IT-Beschaffungskonferenz / Emojis / Digitale Souveränität / Augmented Reality in der Kunst

Sehr geehrte Leser*innen

«Alles neu? Beschaffungswelt im Wandel» war der Titel der 12. IT-Beschaffungskonferenz der Berner Fachhochschule und der Universität Bern, die sich u.a. mit der jüngsten Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts beschäftigte. In dieser Ausgabe von Jusletter IT erscheint der von Rika Koch, Lara Biehl und Thomas Fischer herausgegebene digitale Tagungsband mit elf Beiträgen. 

Johan Rochel untersucht das Konzept der «souveränen Cloud» aus rechtsphilosophischer Perspektive und konzentriert sich dabei auf die rechtlichen und politischen Implikationen des Narrativs der «digitalen Souveränität».

Wir kennen es aus unseren privaten, aber zunehmend auch aus unseren geschäftlichen Konversationen: die Verwendung von Emojis nimmt zu. David Wicki-Birchler untersucht ihre zivil- und strafrechtlichen Wirkungen.

Sarah Montani und Rolf H. Weber erörtern rechtliche Fragen im Urheber- und Datenschutzrecht rund um den Einsatz von Augmented Reality in der Kunst.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre – noch dazu im neuen Layout!

Philip Hanke
Verlagsleiter

Beiträge
Le « cloud souverain » : un récit sous la loupe de la philosophie du droit
Johan Rochel
Johan Rochel
Cet article examine le concept de « cloud souverain » sous l'angle de la philosophie du droit, en se concentrant sur les implications juridiques et politiques du récit de « souveraineté numérique ». En analysant les débats suisses et la littérature internationale, l'étude propose une définition dynamique de la souveraineté. Sur la base de cette définition, l’article formule une proposition quant aux compétences et capacités nécessaires à une souveraineté numérique dans la perspective des cantons suisses. Cette approche permet de structurer les enjeux de contrôle sur les données, d'autonomie opérationnelle et d'impact environnemental.
Emoji: Zivil- und strafrechtliche Betrachtungen
David Wicki-Birchler
David Wicki-Birchler
Die Verwendung von Emojis sowohl in privaten wie auch geschäftlichen Konversationen nimmt stetig zu. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein, aus rechtlicher Perspektive stellt sich die Frage, inwiefern Emojis zivil- und strafrechtliche Wirkungen haben können.
Augmented Reality
Sarah Montani
Sarah Montani
Rolf H. Weber
Rolf H. Weber
Im Kunsthaus Zürich steht seit diesem Jahr eine überdimensionierte Frauenfigur – in Augmented Reality (AR). AR ermöglicht eine neue Form der künstlerischen Darstellung, bei der physische Räume mit digitalen Elementen erweitert werden. Das aktuelle Beispiel zeigt, wie eine physische Skulptur digitalisiert und als 3D-Modell in einem Museum visualisiert wird. Diese Technik führt zu neuen rechtlichen Fragestellungen, insbesondere im Urheberrecht und im Datenschutz. Während physische Beeinträchtigungen ausgeschlossen sind, könnten urheberrechtliche Konflikte entstehen, wenn AR-Darstellungen die Einzigartigkeit architektonischer oder künstlerischer Werke beeinträchtigen. Die rechtliche Bewertung hängt dabei stark von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.
Vergaberecht
Einleitung: Die IT-Beschaffungskonferenz 2023 – die Beschaffungswelt im Wandel
Thomas M. Fischer
Thomas M. Fischer
«Es muss anders werden, wenn es gut werden soll»
Marco Fetz
Marco Fetz
Lara Biehl
Lara Biehl
Open Source Software im EMBAG
Rika Koch
Rika Koch
