Legal Design Thinking / Künstliche Intelligenz / Fluggastrechte / Metadaten von Verträgen

Sehr geehrte Leser*innen

Drei Beiträge in dieser Ausgabe widmen sich dem Legal Design (Thinking). Julian Hundegger* setzt sich allgemein mit den Chancen dieser Methode für die Rechtsbranche auseinander und fragt, welche Voraussetzungen im Denken von Jurist*innen geschaffen werden müssen. Vittore Osele* beschäftigt sich mit der Frage, wie Bundesgerichtsentscheide für Nicht-Jurist*innen verständlicher bzw. zugänglicher gemacht werden können – und hat einen Entscheid neu gestaltet. Antonio Maric* hingegen hat Vorschläge, wie man die Inhalte von Datenschutzerklärungen besser darstellen kann. Apropos Visualisierung: Daniel Ronzani und Simon Schlauri haben in ihren TechLawNews die wichtigsten Punkte der Totalrevision des Datenschutzgesetzes stichwortartig und mit visuellen Hilfsmitteln zusammengetragen.

Chiara Zengerer* untersucht, wie Entscheide einer KI im Vergleich zu Entscheiden von menschlichen Richter*innen hinsichtlich ihrer Nachvollziehbarkeit zu beurteilen sind. Fabian Teichmann versetzt sich in seinem Beitrag in die Rolle eines (hypothetischen) Täters und untersucht experimentell, wie Kriminelle generative künstliche Intelligenz zur Planung und Ausführung von DDoS-Delikten nutzen können.

Fabio Caramaschi* untersucht das Potenzial sowie zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten und Herausforderungen von Legal-Tech-Anbietern im Fluggastrecht.

Baltasar Cevc, Maik Ebersoll, Klaus Gresbrand, Kai Jacob, Susanne Marks, Jutta Löwe und Dmitri Geidel vom Liquid Legal Institute haben mit ihrem Whitepaper zu Vertragsmetadaten einen wichtigen Beitrag zum Contract Lifecycle Management geliefert.

Wir wünschen eine spannende Lektüre und einen schönen Sommer!

Philip Hanke
Verlagsleiter

* Die Beiträge sind im Rahmen des Lehrgangs «LegalTech und dessen Auswirkungen auf die Arbeitswelt»  an der HSG entstanden. Siehe hierzu auch die Ausgabe «Next Generation» vom 12. November 2020.

