Digitale Plattformen / LegalTech / KI

Sehr geehrte Leser*innen

In einer Welt, in der die Rechte der User durch mangelnde Transparenz auf digitalen Plattformen gefährdet sind, ist diese kein ausreichendes «Desinfektionsmittel». Rolf H. Weber analysiert daher alternative regulatorische Ansätze wie Rechenschaftspflicht, Prüfbarkeit sowie Inhaltsmoderation und plädiert für ein Konzept gezielter Transparenz, basierend auf Soft-Law-Instrumenten.

Am 15. Juni 2023 fand das Weblaw Forum LegalTech statt. Der Titel war: «ChatGPT & Co. und die Automatisierung im Recht». In dieser Ausgabe veröffentlichen wir mehrere Aufzeichnungen von Referaten am Forum. Franz Kummer beschreibt den Status Quo der Rechtsbranche und wagt einen Blick in die ZukunftMark Bosshard zeigt, wie er schweizerdeutsche Telefonanrufe und Meetings mit GPT automatisiert. Henrik Wehrs zeigt die Automatisierungsmöglichkeiten in Kanzleien und Rechtsdiensten durch KI auf. Frank Richter stellt das Projekt FRAUKE, das am Amtsgericht Frankfurt am Main entwickelten wurde, vor. Philip Glass behandelt den Persönlichkeitsschutz im Rahmen der automatisierten personenbezogenen Datenbearbeitung. Alesch Staehelin gibt einen Überblick über den Begriff Künstliche Intelligenz und dessen Definition. Anita Lamprecht und Valérie Saintot führen ein Gespräch über demokratische und gebildete Diskurse sowie die Rolle der Bildung im Zeitalter der KI. David Schneeberger zeigt, wie man ChatGPT selbst nutzen kann und effiziente Prompts schreibt.

Wir wünschen eine spannende Lektüre bzw. in dieser Ausgabe v.a. ein angenehmes Hör- und Sehvergnügen.

