kundmachung zu verstehen, und zwar ohne Brüche in der Dokumentenbearbeitung. In Anlehnung an diese Bezeichnung könnte man den Einsatz der legistischen Formulare als E-Legistik bezeichnen.“ Mit dieser Begriffsbildung bezieht sich Raffler einerseits auf das erfolgreiche Projekt „E-Recht“ des Bundes5 und knüpft dazu an eine Definition von Günther Schefbeck6 an, andererseits fokussiert er sein Verständnis von „E-Legistik“ auf elektronische Methoden und Hilfsmittel im engeren Sinn, sozusagen auf den Werkzeugkoffer der legistischen Zunft, und trennt den Rechtsetzungsprozess rein begrifflich von der Legistik. Damit greift Raffler das frühe Verständnis von eLegistik auf, das etwa Anna Kemptner und Edmund Primosch 2003 – im Kontext einer einschlägigen Aufgabenstellung und der damals verfügbaren technischen Möglichkeiten – vertraten: Als Elemente einer elektronischen Legistik wurden hier die Potenziale elektronischer Legistischer Richtlinien als vielseitiges legistisches Informations-Management-System skizziert.7

[4]

Welche Definition die treffendste ist, kann dahingestellt bleiben, denn in der Praxis zeigt sich eine untrennbare Verschränkung der genannten Elemente, was auch ein Blick auf die Themenvielfalt der Legistik-Gespräche bestätigt. Mit Schefbeck8 sehe ich daher als Gegenstand der Legistik „sowohl [den] Prozess der Rechtsetzung als auch die Methode der formalen und materiellen Rechtsgestaltung. Dabei umfasst der Prozess der Rechtsetzung das ganze weite Spektrum von der Planungs- und Entwurfsphase einer Norm über die Phase ihrer vorparlamentarischen und parlamentarischen Beratung bis hin zu ihrer Kundmachung und darüber hinaus zu ihrer Evaluation, die wiederum in die Planung der weiteren Rechtsfortbildung überleiten wird.“ In diesem Konzept nehmen Legistische Richtlinien als Metaregeln der Rechtsregelproduktion einen de iure irrelevanten, de facto aber sehr wichtigen Platz ein, vielleicht gerade weil sie – um mit Friedrich Lachmayer9 zu sprechen – die praktischen „Produktionsanweisungen“ zum abstrakteren rechtlich vorgegebenen „Drehbuch“ sind. Letzteres gibt kurz und bündig jene Bedingungen vor, die erfüllt sein müssen, damit eine Rechtsnorm ordnungsgemäß – das heißt bei Gesetzen verfassungskonform und bei Verordnungen gesetzeskonform – erzeugt ist. Die Legistik zeigt, wie das geht. Sie bündelt das erforderliche Spezialwissen, und sie zeigt den Umgang mit Methoden und (auch elektronischen) Mitteln, die zur Umsetzung von Regelungsvorhaben im weitesten Sinn gebraucht werden.

[5]

Für die Zwecke dieses Beitrags soll unter eLegistik daher jede Form der elektronischen Unterstützung des Rechtsetzungsprozesses und der Rechtsgestaltung verstanden werden, wobei die Verwendung bzw. Entwicklung elektronischer Tools die herkömmlichen Hilfsmittel transformiert und ergänzt, bis hin zur nachgelagerten Dokumentation und Aufbereitung des Rechtsetzungsprodukts und zur Gestaltung und Effektuierung von Legistischen Richtlinien. Damit kann ein Gesamtbild von der Entwicklung der eLegistik in der Steiermark gezeichnet werden, auch wenn der Scheinwerfer meist auf die Veränderungen in der praktischen legistischen Arbeit gerichtet bleibt.

3.

Elemente des Rechtsetzungsprozesses ^

[6]

Zur besseren Übersicht bei den folgenden Ausführungen sei vorab der Standard-Prozess bei der Entstehung von Rechtsvorschriften in groben Zügen bildlich in Erinnerung gerufen, hier für den „Normalfall“ Gesetz auf Basis einer Regierungsvorlage. In der Praxis hat das legistische Personal meist noch etliche Zwischen- oder Zusatzschritte zu beachten.

[7]

Nach dem verfassungsgesetzlichen „Drehbuch“ handelt es sich um einen linearen Prozess, bei dem jeder Schritt auf dem textlichen Ergebnis des vorigen Schrittes aufbaut und der mit der Kundmachung des Gesetzes endet.

[8]

Diese Betrachtung blendet die Tatsache aus, dass die meisten Rechtsvorschriften mehrfach novelliert werden, sodass der kundgemachte Text zugleich Ausgangsmaterial für den Entwurf der ersten Novelle ist und deren mit der Stammfassung konsolidierter Text wiederum Ausgangsmaterial für die zweite Novelle und so fort. Konsolidierung ist hier als das Zusammenfassen verschiedener zeitlicher Textschichten zu einem aktuellen Gesamttext zu verstehen, wobei die legistische Qualität der Novellierungstechnik für die Qualität der Konsolidierung maßgeblich ist.10

[9]

Somit entsteht theoretisch ein Kreislauf, praktisch aber nur dann, wenn und soweit die Schritte ohne Medienbruch aufeinander folgen. Die Eliminierung solcher Medienbrüche und somit das Schließen des Kreises zu einem durchgehenden elektronischen Workflow war und ist eines der Hauptthemen von eLegistik.

[10]

Man kann sicherlich sagen, dass „der Unterschied zwischen dem RIS und der Legistik […] vor allem darin [besteht], dass die Rechtsdokumentation am Ende des Gesetzwerdungsprozesses steht, die Legistik jedoch am Beginn“,11 doch ist die dokumentierte Norm der Ausgangspunkt und somit Baustein der nächsten Novelle: Sie ragt quasi als Startsockel in deren inhaltliche und formale Gestaltung hinein.

[11]

Der dargestellte Prozess ist bei Durchführungsverordnungen sehr ähnlich wie bei Gesetzen, nur braucht es für die Willensbildung des zuständigen Organs weniger Prozessschritte.

[12]

Gesetze gelten als die Königsdisziplin der Legistik, vorwiegend wegen ihrer in der Regel größeren inhaltlichen Komplexität und des umfangreicheren Rechtsetzungsprozesses. Dennoch sollte man die Durchführungsverordnungen nicht außer Acht lassen, die rein mengenmäßig fast drei Viertel des steiermärkischen Landesrechts ausmachen und somit für die Praxis der Legistik durchaus ins Gewicht fallen. Verordnungserlassende Behörden sind nicht nur Landesregierung und Landeshauptmann, sondern auch Sonderbehörden wie z.B. die Agrarbezirksbehörde, vor allem aber die 13 Bezirksverwaltungsbehörden.12

[13]

Mit Stichtag 16. Mai 2023 enthielt das konsolidierte steiermärkische Landesrecht im RIS 235 Landesgesetze, 489 Verordnungen der Landesregierung, 88 Verordnungen des Landeshauptmannes und 154 Verordnungen von Bezirkshauptmannschaften. Verordnungen der Stadt Graz und von Sonderbehörden sind dabei noch nicht berücksichtigt.

4.

Meilensteine in der Entwicklung des Rechtsetzungsprozesses ^

[14]

Die Entwicklung der eLegistik in der Steiermark lässt sich anhand einiger Meilensteine gut nachvollziehen. Dabei fällt auf, dass Anstöße aus unterschiedlicher Richtung kommen:

[15]

Häufig spielte – und spielt nach wie vor – die Verfügbarkeit neuer elektronischer Medien bzw. Anwendungen eine entscheidende Rolle, die nicht selten vom Bund für eigene legistische Zwecke entwickelt und erprobt und dann auch den Ländern zur Verfügung gestellt wurden oder die im Land eingeführt wurden, ohne speziell auf die Legistik zugeschnitten zu sein. Dann wieder hat der Gesetzgeber den Einsatz von eLegistik vorangetrieben, indem er die Verwendung elektronischer Medien im Rechtsetzungsprozess normierte. Und schließlich setzte das Legistische Handbuch der Steiermark immer wieder Impulse für die Entwicklung der eLegistik. Nachstehend die wichtigsten Daten.