Rechtsvisualisierung & Legal Design
Legal Design Thinking
Julian Hundegger
Julian Hundegger
Die Anwendung von Design Thinking gilt als Megatrend. Diverse Startups und etablierte Unternehmen nutzen den Methodenansatz zur Entwicklung ihrer Dienstleistungen und Produkte. Auch in der Rechtsbranche wird der Methodenansatz immer häufiger angewendet, stösst aber immer wieder auf Skepsis. Dieser Beitrag setzt sich mit Legal Design Thinking, dessen Chancen für die Rechtsbranche und den dafür zu schaffenden Voraussetzungen im Denken von Juristinnen und Juristen auseinander. Die Ergebnisse zeigen, dass durch die Anwendung von Legal Design Thinking den aktuellen Herausforderungen der Rechtsbranche entgegengetreten und nicht zuletzt auch die Beziehung zu Klientinnen und Klienten verbessert werden kann. Um Design Thinking erfolgreich anzuwenden und von dessen Chancen profitieren zu können, gilt es für Juristinnen und Juristen einige Anpassungen in deren Denk- und Arbeitsprozessen vorzunehmen. Dies betrifft unter anderem den Umgang mit Nichtjuristinnen und Nichtjuristen. Zudem wäre es wünschenswert, der interdisziplinären Zusammenarbeit im Studium mehr Beachtung zu schenken.
Gerichtsurteile neu darstellen – Legal Design Thinking anhand eines Bundesgerichtsurteils
Vittore Osele
Vittore Osele
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie Bundesgerichtsentscheide für Nicht-Juristen durch Legal Design Thinking verständlicher und zugänglicher gemacht werden können. Hierfür wurde ein zufällig ausgewählter Bundesgerichtsentscheid neu gestaltet. Ziel war es, den Entscheid nicht didaktisch zu verändern, sondern durch Bullet-Points, Einfärben oder Fettdrucken von Satzteilen das Wichtige/Entscheidende hervorzuheben. Dabei wurde darauf geachtet, dass keine relevanten Argumente einer Gegenpartei übersehen werden. Eine erstellte Skizze des Sachverhalts brachte keinen Mehrwert, jedoch halfen Erklärungen von juristischen Begriffen in den Fussnoten und das Ergänzen der Regeste durch «Key-Take-Aways». Es wird vermutet, dass diese Methoden eine Implementierung durch das Gericht wahrscheinlicher machen, als wenn der Richter oder Gerichtsschreiber angehalten wird, allgemein verständlichere Begriffe und Formulierungen zu benutzen.
Legal Design im Kontext von Datenschutzerklärungen
Antonio Maric
Antonio Maric
Mit der Revision des Datenschutzgesetzes – insbesondere mit der erweiterten Informationspflicht für Verantwortliche gemäss Art. 19 Abs. 2 nDSG – erhofft sich der Gesetzgeber eine Transparenzförderung beim Umgang mit Personendaten. Zu Erfüllung der strengeren Pflicht ist ein erhöhter Einsatz von Datenschutzerklärungen im Internet zu erwarten. Diese werden jedoch von deren Adressatenkreis, welcher oft aus Nichtjuristen und Nichtjuristinnen besteht, wegen der Komplexität und Länge kaum gelesen bzw. im seltenen Falle konsultiert, aber nicht verstanden. Somit droht, dass die ratio legis und damit der Schutz der Rechte der betroffenen Personen nicht gewahrt werden. Der Artikel beschäftigt sich deswegen damit, wie Legal Design Thinking bei der Darstellung der Inhalte von Datenschutzerklärungen einen Beitrag zur besseren Umsetzung der ratio legis von Art. 19 Abs. 2 nDSG leisten kann. Es konnte herausgefunden werden, dass die Anwendung von sog. Privacy Icons in Kombination mit einem layered approach vielversprechend scheint, da auf diese Weise Datenschutzerklärungen anschaulicher und verständlicher dargestellt werden.
AI & Recht
Nachvollziehbarkeit von Entscheiden – eine Gegenüberstellung von menschlichen Richterinnen und Richtern und künstlicher Intelligenz
Chiara Zengerer
Chiara Zengerer
Die Nachvollziehbarkeit von Ergebnissen stellt eine der grössten Herausforderungen beim Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in der Justiz dar. Der vorliegende Beitrag untersucht, wie Entscheide einer KI im Vergleich zu Entscheiden von menschlichen Richterinnen und Richtern hinsichtlich ihrer Nachvollziehbarkeit zu beurteilen sind. Die Analyse diverser Beiträge zeigt, dass menschliche Entscheide nicht per se eine bessere Nachvollziehbarkeit bieten und dass den Gefahren einer KI teilweise mit Schutzmassnahmen und Kontrollen entgegengewirkt werden kann. Die grössten Hürden für eine KI bilden demgegenüber das fehlende Kontextwissen, die Unfähigkeit zur kritischen Reflexion sowie die Angabe der richtigen Gründe für einen Entscheid.