Simon Schlauri
Simon Schlauri
Der vorliegende Beitrag diskutiert, wie sich das neue Digitalisierungsgesetz des Bundes, das Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG), auf die Entwicklung und Beschaffung von Software durch Bundesbehörden auswirken wird. Art. 9 des EBMAG führt ab 1. Januar 2024 namentlich neu die Pflicht ein, einschlägige Software unter eine Open-Source-Lizenz (OSS-Lizenz) zu stellen. Anhand einer Analyse des Wortlauts, Gesetzeszwecks und der Geschichte von Art. 9 EMBAG beleuchten die Autorin und der Autor, was dieser Paradigmenwechsel hin zu OSS für die Bundesverwaltung bedeutet, auch in Hinblick auf IT-Beschaffungen.
Abhängigkeiten von ICT-Herstellern reduzieren
Chantal Lutz
Chantal Lutz
Cédric Miehle
Cédric Miehle
Überschwellige Freihandvergaben können Anbieter vom Markt ausschliessen oder langfristige Abhängigkeiten schaffen. Deshalb ist es wichtig, Freihandvergaben restriktiv handzuhaben und gut zu begründen.
Soziale Nachhaltigkeit in der Beschaffung von IKT-Produkten
Lara Biehl
Lara Biehl
Das revidierte Vergaberecht verlangt von Beschaffungsverantwortlichen, Nachhaltigkeitsaspekte in Ausschreibungen zu berücksichtigen. Dazu gehört auch die soziale Nachhaltigkeit, die vor allem die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften umfasst. In einigen Branchen, z.B. im IKT-Sektor, sind Verstösse gegen die Normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sehr ausgeprägt und erstrecken sich über alle Stufen der Lieferkette. Aus Gründen der Sorgfaltspflicht sind Beschaffungsstellen in der Verantwortung, die soziale Nachhaltigkeit in den Lieferketten der Produkte, die sie beschaffen, zu überprüfen und zu fördern. Der folgende Artikel zeigt einerseits auf, warum es notwendig ist, dass Beschaffungsstellen die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen überprüfen. Andererseits evaluiert er zwei Varianten, wie Beschaffer*innen eine solche Überprüfung im IKT-Bereich vornehmen können.
Öffentliche Beschaffungen und ESG
Paula Zimmermann
Paula Zimmermann
Unternehmen und öffentliche Hand im EU-Raum sind angesichts einer Vielzahl neuer Gesetze gezwungen, ihr Handeln zur Erfüllung von Nachhaltigkeitsstandard anzupassen und ihren «ESG-Reportingpflichten» nachzukommen. Was für die UnterN eine Herausforderung darstellt, bietet eine Chance für die öffentliche Hand der Schweiz, ihre Beschaffungsziele umzusetzen und Rechtssicherheit zu schaffen. Der Artikel gibt einen Überblick über Begrifflichkeiten, Hintergründe sowie aktuelle Gesetzeslage im Bereich ESG und vermittelt gesetzlichen Grundlagen nachhaltiger Beschaffung für die öffentliche Hand in der Schweiz. Anschliessend wird gezeigt, wie sich das Thema ESG für die öffentliche Hand in Ausschreibungs- und Vertragsbedingungen umsetzen lässt.
Datensicherheit und Meldepflichten nach DSG und ISG im Beschaffungsprozess
Nicole Beranek Zanon
Nicole Beranek Zanon
Monika Abt
Monika Abt
In diesem Artikel wird die Bedeutung von Datenschutz und Informationssicherheit im öffentlichen Beschaffungsverfahren hervorgehoben, welche Pflichten sich aus dem revidierten Datenschutzgesetz (DSG) und der sich momentan in Revision befindenden Gesetzgebung rund um die Informationssicherheit (Informationssicherheitsgesetz ISG) ergeben. Dabei geht der Beitrag auf die Unterschiede dieser beiden Konzepte ein, beleuchtet die jeweiligen Ziele, Grundsätze und Mindestanforderungen und analysiert die Meldepflichten unter den beiden Gesetzen. Die Autorinnen betonten aber auch, dass die Einhaltung der rechtlichen Anforderungen die Notwendigkeit eines effektiven Incident-Managements und einer konsistenten Kommunikationsstrategie voraussetzen.
