Liebe Leserinnen und Leser

Die Digitalisierung des Finanzsektors und die damit verbundenen regulatorischen Sicherheitsmassnahmen werden in dieser Ausgabe aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. So analysiert Thomas Hrdinka die sicherheitstechnischen Risiken und Einschränkungen von Blockchain-basierten Währungen am Beispiel von Bitcoin und folgert daraus, dass es lediglich eine Frage der Zeit ist, bis Kryptowährungen gesetzlich reguliert werden. Dabei gilt es abzuschätzen, welche Massnahmen notwendig und sinnvoll sind, ohne den anonymen Zahlungsverkehr einzuschränken. Auch Maximilan Schwarzenberger betont im Rahmen seiner Forschungsarbeit die Notwendigkeit von regulatorischen Massnahmen, um FinTechs im Allgemeinen zu fördern. Der Beitrag zeigt die bisherigen Ansätze in der Schweiz auf und schlägt weitere gezielte Massnahmen zur Innovationsförderung im internationalen Vergleich vor. Die gute Positionierung der Schweiz bei der Regulierung von FinTechs genügt aus Sicht von Manuel Stutz noch nicht. Vielmehr soll eine gesamtheitliche Anpassung des Rechtsrahmens und als Übergangslösung eine Selbstregulierung des FinTech-Marktes angestrebt werden. Läutet die angekündigte Facebook-Währung Libra eine neue Ära der digitalen Währungen ein? Lee Bacon und George Bazinas beschäftigen sich mit dem Potenzial der digitalen Währungen, die billigere und schnellere grenzüberschreitende Geldtransfers ermöglichen und die die traditionellen Finanzdienstleistungen und die Zahlungsindustrie verändern.

Im österreichischen Projekt «Blockchain Grid» werden Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG) auf einer Blockchain basierend realisiert. Zu diesem Projekt befassen sich Stephan Cejka et al. mit den Herausforderungen in Bezug auf den Datenschutz.

Automatisierte Unterstützung von Juristinnen und Juristen stand im Fokus der LegalTech-Vorlesung an der Universität St. Gallen im Herbst 2018. In diesem Rahmen befasst sich Benjamin Camavdic mit dem Begriff «Predictive Policing» und dessen Einsatzbereichen. David Koelliker präsentiert eine Softwarelösung zur automatisierten Rechtsberatung.

Im Rahmen vom «ICAIL 2019 MWAIL Multilingual Workshop on AI & Law / JURIX 2018 Workshop on Legal Data Analysis» modellieren und simulieren Aline Macohin und Cesar Antonio Serbena die Entscheidungsfindung und das Abstimmungsverhalten von RichterInnen in Verfahren vor Kollegialgerichten. Enrico Francesconi führt ein Framework für die Repräsentation von juristischen Fakten und juristischer Argumentation in OWL 2, einer Sprache für das Sematic Web, ein.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen dieser Ausgabe!