4.1.

1997 – Konsolidiertes Landesrecht im RIS ^

[16]

Was anfangs wohl niemand der Legistik zugeordnet hätte, was sich aber später als wichtiger Baustein der elektronischen Rechtsetzung in der Steiermark erwies, war das – rechtlich unverbindliche – Zugänglichmachen des konsolidierten Landesrechts im Internet. Nicht irgendwo im Internet, sondern zentral im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS), das ursprünglich vom österreichischen Bundeskanzleramt (BKA) koordiniert und betrieben wurde. 1983 wurde es in seinen Grundzügen konzipiert und dann auf einer Großrechenanlage im Rechenzentrum des BKA betrieben. Ab Juni 1997 erfolgte nach Umstellung auf Web-Technologie der Start im Internet.13

[17]

Auch die Länder, die schon früh und kostenlos das Bundesrecht aus dem RIS abgefragt hatten – unvergessen das damals faszinierende Einwählen ins ferne Bundesrechenzentrum als Vorgeschmack auf die unendlichen Wissensspeicher des Internet – waren eingeladen, ihr Landesrecht in konsolidierter Form ins RIS einzuspeisen.

[18]

Die Steiermark begann mit der Einbringung des geltenden Landesrechts ins RIS im Herbst 1997. Die frühe Form der elektronischen Textverarbeitung hatte in den Amtsstuben ab Ende der 80er Jahre nach und nach Einzug gehalten und die Schreibmaschinen abgelöst. Das Landesrecht war nur bruchstückhaft elektronisch erfasst, und im steiermärkischen Verfassungsdienst hatte es Überlegungen gegeben, das Landesrecht auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen. Das Angebot zur Veröffentlichung im RIS kam somit mehr als gelegen und war ein Meilenstein der damaligen Rechtsdokumentations- und Rechtsbereinigungsbestrebungen: 1992 wurde ein eigens dafür eingestellter Jurist des Verfassungsdienstes mit einem eigenen PC ausgestattet – damals eine kleine Sensation –, um die Landesgesetzblätter bis 1945 rückwärts zu erfassen, zu systematisieren und einen Index des Landesrechts sowie konsolidierte Textfassungen zu erstellen.14 Ein wichtiges Produkt dieser Zeit war auch das Rechtsbereinigungsgesetz, mit dem Landesgesetze, die vor dem 1. Jänner 1960 in Kraft getreten waren, und Landesgesetze, mit denen solche Gesetze nach dem 1. Jänner 1960 geändert worden waren, aufgehoben wurden, sofern sie nicht in der Liste der Ausnahmen aufschienen.15

[19]

Als die Einbringung des Landesrechts ins RIS begann, waren die internen Vorarbeiten für eine Rechtsdokumentation in der Steiermark schon weit fortgeschritten. Zu diesem Zweck waren nicht einzelne Paragrafen, sondern war jeweils die ganze Rechtsvorschrift als Textdokument erfasst worden. Auch wenn das Konzept des RIS von Anfang an auf die Erfassung einzelner Paragrafen gerichtet war, bestand die Möglichkeit, eine ganze Rechtsvorschrift als Erfassungseinheit hochzuladen. Davon machte die Steiermark Gebrauch, da eine Umstellung nach damaliger Einschätzung einen sehr großen Aufwand bei geringem Zusatznutzen gebracht hätte. Nur die Abfrage historischer Fassungen wurde dadurch nicht ermöglicht, was aber gerne in Kauf genommen und auf die Zukunft vertagt wurde, umso mehr, als die historischen Fassungen intern sehr wohl dokumentiert und auf Anfrage auch Externen zur Verfügung gestellt wurden. Und so musste für die Einbringung ins RIS jeweils nur eine spezielle Umformatierung der Textdateien erfolgen, was schnell zur Routine wurde.

[20]

Das geltende Landesrecht war bald weitgehend im RIS erfasst; nur einige blinde Flecken blieben vorläufig noch, nämlich Rechtsvorschriften, die sich durch unzählige Novellen, verschlungene zeitliche Schichtungen und eine auch sonst komplizierte Rechtsetzungstechnik der raschen Konsolidierung widersetzten, was insbesondere Dienstrechtsgesetze betraf.

[21]

Der Steiermärkische Landtag hatte schon 1994 und 1995 Entschließungen gefasst, die auf eine elektronische Veröffentlichung des Landesrechts abzielten, im Dezember 1998 formulierte er diesen Auftrag als § 12 des damals neu erlassenen Kundmachungsgesetzes16, das mit 1. Jänner 1999 in Kraft trat.17

[22]

Die Regierungsvorlage hatte diese Bestimmung noch nicht enthalten, da angesichts der bereits erfolgreich laufenden umfassenden RIS-Einbringung ein Regelungsbedarf nicht ersichtlich war, doch waren die Abgeordneten anderer Meinung.18 Wie auch immer, die systematische zentrale Erfassung und Wartung des Landesrechts – sozusagen in Form einer vertrauenswürdigen Pseudo-Wiederverlautbarung – verbesserte zweifellos die Ausgangsposition für legistische Projekte und brachte damit eine Arbeitserleichterung für die Legistinnen und Legisten.

[23]

Ein weiterer Fortschritt war im Jahr 2005 zu verzeichnen: Bei jeder Rechtsvorschrift im RIS wurden nun nach dem Vorbild des Bundesrechts zur Stammfassung und allen Novellen die Fundstellen samt Gesetzesmaterialien zitiert. Kurze Zeit später erfolgte auch die Verlinkung zu den Gesetzesmaterialien, die der Landtag seit Herbst 2000 im Internet zur Verfügung gestellt hatte.

4.2.

2004 – Landesgesetzblätter im RIS ^

[24]

Entsprechend den damaligen gesetzlichen Vorgaben erfolgte die Kundmachung des Landesgesetzblattes für die Steiermark bis zum Jahr 2014 auf traditionelle Weise durch Druck und Versand der Stücke des Landesgesetzblattes, die ihrerseits in aller Regel mehrere Nummern enthielten, um die verwendeten großen Papierbögen zu füllen. Allerdings war auch die Landesdruckerei mit der Zeit gegangen, sodass sie ihrem Auftraggeber, dem Amt der steiermärkischen Landesregierung, PDF-Dateien der gedruckten Originale zur Verfügung stellte. Dadurch konnte eine neue Kategorie des Bereichs „Landesrecht“ im RIS befüllt werden, nämlich die nicht authentischen Landesgesetzblätter:

[25]

Ab dem Jahr 2004 wurde jedes papierförmig kundgemachte Landesgesetzblatt am selben oder nächsten Tag zusätzlich ins RIS hochgeladen, wo es zwar nicht authentisch, aber identisch mit dem gedruckten Stück kostenlos zum Download zur Verfügung stand. Dieses Service erfreute sich bald großer Beliebtheit, nicht zuletzt weil es durch den neu geschaffenen LGBl.-Newsletter ergänzt wurde, der direkt zum betreffenden Landesgesetzblatt im RIS verlinkt war. Für den Großteil des Jahres 2004 wurde der Newsletter amtsintern versandt, ab Ende November 2004 stand er über den Internetserver der Landesverwaltung auch allen interessierten externen Personen zur Anmeldung offen. Absender war der Verfassungsdienst im Amt der Landesregierung (zugleich Redaktion des Landesgesetzblattes und Hüter der virtuellen Schlüssel zum RIS).

[26]

Ab 2004 erfolgte auch die Rückwärtserfassung der Landesgesetzblätter im RIS für die Zeit ab 1993, somit für alle Jahre, von denen die Landesdruckerei durchsuchbare PDF-Dateien von den Originalen hatte, was eine Voraussetzung für die Volltextsuche im RIS war. (Die älteren Landesgesetzblätter wurden im Laufe der Zeit nach und nach zurück bis ins Jahr 1974 ins RIS eingebracht, wobei die eingescannten Stücke zunächst als PDF-Datei abgespeichert und dann mit einem Texterkennungsprogramm behandelt wurden, um ein zusätzliches der Volltextsuche zugängliches Dokument zu generieren.)

