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Das RIS im Wandel der Zeit

  • Author: Helmut Weichsel
  • Category of articles: Legal Informatics
  • Field of law: Legal Informatics
  • DOI: 10.38023/54314ab5-4357-4dd6-a7ac-e52c458b7582
  • Citation: Helmut Weichsel, Das RIS im Wandel der Zeit, in: Jusletter IT 29 June 2023
The federal legal information system (RIS) was developed at the beginning of the 1980s at the Federal Chancellery, although it was initially accessible only to some authorities and courts. Since June 1997, RIS has been available to the general public on the Internet (www.ris.bka.gv.at) and has established itself as a highly used application. This article describes in outline the development of RIS since the 1980s and gives an outlook on planned extensions.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Das RIS in den 1980er Jahren
  • 3. Das RIS in den 1990er Jahren
  • 4. Das RIS in den 2000er Jahren
  • 5. Das RIS in den 2010er Jahren
  • 6. Das RIS in den 2020er Jahren
  • 7. Ausblick

1.

Einleitung ^

[1]

Anlässlich des 80. Geburtstages von Herrn Univ.-Prof. Dr. Friedrich Lachmayer soll dieser Artikel zu Ehren des Jubilars die Entwicklung des österreichischen Rechtsinformationssystems des Bundes (RIS) in seinen Grundzügen beschreiben. Univ.-Prof. Dr. Lachmayer hat die Entwicklung des RIS, und hier insbesondere die rechtlich verbindliche Kundmachung des Bundesgesetzblattes, wesentlich mitgestaltet und begleitet.

2.

Das RIS in den 1980er Jahren ^

[2]

Das RIS lässt sich in seinen Anfängen auf die frühen 1980er Jahre zurückführen, als mit ersten internen Arbeiten begonnen wurde, im Bundeskanzleramt ein umfassendes Rechtsinformationssystem mit dem Ziel aufzubauen, den Zugriff auf Rechtstexte zu erleichtern. Nach ersten Vorarbeiten wurde am 7. Oktober 1986 von der damaligen Bundesregierung in Rahmen eines Ministerratsvortrags beschlossen, die notwendigen Ressourcen zum Aufbau des RIS bereitzustellen. Die primär beteiligten Stellen waren damals die Sektion Verfassungsdienst und die IT-Abteilung im Bundeskanzleramt.

[3]

Aufgrund der damaligen technischen Gegebenheiten lief das RIS auf einem Großrechnersystem.1 Eine Zugriffsmöglichkeit auf die Daten des RIS gab es zu Beginn nur für die öffentliche Verwaltung, nämlich zunächst für die Bundesministerien und gegen Ende der 1980er Jahre bzw. zu Beginn der 1990er Jahre auch für die Ämter der Landesregierungen.

[4]

Folgende Anwendungen waren bis zum Ende der 1980er Jahre im RIS vorhanden:

  • Bundesrecht konsolidiert (seit 1984), zunächst beschränkt auf folgende Normen:
    B-VG und Dienstrecht für den öffentlichen Dienst (z.B. BDG, VBG, GehG)
  • Bundesgesetzblatt (seit 1985), und zwar rückwirkend mit 1983.

3.

Das RIS in den 1990er Jahren ^

[5]

Etwa seit 1995 haben neben den Stellen des öffentlichen Dienstes auch Private, wie beispielsweise Rechtsanwaltskanzleien, einen Zugang zum RIS über private Anbieter erhalten.

[6]

Mit dem Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 19962 fand das RIS erstmals Erwähnung in einem Bundesgesetz. Es wurde normiert, dass die für das Bundesgesetzblatt erstellten Daten nach Maßgabe der technischen und dokumentalistischen Möglichkeiten dem RIS zur Verfügung zu stellen sind. Ebenso wurde explizit darauf hingewiesen, dass das RIS (damals) – im Gegensatz zur Kundmachung im Bundesgesetzblatt – keine authentischen Daten beinhaltet.

[7]

Ein Meilenstein in der Geschichte des RIS war der Wechsel vom Großrechner zum Internet. Nach einem Pilotversuch, der im Herbst 1996 begann, ist das RIS seit Juni 1997 im Internet kostenlos abfragbar. Mit 31. Dezember 1999 wurde das RIS am Großrechner eingestellt.

