Liebe Leserinnen und Leser

In dieser Oktober-Ausgabe von Jusletter IT präsentieren wir schwerpunktmäßig die Werke eines Pioniers der Rechtsinformatik, Dr. Lothar Philipps, Professor emeritus für Strafrecht, Rechtsinformatik und Rechtsphilosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Die Rechtsinformatik im deutschen Sprachraum zeichnet sich auch dadurch aus, dass schon sehr früh – seit den 1960er Jahren – die theoretische Reflektion des Rechts und die Auswirkungen der Informationstechnik auf Staat und Gesellschaft intensiv betrieben wurde und wird.

Lothar Philipps gehört zu den herausragenden Vertretern dieser Richtung. Ich kenne Philipps seit 1991, als ich Teilnehmer seines Rechtsinformatik-Workshops beim IVR-Weltkongress in Göttingen 1991 war. Danach ist der Kontakt nicht mehr abgerissen. Durch Philipps wurde mein Interesse an neuronalen Netzen geweckt und auch die Kontakte zur italienischen Rechtsinformatik hergestellt. Später reiste ich regelmäßig nach München zur Herbsttagung des Fachbereichs Rechtsinformatik der Gesellschaft für Informatik. Beim Robotik-Projekt der Europäischen Akademie für Technikfolgenabschätzung hat mich Philipps als Kommentator unterstützt und wichtige Impulse geliefert.

Seit 1998 kommt Philipps fast regelmäßig zum Internationalen Rechtsinformatik Symposion IRIS und bereichert die Diskussion durch seine rethorisch brillanten und tiefsinnigen Vorträge und Kommentare. Im Rahmen des IRIS wurde im Jahr 1994 ihm zu Ehren ein Kolloquium abgehalten, dessen Ergebnisse in der Festschrift Gerechtigkeitswissenschaft – Kolloquium aus Anlass des 70. Geburtstages von Lothar Philipps veröffentlicht wurden.

Worin liegt die Bedeutung von Lothar Philipps? Ich habe seinen langjährigen Freund Friedrich Lachmayer gefragt und er hat mir bei den folgenden Zeilen «die Hand geführt». Neben vielfältiger Zusammenarbeit seit vielen Jahren ist Philipps ein regelmäßiger Vortragender bei dessen Seminaren in Innsbruck.

Philipps habilitierte sich an der Universität Saarbrücken  mit dem Thema der Ontologien. Dann folgte er dem Ruf an die Universität München, zum Institut von Arthur Kaufmann. Der deutschen Hochschulpraxis entsprechend, war sein Schwerpunkt als Hochschullehrer ein Hauptfach – Strafrecht, aber «daneben» hat er sich intensiv mit Rechtstheorie und Rechtsinformatik beschäftigt. Als Rechtstheoretiker genießt er weltweites Ansehen; hier gehört er zu den «Top10».

Als Rechtsinformatiker war die Formalisierung und die Strukturierung des Rechts sein Anliegen; dies ist mit dem Hintergrund eines Strafrechtslehrers zu sehen. Er hat die Forderung von Herbert Fiedler nach formalem Denken kombiniert mit solider Rechtsdogmatik und juristischer Kompetenz konsequent und wissenschaftlich sehr befruchtend umgesetzt. Als Rechtslogiker hat er sich dann auch von der Rechtstheorie in die Informatik bewegt; zuerst mit logisch-basierten Wissenssystemen, später mit unscharfer Logik (fuzzy logic) und dann mit neuronalen Netzen. Seine Fälle – aus der Praxis eines Strafrechtslehrers und Kenners von Kriminalromanen – sind nicht nur unterhaltsam, sondern geben einen tiefsinnigen Einblick in die theoretischen Fragestellungen des Rechts.

Im Sinne der Gelehrtenrepublik von Arthur Kaufmann wurde München zu einem Zentrum der Rechtstheorie und Rechtsinformatik. In seinem «Donnerstagsseminar» konnte er von weither Gastvortragende gewinnen. Sein intensiver Erfahrungsaustausch mit japanischen Kollegen – angeführt seien nur Hajime Yoshino und Guido Tsuno – ist legendär.