Herausgeber, ao. Univ.-Professor Wien, AT
Franz Kummer
Herausgeber, Mitinhaber Weblaw AG Bern, CH
FinTech und RegTech
Regulierung von Kryptowährungen
Thomas Hrdinka
Thomas Hrdinka
Kryptowährungen bergen verschiedenste Risiken, welche Regierungen zu Regulierungen bis hin zu Verboten veranlassen. Aufbauend auf beispielhaften Schwächen von Bitcoin sollen in dieser Publikation verschiedene Aspekte der Notwendigkeit solch einer Regulierung hinsichtlich zivil- und strafrechtlicher Tatbestände beleuchtet werden.
Regulatorische Massnahmen zur Förderung von FinTechs
Maximilian Schwarzenberger
Maximilian Schwarzenberger
Der Finanzsektor bleibt von der Digitalisierung und den neuen Technologien nicht verschont. Vielmehr versetzen innovative FinTechs traditionelle Finanzdienstleister vermehrt unter Druck. Um ihnen den Markteintritt zu ermöglichen, waren (und sind) regulatorische Massnahmen nötig. Der Beitrag soll nach einem bankenrechtlichen Grundlagenteil aufzeigen, was die Schweiz aus legislatorischer Sicht unternommen hat, um FinTechs zu fördern, und schlägt weitere gezielte Massnahmen vor. Anhand des Crowdfundings wird dies zusätzlich veranschaulicht. Ein Rechtsvergleich stellt die Erkenntnisse schliesslich in einen internationalen Zusammenhang.
Die Regulierung von FinTechs aus Sicht des Anlegers
Manuel Stutz
Manuel Stutz
In diesem Beitrag wird aufgezeigt, dass sich die im Finanzmarkt geltenden Regulierungsgrundsätze prinzipiell auch für den «digitalen» Finanzmarkt eignen. Ferner werden die Regulierungsherausforderungen dargelegt. Dabei ist das Hauptaugenmerk auf den internationalen Wettbewerb gelegt, dessen Analyse aufzeigt, dass sich die Schweiz gut positioniert. Nichtsdestotrotz ist die bisher getätigte «Pflästerlipolitik» aus Sicht des Autors unbefriedigend. Stattdessen soll eine gesamtheitliche Regulierung erarbeitet werden. Da dies mehr Zeit beansprucht, wird (zumindest) als Übergangslösung eine Selbstregulierung des FinTech-Marktes vorgeschlagen.
Facebook’s Libra: Watershed Moment for Digital Currencies?
Lee Bacon
Lee Bacon
George Bazinas
George Bazinas
Facebooks Libra, eine neue globale digitale Währung, die auf einer Open-Source-Blockchain basiert und als Zahlungssystem in Facebooks Messaging-Dienste integriert ist, könnte weitreichende Auswirkungen auf die Finanzwelt haben, insbesondere auf grenzüberschreitende Zahlungen. Dieser Artikel befasst sich mit den Vorteilen der Dezentralisierung von Finanzdienstleistungen durch Blockchain-Technologie und stellt fest, dass digitale Währungen trotz der Herausforderungen der Regulierung und der Einführung von Skaleneffekten möglicherweise zum vorherrschenden Tauschmittel werden könnten und nicht nur die Finanzdienstleistungsbranche verändern, sondern auch die Art und Weise, wie Unternehmen und Einzelpersonen miteinander interagieren und Geschäfte tätigen. (kg)
Datenschutz
Datenschutz in Blockchain-basierten Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften
Stephan Cejka
Stephan Cejka
Franz Zeilinger
Franz Zeilinger
Peter Stern
Peter Stern
Mark Stefan
Mark Stefan
Ksenia Poplavskaya
Ksenia Poplavskaya
Gregor Taljan
Gregor Taljan
Julia Petek
Julia Petek
Im Rahmen der Erneuerbare-Energien-Richtlinie werden Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG) vorgesehen, die durch den Austausch lokal erzeugter Energie die Nutzung erneuerbarer Energie erhöhen sollen. Im österreichischen Projekt «Blockchain Grid» wird eine EEG über einen Blockchain-basierten Ansatz realisiert und in einem umfassenden Feldtest validiert. Die Autoren beleuchten in diesem Beitrag die Herausforderungen des Betriebs einer EEG in Bezug auf den Datenschutz und stellen die im Projekt entwickelte datenschutzfreundliche Umsetzung einer Blockchain-Anwendung vor.
LegalTech
Predictive Policing in der Schweiz
Benjamin Camavdic
Benjamin Camavdic
Im Rahmen des schweizweit ersten LegalTech-Kurses, welcher im Herbst 2018 von Herrn Franz Kummer an der Universität St.Gallen (HSG) durchgeführt wurde, beantwortet die vorliegende Arbeit die Fragen, was eigentlich unter «Predictive Policing» zu verstehen ist und in welchen Gebieten es bereits heute eingesetzt wird. Nach einem kurzen Blick über die Landesgrenze hinaus wird das Predictive Policing in der schweizerischen Rechtsordnung unter Berücksichtigung der Unschuldsvermutung und des Tatverdachtes betrachtet.
Automatisierte Rechtsberatung: Urheberrechtsprüfung als Beispiel
David Koelliker
David Koelliker
Die Verschmelzung von Recht und Technologie, kurz LegalTech, wird die Jurisprudenz disruptiv verändern. Diese Arbeit zeigt auf, dass sich Rechtsdienstleister mit der Nutzung von bereits heute verfügbaren Softwarelösungen eine starke Position in diesem durch Technologie veränderten Rechtsmarkt von morgen verschaffen können. Konkret wird beispielhaft dargelegt, wie mittels BRYTER, einer Software zur Automatisierung basierend auf Entscheidungsbäumen, die Anspruchsprüfung aus möglicher Urheberrechtsverletzung automatisiert werden kann.