[27]

Bemerkenswert ist, dass diese nicht authentische Veröffentlichung des Landesgesetzblattes im RIS sich bald unmittelbar auf das Layout (auch) des Papieroriginals auswirkte: Ab 1. Jänner 2005 wurden die Seiten nicht mehr zweispaltig, sondern einspaltig gedruckt, um die Lesbarkeit der PDF-Dateien am Bildschirm nicht durch ständiges Hinauf- und Hinunterscrollen zu erschweren.

4.3.

2004 – ePartizipation ^

[28]

Die Begutachtung von Regelungsentwürfen des Bundes und der Länder wurde in Österreich durchgeführt, schon lange bevor sie gesetzlich vorgeschrieben war. Allerdings wurden nicht die Bürgerinnen und Bürger zur Stellungnahme eingeladen, sondern nur andere Gebietskörperschaften und betroffene Institutionen, insbesondere Interessenvertretungen. Mit dem Volksrechtegesetz19 wurden in der Steiermark Transparenz und Partizipation rechtlich verankert und mit Wirksamkeit ab 1. 1. 1987 neben zahlreichen anderen Maßnahmen ein auch an die Bevölkerung gerichtetes – zusätzliches – „allgemeines Begutachtungsverfahren“ für Gesetzes- und Verordnungsentwürfe der Landesregierung eingeführt.20 Dies galt aber nicht für alle derartigen Entwürfe, sondern nur für solche von besonderer Bedeutung, was sich aus dem detailreichen Ablauf und dem hohen administrativen Aufwand erklärt, der damit verbunden war.

[29]

Die Verlautbarung an der Amtstafel und in anderer Weise, dann die öffentliche Auflage des Entwurfs samt umfangreichen Zusatzinformationen bei mehreren Dienststellen, die kostenlose Verteilung dieser Unterlagen auf Wunsch, schließlich die Sammlung der eingelangten Stellungnahmen, der Bericht darüber, die Veröffentlichung des Ergebnisses und die abschließende Rückmeldung an die Personen, die eine Stellungnahme abgegeben hatten, all das war dem damaligen Standard entsprechend papierförmig abzuwickeln und daher weder aus Sicht der Verwaltung noch aus Sicht der Bevölkerung optimal.

[30]

Im Jahr 2004 war dann die Zeit reif für einen Systemwechsel: Internet und E-Mail waren zu allgemein etablierten und akzeptierten Kommunikationsmitteln geworden, und so wurde auf Basis eines Beschlusses der Landesregierung mit dem elektronischen Begutachtungsverfahren begonnen: Alle Begutachtungsentwürfe von Landesgesetzen und von Verordnungen der Landesregierung und des Landeshauptmanns samt Erläuterungen und – bei Novellen – Textgegenüberstellung wurden auf der Homepage der Landesregierung veröffentlicht, dazu eine E-Mail-Adresse für die Abgabe von Stellungnahmen. Die eingelangten Stellungnahmen wurden dann beim jeweiligen Entwurf online veröffentlicht. Die Akzeptanz war, wie nicht anders zu erwarten, hoch.

[31]

Vier Jahre später, also 2008, übersiedelte die elektronische Gesetzesbegutachtung auf Grund einer Entschließung des Steiermärkischen Landtags auf den Landtagsserver, während sich bei der elektronischen Verordnungsbegutachtung nichts änderte.

[32]

Im Jahr 2010 schließlich schrieb der Landesverfassungsgesetzgeber die nunmehr etablierte Praxis der allgemeinen elektronischen Begutachtung von Landesgesetzen und Verordnungen der Landesregierung in Art. 68 L-VG verpflichtend fest, einschließlich der Veröffentlichung aller eingelangten Stellungnahmen.21

[33]

Dieses niederschwellige allgemeine Begutachtungsverfahren wird bis heute, im Jahr 2023, in gleicher Weise praktiziert. Zu ergänzen ist nur noch, dass auch die weiterhin übliche gezielte Einladung zur Stellungnahme an öffentliche Stellen, Interessenvertretungen und sonst offensichtlich Betroffene selbstverständlich schon längst aus dem elektronischen Akt heraus per E-Mail erfolgt und auch die Stellungnahmen praktisch ausnahmslos in elektronischer Form einlangen, was wiederum deren Veröffentlichung im Internet ohne das früher notwendige Einscannen erlaubt.

[34]

Eine wichtige Ergänzung ist der Begutachtungs-Newsletter, dessen Abonnenten per E-Mail über jedes neue Begutachtungsverfahren informiert werden, jeweils mit Verlinkung zum Entwurf.

4.4.

2005 – Papierloser Landtag ^

[35]

Ein großer Schritt hin zur durchgängigen elektronischen Rechtsetzung ist dem steiermärkischen Landtag zu verdanken: Nach einer Projektlaufzeit von zweieinhalb Jahren wurde der Papierlose Landtag Steiermark („PALLAST“) mit Beginn der XV. Gesetzgebungsperiode Wirklichkeit, somit am 25. Oktober 2005. Dieses technische System hat sich seither sehr bewährt, wurde nach 10 Jahren durch die verbesserte Version 2.0 ersetzt und ist noch immer im Einsatz.

[36]

PALLAST ist ein übergreifendes System für die Vorbereitung und Durchführung der Sitzungen, die Publikation von Dokumenten in geschützten Bereichen sowie im öffentlichen Bereich (Internet) sowie ein Archivierungssystem für die systematische Ablage und Suche. Es enthält zahlreiche Workflows und basiert auf der Verwendung von xml-Dateien sowie der qualifizierten elektronischen Signatur, die den Abgeordneten in mobiler und komfortabler Form zur Verfügung gestellt wird.22

[37]

Die rechtlichen Voraussetzungen für diese weitblickende und damals mutige Umstellung wurde mit einer Änderung – formal einer Neuerlassung – des Gesetzes über die Geschäftsordnung des Landtags geschaffen.23 Darin wurde nicht nur der elektronische Schriftverkehr und die digitale Signatur als Standard festgelegt, sondern die Gelegenheit genützt, auch in anderer Hinsicht die Abläufe im Hohen Haus zu modernisieren und zu beschleunigen, etwa bei der Zuweisung von Verhandlungsgegenständen an Ausschüsse, was u.a. die Dauer jedes Gesetzgebungsprozesses deutlich verringerte.

[38]

Der gesamte Gesetzgebungsprozess vom Antrag bis zur Übermittlung des Beschlusses an den Landeshauptmann wird seither elektronisch abgewickelt, einschließlich der erforderlichen Unterschriften. Im papierlosen Landtag war die elektronische Kopplung an die Landesregierung bereits vorbereitet: “Der elektronische Arbeitsfluss hätte aufgrund der bestehenden GeoLT 2005 sofort auf die Landesregierung ausgedehnt werden und Stücke ohne Medienbruch direkt weiter bearbeitet werden können. Bis dahin wurden auch die einlangenden Regierungsvorlagen eingescannt und so in das elektronische System des Landtags eingebracht. Es wurde also bei Regierungsvorlagen, somit auch Gesetzesvorschlägen, so verfahren wie bei allen Schriftstücke externer Stellen, die nicht elektronisch einlangten, nämlich sie vor der weiteren Behandlung gemäß § 77 Abs. 2 GeoLT 2005 elektronisch zu erfassen.“24 Bis zum elektronischen Einlangen der Regierungsvorlagen vergingen allerdings noch einige Jahre.

4.5.