Von seiner nach wie vor ungebrochenen abstrakten kreativen Schaffenskraft zeugen die hier erstmals veröffentlichen Beiträge. Frühere Beiträge von Philipps zeigen, dass die Fragestellungen der Rechtsinformatik zwar durch die Informationstechnik intensiv motiviert sind, aber im Kern eine sehr lange Tradition ausweisen. Philipps bezieht sich immer wieder auf formale Denker in früherer Zeit, auf Denker der Aufklärung, insbes. auf Leibniz, aber er geht auch auf die Antike – hier auf Aristoteles – ein. Es geht um formale Strukturen in der Sache, um universalia in re.

Die Werke von Philipps sind nach Themen geordnet. Vier Beiträge setzen sich mit Rechtslogik auseinander: Anschauliche Normlogik. Zugleich eine Erinnerung an Bindings Normentheorie, Anschauliche Rechtssatzlogik – Rechtssätze mit Ausnahmen (erschienen im Tagungsband IRIS2011, Jusletter IT vom 24. Februar 2011), Dialogische Logik und juristische Beweislastverteilung und Rechtliche Regelung und formale Logik.

Danach folgen 11 Beiträge, die unter Strukturanalyse des Rechts eingeordnet werden können: Der Kampf um markierte und unmarkierte Ausdrücke in Sprache und Recht, Von deontischen Quadraten – Kuben – Hyperkuben, Absolute und relative Rechte und verwandte Phänomene, Verhaltensvarianten – ihre kombinatorische Erfassung, Von Puppen aus Russland und einer Rechtslehre aus Wien. Der Rekursionsgedanke im Recht, Endliche Rechtsbegriffe mit unendlichen Grenzen, Jean-Jacques Rousseau, ein Memetiker avant la lettre, Das Abstimmungsparadoxon im juristischen Alltag (erschienen im Tagungsband IRIS2010, Jusletter IT vom 1. September 2010), Auf die Entsprechung kommt es an! Die Logik der je/desto-Sätze im Recht, Judge Rosenbergs Werte – Wie ein niederrangiger Wert einen höherrangigen übertreffen kann und Das Netz des Gesetzgebers. Eine aufgelockerte Verknüpfung von Tatbestandmerkmalen, um typische Fälle zu erfassen und Gesetzesumgehungen zu verhindern.

Sechs Beiträge zur Rechtstheorie schließen die Sammlung ab: Tû-Tû 2. Von Rechtsbegriffen und neuronalen Netzen, Die Vereinigung konkurrierender Prinzipien der Gerechtigkeit, Agatha Christie und Jehoshua Bar Hillel. Informationstheorie und Gerechtigkeit, Iustitia distributiva – ein Fall für die Experimentalphilosophie (erschienen in der Sammlung Q-Justice 2011, Jusletter IT vom 29. Juni 2011), Moralische Doppelwirkungen – die Wiederkehr einer naturrechtlichen Denkfigur aus dem Internet und Strafrechtsprobleme in der Ästhetik des Kriminalromans.

Die Beiträge von Heide EbertKönnen moderne Radaktionssysteme die legistische Arbeit unterstützen? – und Antje Dietrich ITIL: Entscheidende Kennzahlen zur Optimierung von Geschäftsprozessen innerhalb der öffentlichen Verwaltung – ergänzen die Tagungsdokumentation des IRIS2011.

Orlan Lee hat sich eines sehr wichtigen Themas angenommen: den Ausbau des Rechtsschutzes gegen die extensive Sammlung und Weitergabe von oft sehr persönlichen Informationen durch Kreditauskunfteien in den USA – Human Resources Assessment and Digging Up Dirt: Getting Around the Libel Laws.

Günther Sammer und Maximilian Schubert plädieren für ein «Tertium» zwischen Öffentlichkeit und Privat im Urheberrecht, um «üblichen Internetnutzungen» ausreichend Raum zu geben: Das «Tertium» als ersten Schritt zum internetfitten Urheberrecht.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe!