KI – ich bin jung und muss noch lernen?
Sven Kohlmeier
Sven Kohlmeier
Ziel des Beitrages ist es, eine rechtliche Einordnung für die (öffentliche) Beschaffung und den Einsatz von KI-Systemen zu geben. KI-System können derzeit als unterstützende Hilfssysteme rechtmässig eingesetzt werden, bei fortschreitender Automatisierung stellt sich jedoch die Frage nach einer spezifischen Rechtsgrundlage. Der Beitrag beleuchtet verschiedene rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI-Systemen. So wird das Spannungsverhältnis zu den datenschutzrechtlichen Grundsätzen, aber auch urheberrechtlichen Fragen und einer bundesgerichtlichen Entscheidung zu Substitution von Aufgaben aufgezeigt. Da sich der Beschaffungsvorgang aus dem beabsichtigten Einsatz des KI-Systems ergibt, wird ein Vorschlag unterbreitet, welche Anforderungen an die Ausschreibung von KI-Systemen bestehen sollten.
Cloud und Datenschutz
Dominika Blonski
Dominika Blonski
Beschaffen Behörden eine Cloud-Lösung, liegt datenschutzrechtlich eine Auftragsdatenbearbeitung vor. Behörden als öffentliche Organe haben diese Datenbearbeitung – wie jede Datenbearbeitung – rechtmässig auszugestalten. Es stellen sich somit primär rechtliche Fragen: zunächst ist die Rechtsfrage zu beantworten, ob überhaupt ausgelagert werden darf, weil keine rechtliche Bestimmung der Auslagerung entgegensteht und der Auftraggeber seine Verantwortung wahrnehmen kann. Wird diese erste Frage bejaht, stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage der angemessenen organisatorisch-technischen Massnahmen für die Datenbearbeitung. Diese Massnahmen werden anhand einer Risikoanalyse – je nach Art der Daten – festgelegt und damit die Frage gestellt, wie ausgelagert werden darf.
Gemeinsame Beschaffungen
Martin Zobl
Martin Zobl
Gemeinsame Beschaffungen öffentlicher Auftraggeber kommen immer häufiger vor – mit der zunehmenden Digitalisierung der Verwaltung vor allem auch im IT-Bereich. Sie können sowohl auftraggeber- als auch auftragnehmerseitig zu Effizienz- und somit Kostengewinnen führen und den Aufwand reduzieren. Allerdings bergen gemeinsame Beschaffungen, vor allem interkantonale und interföderative, viele Herausforderungen juristischer, projektplanerischer und finanzieller Art. Der vorliegende Artikel zeigt, welche gemeinsamen Beschaffungsformen es gibt und worauf öffentliche Auftraggeber besonders achten sollten.
Die Schlüsselrolle des Pflichtenhefts in Ausschreibungen
Josef Schreiber
Josef Schreiber
Roland Füllemann
Roland Füllemann
Der vorliegende Auszug aus dem Fachbuch «Beschaffung von Informatikmitteln: Submissionsverfahren – Pflichtenheft – Evaluation (6. Auflage 2022, Haupt Verlag, Bern)» von J. Schreiber und R. Füllemann behandelt das Pflichtenheft als Kern von IT-Beschaffungen. Er zeigt die Struktur des Aufbaues von Pflichtenheften und geht auszugsweise auf wichtige Inhalte der einzelnen Hauptkapitel des Pflichtenheftes ein. Detailliertere Ausführungen dazu und zur Abwicklung des kompletten Evaluationsprozesses können dem aus drei Sektionen – Allgemeines über die Auswahl von Informatikmitteln, Vorgehensrahmen des Beschaffungsprozesses inkl. der wichtigsten Dokumente, Vermittlung von Praxisbeispielen – bestehenden Fachbuch entnommen werden.