2010 – Elektronische Kundmachung in Graz ^

[39]

Auch wenn die Legistik der Stadt Graz und jene des Landes zwei getrennte Welten sind, soll hier doch erwähnt werden, dass die Vorreiterrolle bei der authentischen elektronischen Kundmachung in der Steiermark der Stadt Graz zukommt:

[40]

Das Präsidialamt des Magistrates Graz hatte im Zuge einer Aufgabenkritik vorgeschlagen, das Amtsblatt aus Einsparungsgründen in Zukunft nicht mehr in gedruckter Form aufzulegen, sondern es auf der Homepage der Stadt Graz zu publizieren. Für die Digitalisierung des Amtsblattes der Stadt Graz musste allerdings zuerst § 101 des Statutes der Landeshauptstadt Graz geändert werden. Die vorgeschlagene Regelung orientierte sich am Bundesgesetzblattgesetz, für das ja seit 2004 die authentische elektronische Kundmachung rechtlich determiniert ist.25 Der steiermärkische Landtag folgte dem Grazer Vorschlag26 und die Neuregelung konnte mit 16. Juni 2010 in Kraft treten.

[41]

Schon drei Wochen später, nämlich am 7. Juli 2010, wurde das Grazer Amtsblatt Nr. 9/2010 elektronisch auf www.graz.at kundgemacht. Ein Online-Amtsblatt war schon ab Beginn des Jahres 2010 zusätzlich zum gedruckten Exemplar verfügbar, jedoch noch nicht authentisch (erkennbar an der fehlenden Amtssignatur). Im Gegensatz zur Verordnungskundmachung im RIS bleiben die Verordnungen Teil des Amtsblattes, das durchschnittlich einmal monatlich in der traditionellen Form von Stücken (und nicht Einzelnummern) erscheint und neben rechtsverbindlichen Kundmachungen auch unterschiedliche Verlautbarungen und Bekanntmachungen enthält.

4.6.

2010 – Elektronische Sitzung der Landesregierung ^

[42]

Die Grundsatzentscheidung der Landesregierung für die Einführung des elektronischen Aktes (ELAK) und einen Pilotbetrieb fiel im Jahr 2000. Nach den ersten Gehversuchen im Referat Staatsbürgerschaft des Amtes der Landesregierung wurde der Probebetrieb zwischen 2002 und 2006 auf die Personalabteilung, die IT-Abteilung und schließlich die Europaabteilung ausgedehnt.

[43]

Ein Zwischenschritt vor der landesweiten Ausrollung des ELAK war das zwischen 2008 und 2010 abgewickelte Projekt „ERS – Elektronische Regierungssitzung“:

[44]

Sitzungen der Landesregierung dienen der kollegialen Beschlussfassung. Die Geschäftsordnung der Landesregierung sieht für bestimmte Angelegenheiten die gemeinsame Beratung und Beschlussfassung vor, alle anderen Angelegenheiten sind von den einzelnen Regierungsmitgliedern im Rahmen der Geschäftsverteilung selbständig zu erledigen.27 Die Sitzungen finden traditionell und in aller Regel physisch statt, und zwar wöchentlich. In Form von Videokonferenzen werden sie nur abgehalten, wenn der Landeshauptmann dies in besonderen Situationen verfügt,28 worauf in den letzten Jahren pandemiebedingt zeitweise zurückgegriffen werden musste.

[45]

Das Projekt „ERS – Elektronische Regierungssitzung“ bezog sich freilich nicht auf Videokonferenzen, sondern auf etwas ganz anderes, nämlich u.a. die Anbindung von Regierungssitzungen an die elektronische Aktenführung des Amtes. Für die Legistik ist dies hochrelevant, weil sämtliche in den Landtag einzubringenden Regierungsvorlagen, aber auch alle die Rechtsetzung des Landes sowie staatsrechtliche Vereinbarungen und Verträge betreffenden Angelegenheiten „sitzungspflichtig“ sind.29 Gesetzesvorschläge an den Landtag und Verordnungen der Landesregierung müssen also kollegial beschlossen werden. Solche Angelegenheiten werden – diesbezüglich gleich wie die nicht „sitzungspflichtigen“ Stücke – in den Abteilungen des Amtes der Landesregierung als Hilfsapparat der Landesregierung vorbereitet, dort also auch aktenmäßig geführt. Die Abteilungsleitungen übermitteln die Regierungssitzungsanträge aus diesen Akten heraus nach vorheriger inhaltlicher Abstimmung an die Regierungsbüros. Die Genehmigung von Regierungssitzungsanträgen war und ist nämlich den Mitgliedern der Landesregierung selbst vorbehalten;30 sie müssen also jene Stücke freigeben, die auf den „Sitzungsspiegel“, das ist die Tagesordnung der Regierungssitzung, kommen sollen.

[46]

Die Abwicklung der Regierungssitzungen selbst wird von der Landesamtsdirektion betreut. Dies umfasst insbesondere die Entgegennahme der Sitzungsstücke, die Führung des Sitzungsspiegels und des Protokolls sowie die Beurkundung der Beschlüsse und Rückübermittlung der mit dem jeweiligen Beschluss versehenen Sitzungsstücke an die Abteilungen des Amtes zur Aufnahme in deren Akten.

[47]

Die Geschäftsordnung der Landesregierung enthält detaillierte Regelungen, die im Vorfeld und bei der Abwicklung von Regierungssitzungen zu berücksichtigen sind. Die technische Umsetzung erfordert daher ein elektronisches Spezialsystem, das die Abwicklung der Regierungssitzungen umfassend unterstützt und die notwendigen Schnittstellen zum ELAK des Amtes der Landesregierung enthält.

[48]

2010 war es schließlich soweit: Das System „Elektronische Regierungssitzung (ERS)“ ermöglicht seither die digitale Übermittlung von Sitzungsanträgen und Beschlüssen aus dem bzw. in den ELAK sowie die Vorbereitung der Regierungssitzungen und Beurkundung der Beschlüsse in der Landesamtsdirektion; es enthält maßgeschneiderte Workflows und elektronische Signaturen. Der Benutzerkreis ist entsprechend seiner Funktion auf die Mitglieder der Landesregierung und ihre Büros sowie die Landesamtsdirektion eingeschränkt.

4.7.

2012 – Lückenschluss mit dem elektronischen Akt ^

[49]

Die Implementierung durchgängig elektronischer Prozesse ohne Medienbrüche wurde schon zu Beginn der 2000er Jahre als wichtiger Faktor zur Unterstützung der Aufgabenreform im Amt der Landesregierung gesehen und dementsprechend die Einführung des elektronischen Aktes projektiert. Die landesweite Ausrollung startete 2012.

[50]

Der steiermärkische Landesrechnungshof prüfte im Jahr 2016 den ELAK-Rollout und fasste einleitend zusammen: „Der ELAK dient zur elektronischen Aktenverarbeitung in der Verwaltung und verfolgt das Ziel einer papierlosen Bearbeitung des gesamten Akten- und Vorgangsmanagements. Durch ein Dokumentenmanagementsystem (DMS) sollen der gesamte Schriftverkehr sowie die Archivierung von Geschäftsfällen einer Dienststelle elektronisch abgewickelt und mittels eines Workflow-Systems alle Aktivitäten einzelner Benutzer transparent nachvollzogen bzw. abgebildet werden.“31

[51]

Für die Legistik brachte der elektronische Akt Vorteile: Der Schriftverkehr, insbesondere die Begutachtung, kann auf diesem Weg effizienter und schneller abgewickelt werden, und die implementierte Amtssignatur, die eine fortgeschrittene elektronische Signatur ist, ermöglicht die vollwertige elektronische Genehmigung der Schriftstücke.

[52]

Vor allem aber wurde mit dem Beginn des flächendeckenden ELAK-Rollouts 2012 dessen Anbindung an das System des papierlosen Landtags (PALLAST) und an das System der elektronischen Regierungssitzung (ERS) verwirklicht und damit ein durchgehender Workflow ermöglicht.