 
Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Die Großenkel des Herrn v. Z, dessen Bild in der Schlossgalerie hängt, haben zwar nicht alle Gesichtszüge ihres Vorfahren geerbt, aber jedem von ihnen sieht man sofort an, dass er zur Familie gehört. Die einen haben zwar nicht die Knubbelnase des Urgroßvaters, doch sein langes spitzes Kinn sowie die hohe und breite Stirn, welche wiederum anderen fehlt, deren Stirn eher fliehend ist, die aber die Hamsterbacken und manchmal auch die verschmitzten Äuglein geerbt haben. Für die Familienähnlichkeit reicht das. Es war Ludwig Wittgenstein, der erkannt hat, dass auch viele Begriffe nicht durch eine Menge gleicher Merkmale bestimmt sind, sondern durch «Familienähnlichkeit» unter den Merkmalen. Kann der Gesetzgeber Wittgensteins Entdeckung auf Tatbestände anwenden? Gewiss! Es braucht ja nicht immer eine Menge von Tatbestandsmerkmalen zu sein, die sämtlich erfüllt sein müssen, man kann auch festlegen, dass eine bestimmte Mindestanzahl von aufgelisteten Merkmalen erfüllt sein muss. Die Merkmale sollten sich freilich im Rahmen eines Typus halten.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Der Name «Memetik» ist in Anlehnung an «Genetik» gebildet worden, vom Evolutionstheoretiker Richard Dawkins. «Meme» sind geistige Entitäten, die sich selbst vervielfältigen, so wie es in der biologischen Welt die Gene tun. Menschen werden als Mittel zur Replikation benutzt. Bereits bei Rousseau finden sich scharfsinnige Analysen dazu; dieser berühmte Satz ist kein Solitaire: «Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und es sich einfallen ließ zu sagen: dies ist meinund der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der wahre Gründer der bürgerlichen Gesellschaft.» In der Tat: Nachdem einer den Anfang gemacht hatte, wollte – musste – jeder mitmachen, wenn er nicht eigentumslos, ja rechtlos sein wollte; dass er damit ein Mem weitertrug, wird er nicht erkannt haben, es würde ihn auch nicht interessiert haben.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

«Je mehr die künstlerische Darstellung besonders geschützte Dimensionen des Persönlichkeitsrechts berührt, desto stärker muss die Fiktionalisierung sein, um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung auszuschließen.» So das Bundesverfassungsgericht in seiner Esra-Entscheidung. Je/desto-Sätze spielen eine immer größere Rolle im modernen Recht. Mit Hilfe der Datenbank JURIS lässt sich ermitteln, in welchen Rechtsgebieten sie vorzugsweise vorkommen und in welchen weniger. Der Aufsatz gibt auch an, wie man mit je/desto-Sätzen,die ziemlich komplex sein können, dank Fuzzylogik umgehen sollte.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Hier geht es nicht um die Differenz von Grundsätzen und Ausnahmen, sondern von allgemeinen und «markierten» Begriffen. Wenn man mich fragt, ob ich einen Hund habe, antwortete ich wahrheitsgemäß mit ja, wenn auch mein Hund eine Hündin ist. Im Deutschen ist das Wort Hund, linguistisch gesehen, dem Geschlecht nach «unmarkiert»: es bezieht sich auch auf Hündinnen. Bei den Katzen andererseits ist es das weibliche Geschlecht, das unmarkiert ist; wenn die «schwarze Katze», die einem Abergläubischen über den Weg läuft, ein Kater ist, wird ihn das nicht beruhigen. Bei Personen ist in der klassischen deutschen Gesetzessprache das männliche Geschlecht unmarkiert, so beim «Verbraucher» (§ 13 BGB). Das ändert sich aber rapide: im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) werden stattdessen die beiden Begriffe «Verbraucherin und Verbraucher» verwandt, als «diejenige, an die oder derjenige, an den ... abgegeben wird, wobei Gewerbetreibende, soweit sie ... beziehen, der Verbraucherin oder dem Verbraucher gleichstehen». Solche Manierismen sind leider nicht nur komisch, sondern mit tiefen Einschnitten in das Gefüge der deutschen Sprache verbunden.

