IRIS 2023: Rechtsinformatik als juristische Methodenwissenschaft / Rechtsinformation / E-Government

Sehr geehrte Leser*innen

Das 26. Internationale Rechtsinformatik Symposion findet derzeit an der Universität Salzburg statt und hat als Generalthema «Rechtsinformatik als juristische Methodenwissenschaft». Es befasst sich mit der Frage, wie die Methodologie der Rechtswissenschaften den Anforderungen des Rechtssystems im globalen virtuellen Raum im Zeitalter der Digitalisierung entsprechen kann und wie weit dieser Wandel der Methoden schon fortgeschritten ist.

Wie in den vergangenen Jahren ist die Bandbreite der Tagung sehr gross, mit Beiträgen zu so gut wie allen Themengebieten der Rechtsinformatik.

In dieser Ausgabe von Jusletter IT erscheinen die Beiträge zum Generalthema sowie jene zu Rechtsinformation und E-Government. Wie gewohnt erscheinen die weiteren Beiträge des IRIS in den kommenden Ausgaben.

An dieser Stelle ein Programmhinweis: Am 25. Januar 2023 startete die Weblaw AG mit der Initialveranstaltung zur neuen BrownBag-Webinar-Themenreihe «ChatGPT und die Rechtswelt». Am 1. März 2023 findet das kostenlose Webinar «ChatGPT und Co. – Die datenschutzrechtliche Perspektive» mit David Rosenthal statt.