[53]

Regierungsvorlagen für Landesgesetze wurden nun von der jeweils zuständigen Abteilung im ELAK erstellt, über das ERS-System der Landesregierung zur Beschlussfassung vorgelegt, nach der Beschlussfassung elektronisch in den ELAK der Abteilung rückübermittelt und von dort an das PALLAST-System weitergeleitet.

[54]

Eine grundlegende Notwendigkeit für die Legistik war im ERS und im PALLAST anfangs allerdings noch nicht berücksichtigt, nämlich dass die Dateien nicht nur im standardmäßig generierten PDF-Format, sondern parallel dazu im Word-Format transportiert werden müssen, um an der nächsten Station des Prozesses weiterbearbeitet werden zu können. Bis zur Behebung dieses Mangels wurden daher zusätzlich E-Mails mit Word-Dateien hin- und hergeschickt.

[55]

Mit der elektronischen Übermittlung der Gesetzesbeschlüsse zwecks Kundmachung an das Amt der Landesregierung war der elektronische Workflow noch nicht ganz zu Ende:

[56]

Die Versendung von Gesetzesbeschlüssen an das Bundeskanzleramt im Verfahren nach Art. 97 B-VG bzw. § 9 und 14 F-VG erfolgte ebenfalls bald elektronisch, nicht zuletzt weil für die Abfertigung eine Schnittstelle zur nachweislichen elektronischen Zustellung zur Verfügung stand, damit also ein digitaler Rückscheinbrief,32 der den herkömmlichen physischen RSb-Brief ersetzen konnte, nachdem das Bundeskanzleramt als Empfänger bei einem elektronischen Zustelldienst angemeldet und somit erreichbar war.

[57]

Danach endete der elektronische Workflow, und die physische Kundmachung begann: Der Gesetzesbeschluss wurde wie bisher zuerst vom Landeshauptmann und danach von einem zweiten Regierungsmitglied mittels eigenhändiger Unterschrift beurkundet und danach das von der Landesdruckerei gesetzte und nach Fehlerkontrolle und Freigabe gedruckte Landesgesetzblatt herausgegeben und versendet.

4.8.

2014 – LGBl authentisch im RIS und die Folgen ^

[58]

Den Durchbruch zu einem qualitätsgesicherten durchgängigen Rechtsetzungsworkflow brachte in der Steiermark der Umstieg auf die authentische Kundmachung der Landesgesetzblätter im RIS.

[59]

Die ab dem Jahr 2004 im RIS erfolgende authentische Kundmachung des Bundesgesetzblattes hatte sich als Erfolgsmodell erwiesen, und bei den Ländern wuchs das Interesse an einer authentischen Kundmachung ihrer generellen Normen im Internet, wobei bald das RIS als zentrale und sichere Kundmachungsplattform auch für die Landesgesetzblätter angestrebt wurde. Dies warf allerdings verfassungsrechtliche Fragen33 auf, deren Lösung nach Prüfung verschiedener Alternativen schließlich der mit BGBl. I Nr. 51/2012 eingeführte Art. 101a B-VG34 brachte: „Die Kundmachung der im Landesgesetzblatt zu verlautbarenden Rechtsvorschriften kann im Rahmen des Rechtsinformationssystems des Bundes erfolgen.“

[60]

Wie alle anderen Länder machte die Steiermark von dieser Möglichkeit Gebrauch. In enger Anlehnung an die Regelung auf Bundesebene wurde das Kundmachungsgesetz geändert35 und ab 1. Jänner 2014 mit der authentischen elektronischen Kundmachung des Landesgesetzblattes in der eigens dafür geschaffenen Applikation des RIS36 begonnen.

[61]

Die Umstellung erforderte eine gründliche Vorbereitung auf Landesseite, da das Verarbeiten von Dateien im RIS nur möglich ist, wenn die Texte mit einem speziellen Makro formatiert sind (die für die Länder etwas adaptierte Version ist das Word-AddIn „LRLegistik“). Es hätte freilich ausgereicht, diese Formatierung erst unmittelbar vor der Kundmachung am Gesetzesbeschluss vorzunehmen und im vorgelagerten Rechtsetzungsprozess die bisherigen „landeseigenen“ Formatvorlagen weiter zu verwenden. Es war aber offensichtlich, dass das bisher notwendige und oft mehrfache Umformatieren während des Rechtsetzungsprozesses entfallen konnte, wenn von Anfang bis zum Ende durchgehend die RIS-Formatvorlagen verwendet wurden.

[62]

Also wurde die Entscheidung getroffen, alle in der steiermärkischen Legistik bis dahin verwendeten Dokument- und Formatvorlagen aufzugeben. Für die Formatierung, aber auch für die grammatikalische und formale Korrektheit, mussten die Legistinnen und Legisten sorgen, was bisher durch die Prüfroutinen der Landesdruckerei abgefedert gewesen war. Auf die entsprechende Schulung und Betreuung durch den Verfassungsdienst wurde besonderes Gewicht gelegt. Was den Umgang mit LRLegistik anging, hatte der Verfassungsdienst bei Beginn der elektronischen Kundmachung sozusagen im Trockentraining bereits viel Erfahrung gesammelt:

[63]

Ebenfalls mit 2014 erfolgte nämlich die Umstellung des konsolidierten steiermärkischen Landesrechts im RIS vom bisherigen System eines Gesamtdokuments der geltenden Fassung auf die paragrafenweise Erfassung. Das erforderte im Vorfeld das Umformatieren von ca. 16 000 Paragrafen, was innerhalb eines Jahres bewältigt wurde. Damit wurde erstmals die Darstellung auch historischer Fassungen ermöglicht, vor allem aber konnten nun die Dateien des konsolidierten Landesrechts unmittelbar für die Erstellung von Novellen herangezogen werden, ohne dass wie bis dahin ein zusätzlicher Aufwand für Umformatierung entstanden wäre.

[64]

Die angestrebte durchgängige Verwendung der Ausgangsdatei in allen Prozessschritten bis hin zur Kundmachung wurde schließlich zum Anlass genommen, die im Workflow verwendeten technischen Systeme (ERS, ELAK, PALLAST) dahingehend anzupassen, dass auch nach dem Generieren einer signierten PDF-Datei bei jedem Genehmigungsschritt die zugrundeliegende originale Word-Datei weitergeleitet wird und im nächsten Schritt ohne Medienbruch weiterbearbeitet werden kann.

[65]

So wurde die Produktion von Gesetzen und Verordnungen der Landesregierung in einem durchgehend elektronischen Prozess ermöglicht. Von dieser Möglichkeit wird auch weitestgehend Gebrauch gemacht. Nur in einem einzigen Punkt ist es bis jetzt beim Altgewohnten geblieben: Bei der Beurkundung der Rechtsvorschriften vor ihrer Kundmachung konnte sich die (technisch verfügbare) elektronische Unterschrift bisher nicht durchsetzen.

4.9.

2023 – Vollelektronisches Bezirksverordnungsblatt ^

[66]

Die oben dargestellte authentische elektronische Kundmachung des Landesgesetzblattes im RIS betraf Gesetze, Vereinbarungen nach Art. 15a B-VG und „große“ Verordnungen der Landesregierung und des Landeshauptmannes. „Kleine“ Verordnungen37 dieser beiden Organe sowie Verordnungen der Bezirkshauptmannschaften waren in der „Grazer Zeitung“ kundzumachen, die auf Basis des stmk Kundmachungsgesetzes authentisch gedruckt erscheint und vom Amt der Landesregierung herausgegeben wird.