Maximilian Schubert
Maximilian Schubert
Günther Sammer
Günther Sammer
Abstract

Die Zukunft ist digital. Um das Urheberrecht «internetfit» zu machen, schlagen die Autoren folgende Lösung vor: Zwischen privater und öffentlicher Nutzung gibt es einen Graubereich (tertium). Zu diesem Graubereich gehören Sachverhalte, die weder eindeutig dem privaten, noch dem öffentlichen Bereich zuzuordnen sind. Als Beispiel sei auf Verwertungshandlungen am Arbeitsplatz verwiesen, die mangels persönlicher Bande unter Arbeitskollegen als öffentlich zu qualifizieren sind. Sachverhalte dieses Graubereichs sollen anhand einer Prüfung, die sich am Drei-Stufen-Test orientiert, entweder dem privaten oder dem öffentlichen Bereich zugeordnet werden.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Der Aufsatz stellt mehrere deontische Quadrate vor, die anders sind als die vertraute Figur, die neben anderen im vorhergehenden Text gezeigt wird. Es geht vor allem um Relationen: um Rechte, die jemand gegenüber einem anderen hat, und um Handlungen, die er ihm gegenüber ausführen darf oder soll. Ein Geviert von logischen Modalitäten zeigt, dass die übliche Trias von Handeln, Dulden und Unterlassen (vgl. § 240 StGB) unvollständig ist: Es fehlt das Sich-Abfinden-Müssen mit der Unterlassung eines anderen.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Im Mittelpunkt des Aufsatzes steht ein einfaches neuronales Netz. Es enthält vier Eingangszellen, die eine mögliche Straftat widerspiegeln: Tatbestandmäßigkeit, und zwar (1) objektiv und (2) subjektiv, sodann Rechtfertigung, und zwar (3) objektiv und (4) subjektiv. Jede dieser vier Voraussetzungen kann erfüllt sein oder nicht, das ergibt 24, also 16 Varianten. Das Netz umfasst weiterhin vier Ausgangszellen, die mögliche Rechtsfolgen ausdrücken: (1) vorsätzliche vollendete Tat, (2) Versuch, (3) Fahrlässigkeit und (4) Straflosigkeit. Wenn man nun sechs typische Verknüpfungen von Eingangsvariante und Ergebnis in das Netz eingibt, werden sich auch für die verbleibenden zehn Eingangsvarianten die richtigen Ergebnisse einstellen, obwohl sie logisch voneinander unabhängig sind.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Auch hier wieder die Parallelität des Ästhetischen und des Ethisch-Juristischen – mit Seitenblicken auf die Naturwissenschaft. Diesmal ist es das Phänomen der Symmetrie, das im Mittelpunkt steht. Symmetrie wird oft belastet, bis hin zur «Brechung». Belastete Symmetrie bedeutet Spannung, das gilt für jedes der drei Gebiete. Was das Ethisch-Juristische anlangt, so ist der Kriminalroman das nächstliegende Medium, der Spannung Ausdruck zu geben, und wenn diese Spannung nicht nur oberflächlich ist, bedeutet sie auch ein Rechtsproblem. An Fällen aus Strafrechtsübungen wird das gezeigt.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Aus der sachgerechten Verteilung der Beweislast auf die Parteien eines Streitgesprächs ergeben sich die wesentlichen Regeln der Logik. Für die Rechtslogik gilt das auch. Der Aufsatz folgt dem Prozessualisten Leo Rosenberg darin, dass die Beweislast den Regeln des materiellen Rechts innewohnt, also nicht aus gesonderten prozessualen Regeln folgt.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Ist das nicht seltsam: Zu wichtigen Rechtsinstituten werden immer wieder neue, verfeinernde Gerichtsentscheidungen gefällt, auch wenn der Tatbestand seit hundert Jahren festliegt. Das wird auch noch weitere hundert Jahre so weitergehen. Dass viele Rechtsbegriffe unendliche Grenzen haben, ist also keine Übertreibung. Beim Fortspinnen der Begriffe wird aber ihr Inhalt nicht wesentlich vergrößert; das wäre auch inakzeptabel, vor allem für das Strafrecht. Die Begrenzung erklärt sich daraus, dass die Fortentwicklung sich im Bereich des «Selbstähnlichen» hält – und auch halten sollte! Seltsam ist übrigens, dass die Rechtswissenschaft, die sich so viel mit Analogien beschäftigt, das Phänomen der «Selbstähnlichkeit» anscheinend noch nicht zur Kenntnis genommen hat.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Zwei Kreise, die sich schneiden, bilden ein Venn-Diagramm. Das Diagramm umfasst drei Sektoren, welche in 23, also acht, unterschiedlichen Weisen erfüllt sein können, und zwar in diesem Falle durch «Normen». Normen sind – im Sinne Karl Bindings – Sätze wie «Du sollst nicht töten!» oder «Du sollst einem Verunglückten beistehen.» Es gibt acht Formen des Verbotenseins und ebenso viele des Gebotenseins; sie werden mit Beispielen aus dem Strafrecht vorgestellt. Besonders interessant ist die Übertretung einer Verbotsnorm durch Unterlassen.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Der Artikel stellt die rekursive Definition vor und wendet sie auf Kelsens Lehre von der Rechtsnorm an: «Rechtsnorm ist jede Norm, die ihre Geltung von einer Rechtsnorm oder von der Grundnorm herleitet.»