Wir wünschen eine anregende Lektüre

Editions Weblaw

Vorwort
Vorwort / Preface
Erich Schweighofer
Erich Schweighofer
Stefan Eder
Stefan Eder
Jakob Zanol
Jakob Zanol
Rechtsinformatik als Methodenwissenschaft
Governance of societal cyber and information security risks:
Tuomas Pöysti
Tuomas Pöysti
Over decades legal informatics has endeavoured for a deep understanding of the inter-section of law and ICT and of the risks related to digitalisation by variations of systematic multi-disciplinary studies. This quest continues. A systematic inquiry informed by legal informatics contributes to epistemic foundations to socio-legal understanding and governance of the cyber and information security risks. These risks are today shaped by the artificial intelligence (AI) and, the human – machine collaboration digital technologies increasingly enable. I will discuss current risks of digital network society with specific relevance for cyber and information security in an effort to place cyber and information security to a wider societal context and, to identify the needs of law and legislation in the future protection of human autonomy and dignity. The article discusses how the approach in the legal informatics continues to be helpful in constructing well-founded solutions to societal risks related to digitalisation in general and cyber and information security in particular by law and, hence, future proof the law. Mission of the legal informatics continues to develop intellectual foundations of both legislation and the application of the law in practise beyond individual substantive fields of law.
Was kann das Recht von der Rechtsinformatik erwarten?
Jochen Krüger
Jochen Krüger
Stephanie Vogelgesang
Stephanie Vogelgesang
Frederik Möllers
Frederik Möllers
Lena-Marie Adam
Lena-Marie Adam
Ausgangspunkt der Überlegungen ist das Hauptthema der IRIS 2023: Rechtsinformatik als juristische Methodenwissenschaft. Als Kern der Rechtsinformatik wird in Anlehnung an Herberger die IT-basierte Optimierung rechtlicher Handlungsfelder zugrunde gelegt. Auf dieser Grundlage wird näher erörtert, was dies konkret – und zwar vorrangig aus der spezifischen Sicht der Zivilgerichte – bedeuten kann.
Rechtsinformatik auf dem Weg zur juristischen Methodenwissenschaft?
Felix Gantner
Felix Gantner
Das Hauptthema der IRI§23 ist: Rechtsinformatik als juristische Methodenwissenschaft. Es wird untersucht, was dies bedeuten kann, und wie sich diese Definition von Rechtsinformatik zur gängigen Einordnung als Strukturwissenschaft verhält.
Digital Sovereignty Revisited
Rolf H. Weber
Rolf H. Weber
The 500 years old sovereignty principle must be realigned in times of globalization. Recently, the notion of digital sovereignty was coined meaning that States claim the right to impose protective measures on infrastructures. Such kind of sovereignty causes the risk that a fragmentation of global networks occurs (“Splinternet”) which is undesirable. In order to overcome this tendency, sovereignty in the digital world should be understood as a notion of shared and cooperative spaces and include civil society-based voices. Therefore, the term “digital sovereignty” needs to be developed into the direction of said concept by encompassing all relevant actors in cyberspace.
Juristische Methodenlehre 3.0
Axel Adrian
Axel Adrian
Max Rapp
Max Rapp
Alexander Steen
Alexander Steen
Wie kann die Entwicklung der juristischen Methodenlehre beschrieben werden? Ist eine Einbeziehung moderner sprachphilosophischer Fragestellungen und auch formaler Methoden aus moderner Logik erforderlich, um die Herausforderungen der Gegenwart zu bestehen? Wie sind konkurrierende Systeme formallogisch modellierbar und sachgerecht zum Ausgleich zu bringen? Welche Möglichkeiten des maschinellen Schließens werden heute schon umgesetzt? Anhand der bemerkenswerten Entscheidung des BVerfG zum EZB-Anleihekaufprogramm werden diese Fragen exemplarisch bearbeitet. Ein Plädoyer, formale Systeme und Modelle, sowie Konzepte der Rechtsinformatik künftig als integralen Bestandteil der juristischen Methodenwissenschaft anzuerkennen – Methodenlehre 3.0.
Legal informatics and our basic method
Ahti Saarenpää
Ahti Saarenpää
Eine Methode ist eine facettenreiche Sache. Auf der allgemeinsten Ebene bringt sie die Praktiker einer Wissenschaft zusammen. Entsprechend bietet eine Methode den verschiedenen Professionen einen Bezugsrahmen, Koordinaten an denen sie sich ausrichten. Als Juristen sind wir überzeugt, dass unsere Methode uns verbindet und uns zugleich von anderen Professionen unterscheidbar macht. In der Theorie ist es wohl tatsächlich so; in der Praxis erleben wir etwas ganz anderes. Ein großer Teil des juristischen Schrifttums – besonders der dogmatischen Literatur – lässt den ausdrücklichen Hinweis auf die befolgte Methode oder das Bekenntnis zu einer bestimmten Denkrichtung vermissen. Allerdings, wenn wir in den Blick nehmen, was und wie wir schreiben, finden wir durchaus ein paar Dinge, die uns als Juristen kennzeichnen. Tatsächlich können wir mit Alois Troller von der Profession sprechen, die durch eine grundlegende Methode definiert ist. Es sind unsere Routinen, die uns sagen, was im Recht wichtig ist, insbesondere in der Rechtsliteratur und in der Kommunikation von Untersuchungsergebnissen. Die grundlegende Methode ändert sich unvermeidlich im Laufe der Zeit. Der Beitrag betrachtet näher, wie sich die Rechtsinformatik verändert hast – oder noch ändert – die grundlegende Methode der Profession und ihr „confirmation bias“.
Rechtsinformation
Zum „Urheber“ in der Rechtsinformatik
Josef Souhrada