[67]

Der mit BGBl. I Nr. 14/2019 eingeführte Art. 15 Abs. 7 B-VG eröffnete die Möglichkeit, auch Rechtsvorschriften der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der sonstigen im Bereich der Vollziehung der Länder eingerichteten Behörden im Rahmen des RIS kundzumachen. Das nahm der steiermärkische Landesgesetzgeber zum Anlass, das Kundmachungsgesetz mit Wirkung ab 1. Jänner 2023 dahingehend zu ändern,38 dass nun alle Rechtsvorschriften des Landes authentisch elektronisch im RIS kundzumachen sind. Dazu wurden die Verordnungen aus der „Grazer Zeitung“ herausgelöst: Alle Verordnungen der Landesregierung und des Landeshauptmannes werden nun ausnahmslos im Landesgesetzblatt kundgemacht, während für die Verordnungen der steiermärkischen Bezirkshauptmannschaften ein eigenes Bezirks-Verordnungsblatt (BVBl) geschaffen wurde. Dieses wird in der neuen RIS-Applikation „Verordnungen der Bezirkshauptmannschaften“ publiziert, mit deren Nutzung Niederösterreich im September 2021 begonnen hat und das inzwischen von 6 Ländern genutzt wird.39

[68]

Die Redaktion des Bezirksverordnungsblattes im Amt der Landesregierung nutzte die Gelegenheit, für den Verordnungsakt der Bezirkshauptmannschaften einen Workflow zu modellieren, der direkt aus dem ELAK aufgerufen werden kann, und eine kurze Legistikanleitung im Intranet zur Verfügung zu stellen. Diese erklärt die Verordnungserlassung kurz und bündig:

„Der neue Ablauf geht ganz einfach über den ELAK: Der Verfassungsdienst stellt im ELAK eine Verordnungsvorlage zur Verfügung, die bereits mit dem ‚maßgeschneiderten‘ ELAK-Prozess hinterlegt ist: Bearbeiten (= Verfassen des Verordnungstextes), Genehmigen (= Unterschrift auf der Verordnung), Übermitteln zur Kundmachung an die Redaktion des BVBl, Rückmeldung über die erfolgte Kundmachung sowie Ablage. Die Verordnungsvorlage finden Sie im ELAK unter dem Geschäftsstück-Typ ‚A3 VD_Legistik‘. Sie ist für das RIS vorformatiert.“
[69]

Da die Bezirkshauptmannschaften denselben ELAK wie das Amt der Landesregierung verwenden, kann der Workflow zur Verordnungserlassung problemlos in dieser Applikation, sogar ausschließlich im Verordnungsakt der Bezirkshauptmannschaften ablaufen. Ein Medienbruch ist nicht erforderlich, eine Verordnung kann bei Bedarf von der Unterschrift bis zu ihrer Abrufbarkeit im RIS in einer halben Stunde erlassen sein, jedenfalls innerhalb eines Tages. Diese Schnelligkeit ist aus Sicht der verordnungserlassenden Stelle von Vorteil: Die Einschaltung in die „Grazer Zeitung“ musste immer bis Mittwoch erfolgt sein, um die wöchentliche Kundmachung am Freitag zu erreichen.

[70]

Die im ELAK übermittelte elektronisch unterfertigte Originaldatei wird von der Redaktion des Bezirks-Verordnungsblattes ins RIS hochgeladen und damit authentisch kundgemacht. Diese Tatsache wird unter Angabe der BVBl.-Nummer in den ELAK eingetragen und durch Vorschreiben im ELAK für die Ablage rückübermittelt.

[71]

So unspektakulär die Kundmachung im BVBl. ist, so besonders ist sie in einem Punkt: Es ist der erste Rechtsetzungsprozess im Landesbereich, der tatsächlich durchgehend elektronisch und ohne Medienbruch abläuft: Die Verordnungen werden für die Unterfertigung nicht ausgedruckt, sondern mit einem Mausklick im ELAK genehmigt.

[72]

Auch das Potenzial für eine zentrale Qualitätskontrolle darf nicht unterschätzt werden, was nicht zuletzt aus Sicht von Oberbehörden günstig ist.

[73]

Ein klarer Zusatznutzen des BVBl. konnte durch eine einfache Maßnahme generiert werden: Im Laufe des ersten Quartals 2023 wurde der schon zuvor auf allen Bezirkshauptmannschafts-Homepages bestehenden Menüpunkt „Amtstafel/Kundmachungen/Verordnungen“ vereinheitlicht. Dieser Menüpunkt musste hinsichtlich Inhalt und Darstellungsform bisher von den Bezirkshauptmannschaften selbst gewartet werden. Die verschiedenen Homepages waren höchst individuell befüllt, teils minimalistisch, teils überbordend, teils auf Neues beschränkt, teils mit archivarischer Note. Jetzt steht dort nur mehr ein vom Verfassungsdienst zur Verfügung gestellter Textbaustein mit zwei Verlinkungen ins RIS. Unsichtbar hinterlegt ist beim ersten Link eine Suchabfrage in das BVBl., die beim Anklicken tagesaktuell eine Liste aller seit 1. Jänner 2023 von der jeweiligen Bezirkshauptmannschaft erlassenen Verordnungen anzeigt, also die authentischen Kundmachungen. Der zweite Link führt ins konsolidierte steiermärkische Landesrecht. Die hinterlegte Suchabfrage ist so eingestellt, dass beim Anklicken für die jeweilige Bezirkshauptmannschaft stets eine Liste jener aktuell geltenden Verordnungen angezeigt wird, die längerfristig oder im ganzen Bezirk gelten und somit von allgemeinem Interesse sind.40

[74]

Wer die Homepage einer steiermärkischen Bezirkshauptmannschaft besucht, findet somit zuverlässig und tagesaktuell deren Rechtsbestand; wer für die Wartung der Homepage zuständig ist, kann sich zurücklehnen, da dieser Menüpunkt sich selbst aktuell hält.

5.

Inhaltslegistik ^

5.1.

Elektronisches Legistisches Handbuch ^

[75]

Im Jahr 2005 wurde das Legistische Handbuch der Steiermark fertiggestellt und als Erlass für verbindlich erklärt. Es hatte zum Ziel, die noch aus dem Jahr 1990 stammenden Legistischen Richtlinien und die zahlreichen danach getroffenen Zusätze zusammenzufassen, zu bereinigen, um neue Inhalte zu ergänzen und in systematischem Zusammenhang darzustellen.

[76]

Im Laufe der Bearbeitung fiel aufgrund mehrerer Anstöße die Entscheidung, das langsam zunehmende Potenzial der Elektronik zu nützen, um die Inhalte bestmöglich zu vermitteln und ihre Umsetzung bestmöglich zu unterstützen, dies auch durch Standardisierung von Ablauf und Form:

  • Die verbindliche Version wurde im Intranet publiziert, wo später auch Änderungen eingearbeitet wurden, sodass bei der legistischen Arbeit immer die letztgültige Fassung online zur Verfügung stand (und weiterhin steht).
  • Der umfangreiche Text wurde auf 14 Abschnitte aufgeteilt, die entsprechenden Dokumente wurden untereinander intensiv verlinkt, ebenso zu sechs hierarchisch übergeordneten Grundsätzen der Legistik.
  • 26 Dokumentvorlagen wurden zur Verfügung gestellt, sei es für den Schriftverkehr bei Begutachtungen, Notifikationen oder Stellungnahmen in der Bundesbegutachtung, sei es ein Excel-Kostenberechnungstool, sei es eine Vorlage für Gesetzentwürfe, deren Formatierung schon auf die Weiterbearbeitung im System des – damals ganz neuen – Papierlosen Landtags abgestimmt war.
  • Hinsichtlich Inhalt und Form wurde mit einer Prozessmodellierung für die Entstehung von Gesetzen und Verordnungen Neuland betreten, wobei die textliche Darstellung in einem der Abschnitte durch die grafische Darstellung mit einem Prozessmodellierungstool ergänzt wurde. Bei jedem Prozessschritt waren Detailinformationen hinterlegt, angefangen von Zuständigkeiten bis hin zu den passenden Dokumentvorlagen und den Schnittstellen zu den angrenzenden Prozessen.
  • Insgesamt war das Handbuch ungeachtet seiner Verbindlichkeit sichtbar vom Servicegedanken getragen. Im Interesse der Transparenz wurden die 14 Kapitel in ihrer jeweils aktuellen Fassung auch im Internet veröffentlicht, wenn auch ohne das elektronische Zusatzangebot des Intranet.
[77]

Die innovativen Aspekte dieses Legistischen Handbuchs41 fanden damals große Beachtung und führten im folgenden Jahr sogar zu der im Anfangszitat erwähnten Präsentation bei der EG-Arbeitsgruppe Rechtsinformatik.