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Was bedeuten Regeln und Ausnahmen in der Welt der Normen? Jedenfalls nichts Statistisches! Vielmehr siedeln sie in einer tiefliegenden Schicht der Logik. Die Strukturen sind die gleichen wie im vorhergehenden Text dargestellt, diesmal aber nicht mit dem Modell eines Streitgesprächs begründet, sondern ontologisch und auf der Grundlage der «intuitionistischen Logik». Heute (2011) mag eine persönliche Anmerkung erlaubt sein. Ich wurde seinerzeit (1964) gedrängt, zu widerrufen und den Aufsatz wegen «grober logischer Fehler» zurückzuziehen. Es sei dafür gesorgt, dass in der fälligen Ausgabe des ARSP ein Platz für meinen Widerruf freigehalten sei; das Grab war also schon ausgehoben.

Antje Dietrich
Antje Dietrich
Abstract

ITIL-Kennzahlen [ITIL (IT-Infrastructure Library)] werden auch innerhalb der Verwaltung dann benötigt, wenn die Prozessverantwortlichen (Prozess-Owner) wissen möchten, ob der Prozess effektiv und effizient abläuft. Diese sogenannten KPIs (Key-Performance-Indikatoren) bilden die Grundlage fürs Controlling, die Prozessqualität zu messen und Optimierungsansätze aufzustellen. Es werden verschiedene typische KPIs vorgestellt, die den ITIL-Empfehlungen entsprechen. Dabei wird besonders auf den Kulturwandel in der öffentlichen Verwaltung, der den Bürger als Kunden sieht, Bezug genommen.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

«We are equipped with a mental barometer that distinguishes between killing as a means and killing as an unintended but foreseen side effect» (Marc Hauser). Das hätte sich auch im Latein des Thomas von Aquin sagen lassen, alsactio duplicis effectus;doch als scholastische These war es lange Zeit vergessen, auch in den Standardwerken katholischer Moralphilosophie. In der amerikanischen Literatur ist die Unterscheidung freilich vor einigen Jahrzehnten wieder aufgetaucht, weltweit populär gemacht hat sie der Psychologe Marc Hauser im Wege derexperimental philosophy. Hauser hat im Internet eine Reihe einschlägiger Fälle (die «Trolley-Fälle») vorgestellt und das Publikum um Stellungnahme gebeten. Ich habe die Fälle in formlosen Gesprächen beim Spazierengehen erörtert, mit dem Ergebnis, dass meine Gesprächspartner – sämtlich Laien – die Unterscheidung mit erstaunlicher Sicherheit verstanden, wenn sie auch – anders als Hausers Publikum aber vielleicht typisch für uns Deutsche heutzutage – in der Regel nicht bereit waren, das Leben von Menschen zu retten, die Tötung anderer Menschen in Kauf zu nehmen.