Rechtsinformatik
Decision Making Model Applied to Collegiate Courts
Aline Macohin
Aline Macohin
Cesar Antonio Serbena
Cesar Antonio Serbena
In diesem Beitrag wird ein Entscheidungsmodell für Kollegialgerichte vorgestellt, das auf logistischen Regressions- und Entscheidungsbaummethoden basiert, um die Stimmen der Kollegialmitglieder zu schätzen. Das Modell wird auf der Ebene der Einzelstimmen angewendet und liefert Informationen darüber, wie sich unterschiedliche Einflüsse auf die Stimmen in den Kollegien auswirken können. Die im Regressionsmodell als signifikant identifizierten Variablen waren das Kollegium, der Angeklagte und der Präsident von Brasilien. Der Prozentsatz des Erfolgs, der durch den Entscheidungsbaum in der Teststichprobe erzielt wurde, betrug 81,33% und der Prozentsatz des Erfolgs des Regressionsmodells betrug 65,4%. (kg)
Decidable Reasoning on Provisions and Norms for Legal Information Retrieval and Legal Compliance
Enrico Francesconi
Enrico Francesconi
Die Entwicklung von rechtlichen Überlegungen unter Verwendung entscheidungsfähiger Fragmente von Semantic-Web-Sprachen ist unerlässlich, um die rechnerische Nachvollziehbarkeit in der Linked Open Data Cloud zu gewährleisten. In diesem Beitrag wird ein Rahmen für die Darstellung und Begründung von Rechtswissen vorgestellt, der auf der Unterscheidung zwischen den Konzepten Vorschrift und Norm basiert und für verschiedene Arten der rechtlichen Begründung geeignet ist: Abfrage von Rechtsvorschriften bzw. Einhaltung von Normen. Der vorgeschlagene Rahmen ermöglicht die Implementierung der angesprochenen Argumentationstypen mithilfe von OWL 2-Entscheidungsprofilen und -Readern. Beispiele für entscheidungsrelevante Überlegungen innerhalb des vorgeschlagenen Rahmens werden vorgestellt und getestet. (kg)
News
Arbeitspapier Kryptowährung
Jurius
Jurius
Die Eidgenössische Steuerverwaltung legt in einem Arbeitspapier ihre derzeitige Praxis in Bezug auf Kryptowährungen dar.
Prüfung von Algorithmenanwendung
Jurius
Jurius
Vor dem Hintergrund möglicher Auswirkungen Algorithmen-basierter Entscheidungen auf den demokratischen Willensbildungsprozess prüft die Bundesregierung, welche Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene erforderlich sind.
Verantwortungsvoller Umgang mit Künstlicher Intelligenz
Jurius
Jurius
Die Bundesregierung hat im Herbst 2018 eine Datenethikkommission (DEK) eingesetzt, die binnen eines Jahres ethische Maßstäbe entwickeln sowie konkrete Regulierungsoptionen in den Bereichen Umgang mit Daten, Algorithmen-basierte Entscheidungen und Künstlicher Intelligenz (KI) vorschlagen soll.
Online-Verfahren bei Zivilprozessen
Jurius
Jurius
Wie die Bundesregierung die Ergebnisse der Länderarbeitsgruppe «Legal Tech» zum Prüfauftrag der Justizministerkonferenz zur möglichen Einführung eines «Beschleunigten Online-Verfahrens» in das zivilrechtliche Verfahrensrecht bewertet, möchte die FDP-Fraktion wissen.
Betreiber einer Website mit «Gefällt mir»-Button kann für das Erheben und die Übermittlung der personenbezogenen Daten mitverantwortlich sein
Jurius
Jurius
Der Betreiber einer Website, in der der «Gefällt mir»-Button von Facebook enthalten ist, kann für das Erheben und die Übermittlung der personenbezogenen Daten der Besucher seiner Website gemeinsam mit Facebook verantwortlich sein. Dagegen ist er grundsätzlich nicht für die spätere Verarbeitung dieser Daten allein durch Facebook verantwortlich.
Deutsche Regelung betreffend Pressesnippets nicht anwendbar
Jurius
Jurius
EuGH – Die deutsche Regelung, die es Suchmaschinen untersagt, Pressesnippets ohne Genehmigung des Verlegers zu verwenden, ist mangels vorheriger Übermittlung an die Kommission nicht anwendbar. Es handelt sich um eine Vorschrift betreffend einen Dienst der Informationsgesellschaft und somit um eine «technische Vorschrift», deren Entwurf der Kommission zu notifizieren ist. (Urteil C-299/17)
Online-Plattformen müssen vor Vertragsabschluss keine Telefonnummer bereitstellen
Jurius
Jurius
EuGH – Eine Online-Plattform wie Amazon ist nicht verpflichtet, dem Verbraucher vor Vertragsabschluss stets eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen. Sie muss dem Verbraucher jedoch ein Kommunikationsmittel bereitstellen, über das er mit ihr schnell in Kontakt treten und effizient kommunizieren kann. (Urteil C-649/17)
Sicherheit der 5G-Netze: EU-Mitgliedstaaten schließen Risikobewertungen ab
Jurius
Jurius
Im Anschluss an die Empfehlung der Kommission für ein gemeinsames Vorgehen bei der Sicherheit von 5G-Netzen haben 24 EU-Mitgliedstaaten nun den ersten Schritt abgeschlossen und ihre nationalen Risikobewertungen vorgelegt.
EU-Verhandlungsmandat für Beschaffung elektronischer Beweismittel
Jurius
Jurius
Heute haben sich die EU-Mitgliedstaaten darauf verständigt, der Kommission zwei Mandate für die Aufnahme internationaler Verhandlungen zu erteilen, um bei strafrechtlichen Ermittlungen den grenzüberschreitenden Zugang zu elektronischen Beweismitteln zu verbessern.