[8]

Bei der inhaltlichen Erweiterung in den 1990er Jahren lag der Schwerpunkt auf den Entscheidungen der drei Höchstgerichte und dem konsolidierten Landesrecht. Folgende Anwendungen wurden bis zum Ende der 1990er Jahre in das RIS aufgenommen:

  • Verfassungsgerichtshof (seit 01.01.1990)
  • Verwaltungsgerichtshof (seit 01.06.1990)
  • Landesrecht konsolidiert Burgenland (seit 01.06.1990)
  • Landesrecht konsolidiert Salzburg (seit 01.01.1992)
  • Unabhängige Verwaltungssenate (seit etwa Anfang 1992)
  • Justiz (seit 01.04.1993; vorab im Intranet)
  • Landesrecht konsolidiert Tirol (seit 01.10.1993)
  • CELEX (1994, nur im Intranet verfügbar)
  • Landesrecht konsolidiert Kärnten (seit 01.05.1995)
  • Landesrecht konsolidiert Vorarlberg (seit 01.11.1995)
  • Landesrecht konsolidiert Oberösterreich (seit 01.10.1996)
  • Landesrecht konsolidiert Wien (seit 01.11.1997)
  • Landesrecht konsolidiert Steiermark (seit 01.12.1997)
  • Umweltsenat (seit 01.08.1998)
  • Landesgesetzblatt nicht authentisch Niederösterreich (seit 01.09.1998)
  • Vergabekontrollbehörden (seit 01.10.1998)
  • Landesgesetzblatt nicht authentisch Tirol (seit 01.07.1999).
[9]

Die damalige RIS-Homepage präsentierte sich folgendermaßen:

Abbildung 1: RIS-Homepage Juni 1998, Screenshot entnommen aus https://archive.org/web/.

[10]

Das Layout der RIS-Homepage im Dezember 1998:

Abbildung 2: RIS-Homepage Dezember 1998, Screenshot entnommen aus https://archive.org/web/.

4.

Das RIS in den 2000er Jahren ^

[11]

Im Oktober 2000 und im Jänner 2008 gab es jeweils umfangreiche Redesigns des RIS, die neben einer Änderung des Layouts auch Erweiterungen bei der Suche beinhalteten.

[12]

Das Layout der Homepage im Oktober 2000 präsentierte sich folgendermaßen:

Abbildung 3: RIS-Homepage Oktober 2000, Screenshot entnommen aus https://archive.org/web/.

[13]

Das Layout der RIS-Homepage im Februar 2006:

Abbildung 4: RIS-Homepage Februar 2006, Screenshot entnommen aus https://archive.org/web/.

[14]

Im Vergleich dazu wurde mit dem Redesign 2008 weitestgehend das heutige Layout geschaffen:

Abbildung 5: RIS-Homepage Dezember 2008, Screenshot entnommen aus https://archive.org/web/.

[15]

Inhaltlich war ein wesentlicher Meilenstein in den 2000er Jahren der Beginn der rechtlich verbindlichen Kundmachung des Bundesgesetzblattes im RIS ab dem 1. Jänner 2004. Österreich war damals das erste Land in der EU, das sein Bundesrecht ausschließlich rechtlich verbindlich elektronisch im Internet kundgemacht hat.

[16]

Folgende Anwendungen wurden bis zum Ende der 2000er Jahre in das RIS aufgenommen:

  • Landesgesetzblatt – nicht authentisch, und zwar für:
    • Burgenland, Kärnten, Oberösterreich (seit 01.01.2000)
    • Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg (seit 01.01.2001)
  • Datenschutzkommission/-behörde (seit etwa Herbst 2000)
  • Gemeinderecht nicht authentisch (seit 01.11.2002)
  • Bundeskommunikationssenat (seit 01.06.2003)
  • Unabhängiger Bundesasylsenat (seit etwa Mitte 2003)
  • Englischsprachige Übersetzungen von Rechtsvorschriften (seit 01.09.2003)
  • Bundesgesetzblatt authentisch (seit 01.01.2004)
  • Begutachtungsentwürfe (seit 01.01.2004)
  • Regierungsvorlagen (seit 01.01.2004)
  • Bundesdisziplinarbehörde, Disziplinarkommissionen (seit 01.03.2004)
  • Personalvertretungsaufsichtskommission/-behörde (seit etwa Herbst 2004)
  • Staats- und Bundesgesetzblatt 1945–2003 (seit 01.04.2006)
  • Reichs-, Staats- und Bundesgesetzblatt 1848–1940 (seit 01.01.2008)
  • Landesrecht konsolidiert Niederösterreich (seit 01.05.2008)
  • Asylgerichtshof (seit 01.08.2008).

5.

Das RIS in den 2010er Jahren ^

[17]

In Zusammenarbeit mit der Universität Salzburg sowie einem IT-Unternehmen wurde im April 2012 die „RIS-App“ für die beiden gängigen Betriebssysteme Android und iOS für Smart-Phones vorgestellt.