DDoS-Angriffe im Kontext generativer künstlicher Intelligenz – Eine experimentelle Untersuchung
Fabian Teichmann
Fabian Teichmann
Ausgangspunkt des vorliegenden Beitrags stellt ein Jusletter Artikel vom 21. September 2021 dar, in welchem die strafrechtlichen Aspekte von DDoS-Angriffen behandelt wurden. Im vorliegenden Artikel wird untersucht, wie Täter generative künstliche Intelligenz nutzen könnten, um DDoS-Angriffe zu planen und auszuführen. Insbesondere versetzt sich der Autor in die Rolle eines (hypothetischen) Täters und untersucht experimentell, wie Kriminelle generative künstliche Intelligenz zur Planung und Ausführung von DDoS-Delikten nutzen können. Dabei kommt er zum Ergebnis, dass generative künstliche Intelligenz aus der Perspektive von Tätern ein weitaus nützlicheres Instrument darstellt als bisherige technische Lösungen. So formuliert die künstliche Intelligenz u.a. individualisierte E-mails mit Lösegeldforderungen aus und ersetzt damit menschliche Gehilfen oder Mittäter. Die im vorliegenden Artikel gewonnenen Erkenntnisse sind für Strafverfolgungsbehörden und Unternehmen gleichermassen relevant. Nur wer weiss, wie Täter vorgehen, kann deren Verhalten antizipieren und verhindern.
LegalTech
Das Potenzial von Legal-Tech-Anbietern im Fluggastrecht
Fabio Caramaschi
Fabio Caramaschi
Die Verordnung 261/2004 des Europäischen Parlamentes schützt Fluggäste durch festgelegte Ausgleichsleistungen bei stark verspäteten oder gestrichenen Flügen, doch oftmals ignorieren Fluggesellschaften die Reklamationen von Passagieren, was zur Entstehung von Legal-Tech-Anbietern wie «Flightright» geführt hat. Diese Unternehmen setzen die Rechte der Fluggäste durch und üben als grössere Instanz mehr Druck auf die Fluggesellschaften aus, indem sie entweder als Inkassopartei auftreten oder den Fluggästen die Rechte auf Entschädigung gegen eine Sofortzahlung abkaufen. Die Zukunft könnte eine Automatisierung und verbesserte Technologie für Legal-Tech-Produkte beinhalten, aber Datenschutzprobleme, Unterschiede in den internationalen Regelungen und mögliche Auswirkungen auf die Profitabilität der Fluggesellschaften stellen Herausforderungen dar.
Liquid Legal Institute
Contract Metadata
Baltasar Cevc
Baltasar Cevc
Maik Ebersoll
Maik Ebersoll
Klaus Gresbrand
Klaus Gresbrand
Kai Jacob
Kai Jacob
Susanne Marks
Susanne Marks
Jutta Löwe
Jutta Löwe
Dmitri Geidel
Dmitri Geidel
Discover the essential guide to Contract Metadata management in this comprehensive whitepaper. Whether you are creating a new contract metadata structure or enhancing an existing one, this resource offers valuable insights from a legal standpoint. Perfect for individuals responsible for establishing or revamping contract lifecycle management processes within their organization, this accessible whitepaper caters to beginners in the field, requiring only a fundamental understanding of contracts and their management. Unlock the power of efficient contract metadata management and streamline your legal operations today.
TechLawNews by Ronzani Schlauri Attorneys
Das neue Schweizer Datenschutzrecht
Daniel Ronzani
Daniel Ronzani
Simon Schlauri
Simon Schlauri
Am 1. September 2023 treten das neue Datenschutzgesetz (DSG) und die neue Datenschutzverordnung (DSV) in Kraft. Drei Jahrzehnte nach der Einführung des Datenschutzgesetzes wird dieses an die technologischen Entwicklungen (Internet, Digitalisierung, Big Data, AI etc.) und die EU-Datenschutzgrundverordnung angepasst. Betroffene Personen geniessen künftig einen besseren Schutz, z.B. mittels mehr Selbstbestimmung und Transparenz bei der Beschaffung von Personendaten. Juristische Personen fallen nicht mehr unter das Gesetz. Das neue Datenschutzgesetz folgt einem risiko-basierten Ansatz. Die Revision soll zudem die Eigenverantwortlichkeit der Verantwortlichen fördern. Neu müssen zum Beispiel Unternehmen ab 250 Mitarbeitern ein umfassendes Verzeichnis aller Bearbeitungstätigkeiten führen. In dieser TechLawNews werden die wichtigtsten Punkte der Totalrevision stichwortartig zusammengetragen.