Orlan Lee
Orlan Lee
Abstract

The human resources assessment industry has recently gone over to what the tabloid press discovered long ago. Much of the public would rather read titillating scandal than sober reporting. Their own recruitment literature promises, i.a, to weed out unsuitable job applicants by collecting a masterfile of «potentially damaging secrets of the candidates». No one questions that a recruitment service should offer valid information on candidates they put forward. The question is whether valid «human resources assessment» also includes amateur private detective background sleuthing, and whether such a file may also include unverified libels and slander.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Ein Mord ist geschehen, und auf die Überführung des Täters ist eine hohe Belohnung ausgesetzt. Drei Männer machen sich ans Werk, und jeder trägt ein Stück zur Aufklärung bei, bis der Mörder feststeht. Wie ist die Belohnung gerecht auf die drei aufzuteilen? Plausiblerweise doch wohl nach dem Maß, zu dem jeder zur Lösung des Falles beigetragen hat. Doch wie bestimmt man das Maß? Das ist die Frage, die der Informationstheoretiker Bar Hillel stellt. Das Lösungsverfahren, das er andeutet, passt wohl nur auf die künstliche Welt eines Romans von Agatha Christie und ist kaum für die juristische Praxis geeignet. Doch Bar Hillels Frage bleibt bestehen, und sie ist wichtiger denn je, denn der Begriff der Information rückt immer mehr in den Mittelpunkt der modernen Gesellschaft und ihrer Rechtsordnungen.

Heide Ebert
Heide Ebert
Abstract

Anknüpfend an Vorträge von der IRIS 2010 sollen Anforderungen aus der juristischen Arbeit mit denen von Redaktionen aus dem Corporate Publishing verglichen werden. Ziel ist, zu überprüfen, ob sich Konzepte und Ansätze aus bestehenden Redaktionssystemen auch die legistische Arbeit unterstützen können.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Im Recht steht das eine Gut oft höher als das andere. So ist ein unverletzter Leib wichtiger als eine unbeschädigte Sache. Wie aber, wenn im Einzelfall der Sachwert in weit höherem Maße betroffen ist als die körperliche Unversehrtheit? Wenn eine Statue des Michelangelo gegen einen gebrochenen Arm abzuwägen ist? Es gibt keine beide Werte umfassende «kardinale» Skala, kraft derer man in solchen Fällen eine Entscheidung ausrechnen könnte. Der amerikanische Computerwissenschaftler Ronald Yager hat jedoch eine anschauliche Methode entwickelt, auf der Grundlage bloß ordinaler Skalen Entscheidungen zu gewinnen. Dies Verfahren wird hier an einem fiktiven Rechtsfall exemplifiziert.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Ein Zustand liegt vor – oder nicht. Er verändert sich – oder bleibt. Man greift in diesen Vorgang ein – oder lässt ihn geschehen. Die Aufgliederung dieser Modalitäten wird als Baum dargestellt.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

Unter dem Eindruck des zweiten Weltkriegs, «in aufgewühlten Zeiten», hat Erich Fechner eine Legende über einen Erbfall in einem fernen Land nacherzählt; der Konflikt zweier naheliegender Prinzipien der Aufteilung mache hier die «Fragwürdigkeit des Rechts» sichtbar. In ruhigeren Zeiten indessen, wie heutzutage hierzulande, mag ein rationales Verfahren zum Umgang mit Prinzipienkonflikten hilfreich sein.

Lothar Philipps
Lothar Philipps
Abstract

(1) «Geboten dass» – (2) «geboten dass nicht (verboten)» – (3) «erlaubt dass» – (4) «erlaubt dass nicht». Wenn man die logischen Beziehungen zwischen diesen vier Operatoren durch Linien ausdrückt, erhält man ein «deontisches Viereck» oder – was ästhetisch etwas mehr hermacht – ein «deontisches Quadrat». Wenn man hinzufügt, ob «alle» oder eben nur «einige» Menschen von den Normsätzen betroffen sind, dann erhebt sich über dem Quadrat ein «deontischer Kubus». Fügt man weiter hinzu, dass es um «alle» oder aber um «einige» Handlungen geht, dann faltet sich der Kubus zu einem vierdimensionalen Hyperkubus auseinander, der sich immer noch anschaulich darstellt. Darin zeigen sich differenzierte Formen des Normwiderspruchs, die über den einfachen Gegensatz von «konträr» und «kontradiktorisch» hinausgehen.