[18]

Daneben ist das RIS seit April 2012 auf der Plattform „Open Government Data“ (OGD; www.data.gv.at) vertreten. Darüber haben beispielsweise Unternehmen die Möglichkeit, RIS-Daten über eine technische Schnittstelle zu beziehen und eigene Anwendungen auf Basis dieser Daten zu entwickeln.

[19]

Seit der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit der Länder mit 1. Jänner 2014 sind ausgewählte Entscheidungen der neun Landesverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts im RIS abfragbar.

[20]

Ferner erfolgt die Kundmachung des Landesgesetzblattes aller neun Bundesländer seit 2015 rechtlich verbindlich im RIS.

[21]

Folgende Anwendungen wurden bis zum Ende der 2010er Jahre in das RIS aufgenommen:

  • Landesverwaltungsgerichte (seit 01.01.2014)
  • Bundesverwaltungsgericht (seit 01.01.2014)
  • Landesgesetzblatt authentisch (seit 01.01.2014), und zwar für:
    • Kärnten
    • Steiermark
    • Tirol
    • Wien
  • Erlässe der Bundesministerien (seit 01.06.2014)
  • Gleichbehandlungskommissionen seit 2014 (seit etwa Herbst 2014)
  • Landesgesetzblatt authentisch (seit 01.01.2015), und zwar für:
    • Burgenland
    • Niederösterreich
    • Oberösterreich
    • Salzburg
    • Vorarlberg
  • Amtliche Veterinärnachrichten (seit 01.01.2016)
  • Amtliche Verlautbarungen der Sozialversicherung mit Übernahme der AVI-Daten (seit 2002) ins RIS (seit 01.01.2016)
  • Strukturpläne Gesundheit (seit 01.11.2017)
  • Prüfungsordnungen gemäß Gewerbeordnung (seit 01.11.2017).
[22]

Die RIS-Homepage der 2010er Jahre präsentierte sich folgendermaßen:

Abbildung 6: RIS-Homepage Juli 2011, Screenshot entnommen aus https://archive.org/web/.

6.

Das RIS in den 2020er Jahren ^

[23]

Der bisherige Schwerpunkt bei den inhaltlichen Erweiterungen in den 2020er Jahren lag bei den Verordnungen der Bezirksverwaltungsbehörden und beim Gemeinderecht.

[24]

Folgende Anwendungen wurden bisher in den 2020er Jahren in das RIS aufgenommen:

  • Kundmachungen der Gerichte (z.B. Geschäftsverteilung)
    • Vorarlberg (seit 01.07.2020)
    • Tirol (seit 01.01.2022)
  • Entscheidungen des unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats (seit 01.09.2020)
  • Ministerratsprotokolle (seit 01.05.2021)
  • Verordnungsblätter der Länder (Tirol, seit 01.01.2022)
  • Verordnungen der Bezirksverwaltungsbehörden, und zwar für:
    • Niederösterreich (seit 01.09.2021)
    • Oberösterreich, Tirol (seit 01.01.2022)
    • Vorarlberg (seit 01.07.2022)
    • Salzburg (seit 01.07.2022 – im Landesgesetzblatt)
    • Burgenland, Steiermark (seit 01.01.2023)
  • Gemeinderecht – authentisch (Vorarlberg, seit 01.07.2023).

7.

Ausblick ^

[25]

Es ist geplant, dass ab Juli 2023 die Materialien zu folgenden RIS-Anwendungen optional hochgeladen werden können:

  • Landesgesetzblatt authentisch
  • Verordnungsblätter der Länder authentisch (derzeit für Tirol)
  • Kundmachungen der Bezirksverwaltungsbehörden authentisch
  • Gemeinderecht authentisch (derzeit in Vorarlberg).
[26]

Ebenso ist zu erwarten, dass die Landtage weiterer Bundesländer die authentische Kundmachung von Gemeindeverordnungen im RIS beschließen werden.

[27]

Sofern die rechtlichen Voraussetzungen auf Bundes- und Landesebene geschaffen werden, könnte eine nächste inhaltliche Erweiterung des RIS die Einrichtung einer „Kundmachungsplattform für alle Verwaltungsverfahren mit Kundmachungspflichten für Bund, Länder und Gemeinden (Elektronische Amtstafel im RIS)“ sein.

[28]

Auch soll es weitere Verbesserungen bei der Suche und eine Änderung beim Layout geben.

  1. 1 „3270-Welt“; insb. IBM und Hitachi.
  2. 2 § 7 Abs. 2 BGBlG, BGBl. Nr. 660/1996.

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