[78]

Das war vor 17 Jahren; das Legistische Handbuch ist mit der Zeit gegangen und hat sich verändert: Während der Aufbau und die Art der Publikation im Intranet im Wesentlichen gleich geblieben ist, wurde sein Inhalt entsprechend den rechtlichen und faktischen Erfordernissen laufend aktualisiert.

[79]

Beispielhaft genannt sei etwa die Verpflichtung zur Durchführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung42 im Fall gesetzlicher Beschränkungen für reglementierter Berufe, die sich in einer neuen Checkliste und einer Änderung der Erläuterungsvorlagen niederschlug, oder der ausführliche Anhang zum Thema „Datenschutzrechtliche Anforderungen an Rechtsvorschriften“.

[80]

Schließlich waren zahlreiche Anpassungen des Legistischen Handbuchs in Zusammenhang mit neuen elektronischen Tools erforderlich, bzw. mit rechtlichen Vorgaben, die (auch) elektronisch umzusetzen waren; im Folgenden eine Auswahl.

5.2.

Elektronische Legistik-Tools ^

  • 2014, mit Beginn der authentischen Kundmachung im RIS, wurde die Formatierung der Gesetzes- und Verordnungstexte, aber auch der dazugehörigen Erläuterungen auf völlig neue Beine gestellt. Zwar wurden die Texte weiterhin in der vertrauten MS Word-Anwendung geschrieben, doch war das AddIn „LRLegistik“ dabei verpflichtend zu verwenden. Es sorgte dafür, dass schon der erste Entwurf dasselbe Layout hatte wie am Ende das Landesgesetzblatt, ein Layout übrigens, das anfangs befremdlich wirkte, da das gewohnte Erscheinungsbild des Landesgesetzblattes aufgegeben und das Erscheinungsbild des Bundesgesetzblattes übernommen werden musste. Die anfängliche Skepsis wich bald der Begeisterung über die Leichtigkeit, mit der jeder Text formatiert werden konnte, und über Extras wie die automatische Erstellung des Inhaltsverzeichnisses oder das Nachnummerieren von Novellierungsanordnungen. Es war auf den ersten Blick sichtbar, dass dieses Tool nicht am grünen Tisch entstanden, sondern von praktischer legistischer Erfahrung getragen war. In den folgenden Jahren kam das „Simsalabim“ von Karl Irresberger43 für die automatische Generierung von Textgegenüberstellungen hinzu, in jüngster Zeit eine Funktion zur automatischen Erstellung von Novellierungsanordnungen einschließlich Inkrafttretensbestimmungen.44
    Unter Verwendung der Formatvorlagen von „LRLegistik“ wurden neue Dokumentvorlagen für Gesetz- und Verordnungsentwürfe sowie Erläuterungen entwickelt, die jeweils mit zahlreichen Textbausteinen für Standardformulierungen und teilweise auch kurzen Erklärungen unterlegt sind und die immer wieder angepasst und um Textbeispiele ergänzt wurden.
  • Die Wirkungsorientierung ist seit 2014 als expliziter Grundsatz der Haushaltsführung in der steiermärkischen Landesverfassung45 verankert. Nach § 2 stmk Landeshaushaltsgesetz46 ist davon auch die Wirkungsorientierte Folgenabschätzung (WFA) bei Regelungsvorhaben – das sind Gesetze, Verordnungen und Vereinbarungen gem. Art. 15a B-VG – umfasst. Alles Nähere bestimmt die Verordnung zur Wirkungsorientierung – VOWO,47 nach der seit 1.1.2015 eine am Vorbild des Bundes orientierte, doch nicht so umfangreiche WFA verpflichtend durchzuführen ist. Die VOWO regelt abschließend die Wirkungsorientierung und die WFA, wobei die Detailliertheit der WFA-Bundesregelungen bei weitem nicht erreicht wird. Daher wurde in der Steiermark davon Abstand genommen, das WFA-IT-Tool des Bundes vollinhaltlich zu übernehmen, das auf Basis der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus iVm § 14 WFA-Finanzielle-Auswirkungen-Verordnung48 – WFA-FinAV den Ländern kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Dieses Tool ist nämlich nichts anderes als die getreue und detaillierte technische Umsetzung der Bundes-WFA ohne Berücksichtigung einer Landes-WFA. In der steirischen Legistik verwendet man daher für gewöhnlich nur bestimmte Module, nämlich jenes zur Erfassung und Darstellung von Zielen, Maßnahmen und Indikatoren sowie das Modul „Finanzielle-Auswirkungen-Rechner“. Die betreffenden Abschnitte des Ergebnisdokuments werden dann in den WFA-Teil der Erläuterungen eingefügt, wofür eine Word-Vorlage zur Verfügung steht, die den landesrechtlichen Anforderungen entspricht.49
  • Ein elektronisches Zusatzservice steht im Legistischen Handbuch bei der Personalkostenberechnung zur Verfügung: Da das WFA-IT-Tool nur mit den Personalkosten des Bundes hinterlegt ist, wurde eine Vorlage für dieses Tool entwickelt, das auch die Personalkosten des Landes enthält und einmal jährlich auf Basis der von der Personalabteilung zur Verfügung gestellten Daten aktualisiert wird. Damit ist eine präzisere Prognose der finanziellen Auswirkungen auf den Landeshaushalt gewährleistet.
  • Für die Darstellung der Wirkungsdimensionen „Gender und Diversität“ sowie „Umwelt/Klimaschutz“ wurden – gestützt auf einschlägige Expertise – Zusatzmaterialien für die Legistinnen und Legisten entwickelt, die im Intranet auf der Seite des Legistischen Handbuchs aufgerufen werden können. Derzeit ist bei der Wirkungsdimension „Umwelt/Klimaschutz“ die Implementierung eines gemeinsamen Länder-Klimacheck-Tools in Arbeit.

6.

Resümee ^

[81]

Die eLegistik hat bisher schon vieles verändert. Der Erleichterung und Beschleunigung beim Prozessablauf und bei der Entwurfserstellung steht die immer aufwendigere Erarbeitung der Erläuterungen bzw. der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung (WFA) gegenüber. Ein maßgeschneidertes WFA-Tool des Landes Steiermark wäre wünschenswert; davon würden nicht nur die Legistik, sondern auch das Wirkungscontrolling profitieren.

[82]

Es wird sich zeigen, auf welche heute noch undenkbare Weise die digitale Entwicklung die Legistik weiter verändern wird. Dass dies über kurz oder lang der Fall sein wird, ist meines Erachtens sicher.