Josef Souhrada
Beate Maier-Glück
Beate Maier-Glück
Von wem eine Rechtsvorschrift stammt und was sie bedeutet, glaubt man leicht erkennen zu können. Aktuelle Entscheidungen des VfGH zum Gesundheitswesen lassen Zweifel an der Einfachheit entstehen – zumal die Rechtsvorschriften von sehr verschiedenen „Urhebern“ stammen. Die Herkunft eines Textes zu kennen, ist die grundlegende Anforderung an dessen Verständnis, weil für seine Interpretation nicht nur die Sprache, sondern auch die „Person“ des Gesetzgebers eine Rolle spielt. Es zeigt sich: Unterschiedliche Gesetzgeber sprechen sehr verschiedene Sprachen, auch wenn ein Text zunächst in simplem Deutsch verfasst scheint. Wir stellen deshalb zur Diskussion, die Herkunft eines Textes in der Rechtsinformatik zu dokumentieren.
E-Government
Once Only Prinzip in der Single Digital Gateway Verordnung – Status und Erkenntnisse
Carl-Markus Piswanger
Carl-Markus Piswanger
Björn Lellmann
Björn Lellmann
Felix Plank
Felix Plank
The Once Only Principle in the Single Digital Gateway Regulation is due to be operative in December 2023 with supranational evidence exchange within a significant number of public procedures; described in Article 14 of the regulation. Austria is required to establish a Once Only Technical System to connect with other European member states. This technical system is described in its technical and organisational dimensions in an implementing regulation. The Austrian approach for the Once Only Technical System follows the path of best possible support of the technical and organisational environment involved. Therefore, an open approach has been established, with ongoing clarifications, discussions and information sharing for and with stakeholders; technically this approach is reflected by a Shared Services architecture. A survey, conducted among eGovernment experts, has shown that the chosen IT-architecture and its principles are balanced and appropriate for a sustainable future use.
Einsatz von KI in der Gesetzgebung
Jörn von Lucke
Jörn von Lucke
Fotios Fitsilis
Fotios Fitsilis
Jan Etscheid
Jan Etscheid
Weltweit prüfen Parlamente derzeit den Einsatz von Anwendungen, die Technologien mit künstlicher Intelligenz (KI) nutzen, um bestimmte Aufgaben besser zu erfüllen. Mit Blick auf denkbare Werkzeuge, Anwendungsbereiche, Nutzungsszenarien und Bedürfnisse sind in den kommenden Jahren KI-induzierte Veränderungen in den Parlamenten zu erwarten. Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass die Einführung von KI in Parlamenten ein generell wenig erforschtes Thema ist. Dieser Artikel wird dazu beitragen, diese Lücke zu schließen, indem er empirische Belege für den künftigen Einsatz von KI-basierten Werkzeugen und Diensten im Arbeitsbereich der Gesetzgebung präsentiert. Die Daten wurden im Rahmen eines Brainstormings und eines virtuellen Workshops mit Akteuren in Griechenland im Jahr 2021 gesammelt. Die Analyse gibt Aufschluss über die Priorisierung von KI-basierten Technologien im parlamentarischen Umfeld. Im Rahmen der Studie wurden die Relevanz und die Priorität von mehr als 210 Anwendungen und Themen von KI-Technologien im Parlament für verschiedene parlamentarische Bereiche untersucht, darunter 36 Vorschläge rund um Gesetzgebungskompetenzen und -verfahren, die als «Gesetzgebung» bezeichnet werden. Die wichtigsten Ergebnisse in Bezug auf die Gesetzgebung werden vorgestellt und diskutiert.
Die ausschliesslich automationsgestützte Steuerfestsetzung des § 155 Abs. 4 Satz 1 AO als neues Leitbild des deutschen Steuervollzugs: Ein frommer Wunsch oder tatsächliche Realität?
Christoph Schmidt
Christoph Schmidt
Mit dem vorliegenden Beitrag werden die sich durch die digitale Transformation eröffnenden Möglichkeiten und Herausforderungen für die deutsche Finanzverwaltung aufgezeigt und anhand des neuen Leitbilds zur Bearbeitung von Steuererklärungen herausgearbeitet. Dabei liegt der inhaltliche Schwerpunkt auf eingehenden Erläuterungen zu dem Status quo und den Perspektiven der steuerlichen Fallbearbeitung. Die Erarbeitung eines Lösungsansatzes zur Steigerung des Stellenwerts der ausschließlich automationsgestützten Steuerfestsetzung komplettiert die Darstellung.
Konzept zur Einführung eines Datenschutz- und Informationsmanagementsystems in der öffentlichen Verwaltung
Antje Dietrich
Antje Dietrich
Ina Klingele
Ina Klingele
Gerade in aktuellen Krisenzeiten ist es umso wichtiger für die öffentliche Verwaltung und Hochschulen gegen Cyberangriffe geschützt zu sein. Daher stellen wir im folgenden Beitrag ein Konzept für die Einführung eines Datenschutz- und Informationssicherheitsmanagementsystems (DSMS/ISMS) vor, das an der Hochschule Kehl in Zusammenarbeit mit mehreren Gruppen von Studierenden, der Datenschutzbeauftragten und der Informationssicherheitsbeauftragten erarbeitet worden ist. Das Konzept wurde bereits an der eigenen Hochschule erfolgreich erprobt, so dass nun geeignete weitere Hochschulen oder auch Kommunen gewonnen werden sollen, um das Konzept dort ebenfalls anzuwenden und entsprechend ein passgenaues DSMS/ISMS einzuführen. Ein Baustein des Konzeptes ist die Aufnahme aller Prozesse in Form eines Verarbeitungsverzeichnisses und der Bewertung anhand Datenschutz- und Informationssicherheits-Kriterien. Darauf aufbauend werden die notwendigen Sollprozesse entwickelt, um den notwendigen Anforderungen zu entsprechen und um die Kriterien erfüllen zu können. Geeignete TOM (technische und organisatorische Maßnahmen) müssen getroffen werden, dafür werden zielgerichtete Vorschläge gegeben. Im Nachgang erfolgt eine regelmäßige Überprüfung.