Philip Hanke
Verlagsleiter

E-Commerce
Transparency on Digital Platforms
Rolf H. Weber
Rolf H. Weber
The lack of transparency on digital platforms due to insufficient comprehensibility, mandated disclosure rules, information overload, opacity and fragmentation jeopardizes the rights’ situation of users. Therefore, transparency alone is not a convincing «disinfectant» for digital platforms; other normative models need increased attention. Consequently, the article analyses alternative regulatory approaches such as accountability, auditability, observability, content moderation and – with regard to the implementation of rules – pleads for a concept of targeted transparency based on elaborated soft law instruments.
LegalTech
Begrüssung & AI und LegalTech: Status quo und Perspektiven für die Rechtsbranche
Franz Kummer
Franz Kummer
Wir leben in einer zunehmend digitalisierten Welt, die auch vor dem Rechtsbereich nicht Halt macht. Im Gegenteil, dieser Sektor mit all seinen verschiedenen Institutionen entwickelt sich zu einem der am schnellsten wachsenden Bereiche, wenn es um die Digitalisierung geht. Automatisierung, Legal Tech und künstliche Intelligenz sind längst keine Zukunftsvisionen mehr, sondern bereits gelebte Realität mit einem enormen Potenzial für unvorstellbare Weiterentwicklungen. Doch wo stehen wir heute im «Recht» und in Bezug auf diese Entwicklungen? Welche Auswirkungen spüren und erleben wir täglich und bringen sie uns nur Vorteile? Das Hauptreferat zum Start unseres 9. Weblaw Forum LegalTech gibt einen umfassenden Überblick über die aktuellen Entwicklungen und Möglichkeiten im Bereich Legal Tech. Es zeigt auf, wo wir heute stehen und in welchen Bereichen KI-Tools sinnvoll eingesetzt werden können. Aber auch die Gefahren und Grenzen dieser Technologien werden nicht ausgeblendet. Es gibt eine Einordnung und Einschätzung für die Zukunft und zeigt auf, welche Tools, Ideen und Ansätze bereits existieren, um die juristische Arbeit zu revolutionieren. Der Vortrag bietet auch Input zum Thema Legal Prompting, Hinweise zu Office-Integrationen, Schnittstellen sowie konkrete Use Cases. Darüber hinaus wird ein Blick in die Zukunft gewagt und diskutiert, welche Anforderungen an unsere Aus- und Weiterbildung gestellt werden, um auch in Zukunft am Puls der Zeit zu bleiben. Wenn Sie also wissen wollen, wohin die Reise der zukunftsorientierten Jurist*innen geht und wie Sie von den damit begleitenden Entwicklungen profitieren können, sollten Sie diesen Vortrag auf keinen Fall verpassen.
Schweizerdeutsche Telefonanrufe und Meetings mit GPT (Generative Pre-trained Transformer) automatisieren
Mark Bosshard
Mark Bosshard
Nebst GPT hat die künstliche Intelligenz im letzten Jahr einen weiteren grossen Fortschritt gemacht: Neue Speech-to-Text Transkribierungsmodelle haben die Qualität von Schweizerdeutsch auf ein komplett neues Level gehoben. Dies machen sich nun immer mehr Organisationen zu Nutze: Ist das gesprochene Wort einmal verstanden, kann mit GPT Information extrahiert oder eine Antwort aufbereitet werden. Daneben hilft oft einfache Automation, in Meetings und Telefongesprächen durch KI-Unterstützung Mehrwert zu generieren. Vielversprechende Anwendungsbeispiele, die den Markt aktuell erobern, hören Sie im Vortrag von Mark Bosshard.
Automatisierungsmöglichkeiten durch AI in Kanzlei oder Rechtsabteilung - und wie man da praktisch hinkommt
Henrik Wehrs
Henrik Wehrs
Chatbots werden in vielen Bereichen eingesetzt, um die Kommunikation zwischen Kund*innen und Unternehmen zu verbessern. Auch Kanzleien können von dieser Technologie profitieren, die Prozesse optimieren und die Effizienz steigern kann. Doch jeder Einsatz bedeutet neben Chancen auch Herausforderungen und Grenzen bei der Implementierung von Chatbots in Kanzleien. Wie diese aussehen können, wie die Erfahrungswerte eines bestehenden Chatbots im Kanzleialltag sind und vieles mehr erfahren Sie in diesem Vortrag.
FRAUKE – KI im Gerichtssaal gesucht!
Frank Richter
Frank Richter
FRAUKE = FRankfurts Amtsgericht UrteilsKonfigurator Elektronisch. Warum sollten Programme künstlicher Intelligenz in den Gerichtssälen Einzug halten? Mit dem konkret für Fluggastrechteverfahren nach der EU-Verordnung 261/2004 für das Amtsgericht Frankfurt am Main entwickelten Programm «FRAUKE» und wo Grenzen eines Einsatzes von Instrumenten Künstlicher Intelligenz im Gerichtssaal liegen könnten, beschäftigt sich der Vortrag. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat zur Bewältigung der Klagewelle von Fluggastrechteklagen einen „Urteilskonfigurator“ entwickelt, welcher die Erstellung von Urteilen mithilfe von Textbausteinen, die durch eine künstliche Intelligenz ausgewählt werden, vereinfacht und unterstützt. Dieses Projekt ist das erste seiner Art in Deutschland und testet die Grenzen der richterlichen Assistenz aus. Das grundlegende Strategiepapier der Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte aus dem Sommer 2022 zeigt deutlich, dass deutschlandweit ein großes Potenzial für den Einsatz von KI in Gerichten gesehen wird, aber auch Grenzen dann überschritten werden, wenn die richterliche Entscheidungsfindung durch KI geschieht. Projekte wie FRAUKE, OLGA und FRIDA sind erste konkrete Ansätze in deutschen Gerichtssälen, bei denen künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt. Der Vortrag gibt aus der richterlichen Praxis Einblicke, warum diese Programme erforderlich sind, damit Effektivität in Massenverfahren erreicht werden kann und wo zukünftige Projekte entwickelt werden sollen.