  1. 1 Lachmayer/Korenjak, Zur Konzeption der Klagenfurter Legistik-Gespräche, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 4. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2006 (2007) 6 (11).
  2. 2 Nicht umsonst war der im Jahr 2013 erschienene Tagungsband der 10. Klagenfurter Legistik-Gespräche Friedrich Lachmayer zum 70. Geburtstag gewidmet.
  3. 3 Zu Beginn häufiger in der Schreibweise „E-Legistik“.
  4. 4 Raffler, E-Government und Legistik - Prüfung der Anforderungen eines Normtextes im Hinblick auf das E-Government in Wien, in Land Oberösterreich (Hrsg), Linzer Legistik-Gespräche 2016 (2017) 23 (37). In FN 47 nennt er Friedrich Lachmayer als jenen, der den Begriff „E-Legistik“ geprägt habe.
  5. 5 Beschluss der Bundesregierung vom 6. Juni 2001 betreffend elektronische Rechtserzeugung: „Es ist beabsichtigt, die Texterstellung des Rechtssetzungsprozesses auf eine konsequente elektronische Grundlage zu stellen. Die Grundkonzeption des Projektes E-Recht liegt darin, dass von der Begutachtung einer Rechtsvorschrift (Verordnung, Gesetz, Staatsvertrag) bis zur (Internet-) Kundmachung dieser Rechtsvorschrift ein durchgehender elektronischer Produktionsweg eingerichtet wird. Dieser Weg beginnt grundsätzlich mit der Begutachtung und endet mit der Kundmachung im Bundesgesetzblatt. Daher sind bei Änderungen im Rechtssetzungsverfahren (z.B. durch Maßgabebeschluss der Bundesregierung oder bei Änderungen im Ausschuss oder im Plenum des Nationalrates) nur mehr die Textunterschiede einzutragen. Der Weg der Textgestaltung wird so durch den Einsatz der Technik zur Gänze nachvollziehbar und damit elektronisch abfragbar.“
  6. 6 Raffler in Land Oberösterreich, Linzer Legistik-Gespräche 2016, 37.
  7. 7 Kemptner/Primosch, Verfahren der Rechtssetzung – Elemente einer elektronischen Legistik, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), Klagenfurter Legistik-Gespräche 2003 (2004) 45 (48).
  8. 8 Schefbeck, Legistik zwischen Kunst, Technik und Technologie, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), Klagenfurter Legistik-Gespräche 2003 (2004) 53 (57).
  9. 9 Lachmayer, Vom Legistik-Handbuch zur eLegistik, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 3. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2005 (2006) 41 (45).
  10. 10 Irresberger, Konsolidierung des Bundesrechts: Die rechtliche Sicht, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 6. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2008 (2009) 15.
  11. 11 Lachmayer/Stöger, Die Reform der Legistischen Richtlinien aus der Sicht der Rechtsdokumentation, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), Klagenfurter Legistik-Gespräche 2003 (2004) 85 (87).
  12. 12 Zwölf Bezirkshauptmannschaften und die Statutarstadt Graz.
  13. 13 Weichsel, Relaunch des Rechtsinformationssystems des Bundes (RIS), in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 4. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2006 (2007) 49 (50).
  14. 14 Es war Christian Freiberger, dessen analytischem und zugleich praktisch-umsichtigem Zugang die bis heute bewährte Indexierung und Systematisierung zu verdanken ist.
  15. 15 LGBl 71/1998.
  16. 16 LGBl 25/1999.
  17. 17 § 12 Zurverfügungstellung durch EDV: „Der Landeshauptmann ist verpflichtet, alle Landesgesetze sowie die Verordnungen der Landesregierung den Bediensteten des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung sowie der Öffentlichkeit (Internet) in der jeweils geltenden Fassung EDV-mäßig im Volltext zur Verfügung zu stellen.“
  18. 18 Im Jahr 2013 wurde diese Bestimmung als überflüssig behoben.
  19. 19 LGBl 87/1986.
  20. 20 §§ 2 bis 13.
  21. 21 Ausführlich Krenn-Mayer, Partizipation im Gesetzgebungsverfahren – ePartizipation in der Steiermark, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 11. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2013 (2014) 49.
  22. 22 Drobesch, Der Landtag Steiermark als digitales Parlament, in Riegler (Hrsg), Landtag Steiermark. Geschichte und Gegenwart2 (2013) 171.
  23. 23 LGBl 82/2005.
  24. 24 Weiss, PALLAST – der papierlose Landtag Steiermark, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 4. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2006 (2007) 53.
  25. 25 § 101 Abs. 1: „Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, sind Verordnungen und gesetzlich vorgesehene Kundmachungen der Organe der Stadt vom Bürgermeister im elektronisch geführten Amtsblatt der Stadt Graz unter der Internetadresse www.graz.at zu verlautbaren. Die Dokumente, die eine zu verlautbarende Rechtsvorschrift enthalten, müssen in einem zuverlässigen Prozess erzeugt worden und mit einer elektronischen Signatur versehen sein. Die Dokumente dürfen nach Erstellung der Signatur nicht mehr geändert und, sobald sie zur Abfrage freigegeben worden sind, auch nicht mehr gelöscht werden.“
  26. 26 LGBl 42/2010.
  27. 27 § 3 Geschäftsordnung der Steiermärkischen Landesregierung – GeOLR, LGBl 45/2015 idF LGBl 77/2021.
  28. 28 § 6 GeOLR.
  29. 29 § 3 GeOLR.
  30. 30 Derzeit § 8 Geschäftsordnung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung – GeOA, Grazer Zeitung 41/2019.
  31. 31 Landesrechnungshof Steiermark, Bericht „ELAK-Rollout im Land Steiermark“ (2016), LRH 74697/2016, 8.
  32. 32 Vgl § 35 Zustellgesetz, BGBl 200/1982, zuletzt idF BGBl I 205/2022.
  33. 33 Gartner, Die authentische Kundmachung genereller Normen im Internet – Ein kurzer Überblick über die Rechtslage, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 8. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2010 (2011) 139.
  34. 34 Irresberger, Der Weg zur Kundmachung der Landesgesetzblätter im RIS, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 10. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2012 (2013) 35.
  35. 35 LGBl 135/2013.
  36. 36 Weichsel, Technische Umsetzung der authentischen Kundmachung der Landesgesetzblätter im RIS, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 10. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2012 (2013) 55; Weichsel, Neue Applikationen im RIS ab 2014, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 11. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2013 (2014) 105.
  37. 37 Befristung auf höchstens ein halbes Jahr oder Kundmachung im Landesgesetzblatt wegen ihres begrenzten räumlichen Wirkungsbereiches oder wegen des beschränkten Kreises von Normadressaten nicht zweckmäßig.
  38. 38 Stmk LGBl 84/2022.
  39. 39 Weichsel, Neue Applikationen im RIS ab 2014, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 11. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2013 (2014) 105.
  40. 40 Dies ist durch eine steirische Besonderheit möglich: Bezirkshauptmannschafts-Verordnungen waren schon seit vielen Jahren im konsolidierten Landesrecht abrufbar und dort auch leicht pro Bezirk herauszufiltern, da dem Kurztitel das jeweilige Bezirkshauptmannschaftskürzel vorangestellt ist, also z.B. „BHSO – Ortseinsatzgebiete der Berg- und Naturwacht für den politischen Bezirk Südoststeiermark“.
  41. 41 Krenn-Mayer/Freiberger, Legistisches Handbuch für die Steiermark – innovative Aspekte, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hrsg), 3. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2005 (2006) 17.
  42. 42 Vgl Krenn-Mayer, Herausforderungen für die Praxis anhand des Beispiels der Richtlinie (EU) 2018/958 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen, in Land Oberösterreich (Hrsg), Linzer Legistik-Gespräche 2019 (2021) 35.
  43. 43 Irresberger, Neue Entwicklungen im Bereich der Textgegenüberstellungen – Simsalabim Plus, in Land Oberösterreich (Hrsg), Linzer Legistik-Gespräche 2019 (2021) 229.
  44. 44 Das „Simsalabim“ wird in der Steiermark derzeit nicht standardmäßig für die Gestaltung von Textgegenüberstellungen herangezogen, sondern primär der Überarbeitungsmodus von Word. Auch die Novellierungsfunktion, die auf die Vorgaben der Legistischen Richtlinien des Bundes zugeschnitten ist, wird in der Steiermark derzeit nicht standardmäßig verwendet.
  45. 45 Nach Art. 19a Abs. 3 stmk Landesverfassungsgesetz 2010 (L-VG), LGBl 77/2010 idF LGBl 175/2013, ist bei der Haushaltsführung des Landes u.a. der Grundsatz der Wirkungsorientierung zu beachten.
  46. 46 LGBl 176/2013 idF LGBl 8/2018.
  47. 47 Aktuell VOWO 2020, LGBl 72/2020.
  48. 48 BGBl. II Nr. 490/2012.
  49. 49 Krenn-Mayer, Wirkungsorientierte Folgenabschätzung in der Landeslegistik, in Land Oberösterreich (Hrsg), Linzer Legistik-Gespräche 2015 (2016) 21.

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