Persönlichkeitsschutz im Rahmen der automatisierten personenbezogenen Datenbearbeitung
Philip Glass
Philip Glass
Das Datenschutzrecht hatte schon seine liebe Mühe mit Big Data, und nun haben wir ChatGPT, Bard und Co. Mit diesen Apps ist die sogenannte künstliche Intelligenz in der Gesellschaft angekommen und soll uns im Alltag und bei der Arbeit unterstützen, wenn nicht gar ablösen. Zugleich wird auf die Bremse getreten: derzeit verlangen mehr als tausend Persönlichkeiten aus der globalen KI-Szene ein Moratorium für die Entwicklung von noch leistungsfähigeren KI-Systemen, während Ende März die italienische Datenschutzbehörde gegenüber OpenAI eine vorübergehende Beschränkung der Datenbearbeitung von italienischen Daten durch ChatGPT verfügt hat. Vor diesem Hintergrund gehe ich der Frage nach, wo die spezifischen Herausforderungen von KI-Technologien für das Datenschutzrecht liegen bzw. welche Aspekte dieser Technologien eine eigene, spezifische Bedrohung für die Persönlichkeit und die Grundrechte der Bevölkerung darstellen.
Begriff und Wesen der Künstlichen Intelligenz – Möglichkeiten, Realitäten, Grenzen
Alesch Staehelin
Alesch Staehelin
Wir leben in einer zunehmend digitalisierten Welt, die auch vor dem Rechtsbereich nicht Halt macht. Im Gegenteil, dieser Sektor mit all seinen verschiedenen Institutionen entwickelt sich zu einem der am schnellsten wachsenden Bereiche, wenn es um die Digitalisierung geht. Automatisierung, Legal Tech und künstliche Intelligenz sind längst keine Zukunftsvisionen mehr, sondern bereits gelebte Realität mit einem enormen Potenzial für unvorstellbare Weiterentwicklungen. Doch wo stehen wir heute im «Recht» und in Bezug auf diese Entwicklungen? Welche Auswirkungen spüren und erleben wir täglich und bringen sie uns nur Vorteile?
Bildung als Schlüssel zur KI-Kompetenz
Anita Lamprecht
Anita Lamprecht
Valérie M. Saintot
Valérie M. Saintot
Die Informationsflut zu ChatGPT zeigt deutlicher denn je, die Notwendigkeit für verständliches, fachübergreifendes, technologisches Wissen. Emotional aufgeladene Meldungen und Kontroversen führen heute oft zu lähmendem Rückzug oder rastloser Hyperaktivität. Es ist schwierig, das aristotelische Dreieck der Rhetorik bestehend aus Pathos, Ethos und Logos im Gleichgewicht zu halten. Es ist eine Herausforderung, Foren und Gesprächspartner:innen für einen ausgewogenen und fundierten Dialog zu finden. Ein Dialog, der das gesamte Meinungsspektrum repräsentiert. Angesichts des Entwicklungstornados von KI wird es zunehmend mühsam, fokussiert und ausgeglichen zu bleiben. Dies kann unsere Fähigkeit trüben, eine erstrebenswerte Zukunft mitzugestalten und uns weiterzubilden sowie unsere Bedürfnisse zu verstehen und diese mit den Chancen und Risiken in Einklang zu bringen. In dieser Diskussion werden wir zwei Perspektiven untersuchen. Erstens, wie man im 21. Jahrhundert einen Dialograum schaffen kann, der einen demokratischen und gebildeten Diskurs fördert. Ein Diskurs, in dem divergierende Empfindlichkeiten und Kompetenzniveaus koexistieren können. Zweitens, wie man durch das Labyrinth von Informationen und Impulsen navigiert, denen wir hier und jetzt gegenüberstehen. Und, wie wir nicht auf die Bildung verzichten sollten, bevor wir überhaupt mit unserer Lernreise begonnen haben. Das Ziel dieses Gesprächs ist es, uns mit unseren Grenzen auseinanderzusetzen und unseren Horizont zu erweitern. Wir wollen auf vorhandenem Wissen aufbauen und uns mit unserer Unwissenheit anfreunden. Denn, wir müssen vermeiden, dass unnötige Risiken den einzigartigen Chancen im Weg stehen.
Best Practice: Effizientes Prompten – Entfesseln Sie die volle Leistungsfähigkeit von ChatGPT
David Schneeberger
David Schneeberger
Sind Sie bereit, die Geheimnisse hinter effektiven Prompts für ChatGPT zu entdecken? Der Legal Tech-Enthusiast RA Dr. David Schneeberger lädt Sie ein, in die Welt der KI-gestützten Assistenz, Kommunikation und Arbeitstechnik einzutauchen und gemeinsam die Kunst des Promptens zu meistern. Im Rahmen eines praxisnahen Vortrages teilt er sein umfassendes Wissen über die besten Strategien und Techniken, um effiziente und zielgerichtete Prompts für ChatGPT zu erstellen. Erfahren Sie, wie Sie die Macht von KI-gestützten Systemen wie ChatGPT nutzen können, um den Workflow in Ihrem juristischen Umfeld zu optimieren und kreative Lösungen für komplexe Fragestellungen zu entwickeln. Mit seinem interdisziplinären Ansatz und Gespür für die Herausforderungen der Rechtsbranche führt er Sie durch die wichtigsten Aspekte des Promptens: von der Strukturierung und Formulierung von Prompts bis hin zu Geheimtipps, die Sie dabei unterstützen, präzise und relevante Antworten von ChatGPT zu erhalten. Ob Sie bereits Erfahrungen mit ChatGPT gesammelt haben oder sich noch ganz am Anfang der Entdeckungsreise befinden, dieses Referat wird Sie dazu inspirieren, die Möglichkeiten von ChatGPT voll auszuschöpfen.